Feuer in eisblauen Augen
wenig normaler zu reagieren.
“Ich konnte nicht arbeiten, weil ich ständig daran denken musste, ob mit Emily alles in Ordnung war. Ich meine, ob es Ihnen beiden gut ging”, verbesserte er sich. Himmel, er hatte sich sogar Sorgen um sie gemacht. Das war für Annie etwas ganz Neues, denn es war schon sehr lange her, dass sich irgendjemand um sie gesorgt hatte. Annie musste zugeben, dass ihr das gefiel.
“Das Ganze tut mir wirklich sehr leid.”
“Was ist denn mit den Hausaufgaben und mit Emilys Abendessen?”
“Die Hausaufgaben haben wir am Strand gemacht, und das Essen ist im Nu fertig, vertrauen Sie mir.”
“Das würde ich ja gern, aber Sie machen es mir wirklich schwer”, antwortete Mark immer noch wütend.
Bevor Annie antworten konnte, hatte er sich umgedreht und stiefelte zum Haus hoch.
Der Schäferhund sah Mark mit seinen intelligenten braunen Augen an. Aber er saß ganz still und rührte sich nicht.
“Dieser Hund ist eine Schönheit”, sagte Mark zu dem Trainer. Am liebsten hätte er dem Tier über das seidig glänzende Fell gestrichen. Doch dies war ein trainierter Polizeihund und kein Schoßhund. Es war ein glücklicher Zufall gewesen, dass sein Freund Brodie ihm erzählt hatte, dass sich einige junge Hunde nicht für den Polizeidienst eigneten, weil sie nicht alle Prüfungen bestanden hatten.
Mark wusste, dass die Ansprüche, die an einen Polizeihund gestellt wurden, extrem hoch waren. Aber er suchte ja nur einen Wachhund, der das unberechenbare Kindermädchen unterstützen könnte. Er wollte jetzt herauszufinden, ob dieser Hund dafür infrage kam.
“Wie heißt er?”
Der Cop, der ihm den Hund vorstellte, blätterte in seinen Papieren. “Kitsu.”
Als der Hund seinen Namen hörte, spitzte er die Ohren, aber er rührte sich nicht. Mark gefiel es, wie diszipliniert der Hund war, und er hatte ein gutes Gefühl. Aber er durfte sich nicht zu schnell entscheiden. “Warum hat er die Prüfung nicht bestanden?”
“Vielleicht ist es besser, wenn Sie Kitsus Trainer anrufen. Nächsten Dienstag ist er wieder hier.” Der Cop sah sich die Beurteilungen an. “Kitsu hat Spitzenbeurteilungen in fast allen Disziplinen. Aber hier unten steht eine handgeschriebene Bemerkung: Kitsu lässt sich durch ein … ablenken. Das fehlende Wort kann ich nicht entziffern. Aber sehen Sie selbst.” Der Cop reichte ihm das Klemmbrett.
Mark las, dass der Hund großartige Leistungen erbracht hatte. Hervorragend war sein Geruchssinn. Er könnte ein erstklassiger Spürhund sein. Die niedrigsten Punkte hatte er in der Disziplin erreicht, obwohl er auch da weit über dem Durchschnitt lag.
Mark konnte auch nicht entziffern, was “Eich…” zu bedeuten hatte, aber er brauchte ja nur einen Hund, der fähig war, zwei unberechenbare weibliche Wesen zu schützen. Sein gefährliches Aussehen würde mit Sicherheit jeden vertreiben, der sich ihnen näherte und nichts Gutes im Sinn hatte.
“Ich würde gern mit ihm ein paar Schritte gehen, in Ordnung?”
“Ja, klar.”
Langsam näherte Mark sich dem Hund, legte ihn an die Hundeleine und ging an die rechte Seite des Tieres. “Fuß”, kommandierte Mark und lief mit ihm. Der Hund blieb dicht an seiner Seite und passte sich vollkommen an sein Tempo an. Auch die weiteren Befehle, die Mark ihm gab, befolgte Kitsu aufs Wort, gleich ob er ihn an der Leine führte oder ihn losließ.
Mark war sehr zufrieden. Er spürte, wie erleichtert er war, die Spannungen in seinen Schultern lösten sich. Kitsu würde seine Aufgabe gut machen, davon war Mark überzeugt. Aufmerksam sah Kitsu Mark an und wedelte mit dem Schwanz.
“Er will mir anscheinend etwas sagen”, bemerkte Mark und sah den Trainer an.
“Er wartet auf seine Belohnung, fangen Sie!” Der Cop warf Mark einen Keks zu. Mark hielt dem wartenden Tier den Leckerbissen hin. Dieser nahm ihn ganz behutsam, um Mark nicht zu verletzen. Erst jetzt erlaubte Mark sich, den Hund zu kraulen. “Guter Junge”, lobte er ihn, während er den edlen Kopf tätschelte.
Mark hatte die ganze Nacht grübelnd im Bett gelegen und überlegt, ob er nicht ein anderes Kindermädchen einstellen sollte. Annie war einfach zu leichtsinnig, um ihre Aufgabe ernst zu nehmen. Immer, wenn er sich entschieden hatte, jemanden anderen einzustellen, dachte er an Emilys Beziehung zu Annie. Das Kind war regelrecht aufgeblüht, es war freier und selbstbewusster geworden. Annies Fähigkeit, Freude und Spaß in das Leben seiner Nichte zu bringen, war unschlagbar.
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