Feuer in eisblauen Augen
ist mir bekannt. Aber könntest du deine Reise nicht um einige Wochen verschieben?”
Natürlich könnte sie das, wenn sie es wollte. Sie wussten das beide. Aber die Reise war für sie die günstige Gelegenheit, einer Situation zu entfliehen, die für sie allmählich immer schwieriger und ernster wurde.
Annie stöhnte. Es war einzig und allein der herrliche Sex mit Mark letzte Nacht gewesen, der sie in diese verzwickte Situation gebracht hatte. Gestern hatte Mark sie noch beschimpft und ihr vorgehalten, dass sie nicht einmal fähig sei, auf ein achtjähriges Kind aufzupassen. Heute wollte er sie als seine Freundin mit in die Ferien nehmen. Wieso begriff dieser Mann nicht, dass sie keinerlei Bindungen in der Beziehung mit ihm wollte?
Aber Sex mit ihm ist doch nur so besonders, weil ihr so tiefe Gefühle füreinander habt, flüsterte eine kaum hörbare Stimme in Annies Herzen. Beim Sex habt ihr euch eure Liebe gezeigt. Und ‘Liebe’ war ein Wort, welches Annie mehr Angst machte, als alle die anderen beängstigenden Wörter zusammen.
Annie schwieg sehr lange. Mark hatte leise wieder angefangen, weiterzuspülen, ordentlich stellte er einen Teller nach dem anderen in das Ablaufgestell. Annie stand ziemlich unsicher da und wusste nicht, was sie machen sollte. Aber dann hatte sie sich doch endlich zu einem Entschluss durchgerungen.
“Ich glaube, ich komme nicht mit. Ich möchte wirklich nach Asien fliegen.”
“Ich verstehe.” Mark blickte kurz auf, und Annie sah, wie verletzt und enttäuscht er war. Und sie hatte das entsetzliche Gefühl, als wenn Mark viel mehr verstand, als ihr lieb sein konnte.
Während sie weiter ihre Arbeit machten, sprachen sie nur noch hin und wieder ein belangloses Wort. Die Stille zwischen ihnen wurde äußerst unangenehm.
Als sie fertig waren, flüchtete Mark in sein Büro, ohne noch ein weiteres Wort zu sagen.
Er hatte Annie auch nicht eingeladen, mit ihm zu kommen.
Es sah ganz so aus, als wäre dieses die kürzeste Affäre, die Annie in ihrem ganzen Lebens gehabt hätte.
Mark streckte sich und gähnte, als er die Treppe zur Küche hinunterging. Er wusste, dass er gestern Abend wieder viel zu lange Gewichte gestemmt hatte. Aber der Fitnessraum war seine einzige Rettung gewesen. Denn wenn er im Bett lag, kreisten seine Gedanken ständig um Annie. An Schlaf war da gar nicht zu denken. Die Vorstellung, dass Annie nebenan nackt im Bett lag, machte ihn völlig verrückt. Wenn er sich beim Training restlos erschöpft hatte, fiel er wenigstens für ein paar Stunden in einen traumlosen Schlaf.
Wenn Annie die ganze Zeit ihr Clownskostüm getragen hätte, dann hätte er jetzt nicht diese Probleme. Gestern hatte er dem großen und dem kleinen Clown nachgesehen, als sie Hand in Hand auf Emilys Schulfest gingen. Wer hatte schon erotische Fantasien von einer Frau, die solche Riesenschuhe trug und in so einem unförmigen Kostüm steckte?
Er, Mark Saunders, er hatte diese Fantasien. Es war ihm völlig egal, welche Kleidung Annie trug, er verzehrte sich nach ihr. Er ärgerte sich über sich selbst. Wenn er gestern Abend nicht alles verdorben hätte, dann könnten seine Fantasien noch immer jede Nacht wahr werden. Er wusste selbst nicht, was er sich dabei gedacht hatte, Annie mit seinem Vorschlag auf diese Weise zu überfallen. Auch wenn er nicht Sigmund Freud hieß, hatte er doch längst begriffen, dass Annie eine panische Angst vor Bindungen hatte.
Nur eine einzige wunderbare Nacht hatte er mit Annie verbringen können. Mark wusste, dass er diese Nacht niemals vergessen würde. Er hatte sich gefühlt, als hätte er seine fehlende Hälfte gefunden. Und er war fast sicher, dass Annie ähnlich empfunden hatte. Vermutlich war es genau das, was ihr Angst machte.
Dabei war er nicht einmal vor ihr auf die Knie gefallen und hatte ihr einen Heiratsantrag gemacht. Nein, er hatte nur gefragt, ob sie mit ihm und Emily zwei Wochen Ferien in einer Hütte an einem schönen See verbringen würde. Einfach gemeinsam ein paar schöne unbeschwerte Tage in der freien Natur zu verleben.
Aber anscheinend waren zwei Wochen schon zu viel für Annie. Mark war getroffen. Offenbar hatte Annie ihre Schuhe schon geschnürt, um weiterzuwandern. Sie würde ihn und Emily einfach zurücklassen und gehen.
Als Mark in die Küche kam, glaubte er zuerst, dass er träumte. Vielleicht hatten seine Gedanken Annie hierher gezaubert? Seine Niedergeschlagenheit besserte sich bei ihrem Anblick zusehends. Wie schön und sexy sie war!
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