Feuer in eisblauen Augen
Gefängnis, dachte Annie, und Angst erfasste sie.
Weitere Skrupel stellten sich ein. Meine Güte, was würde Emily denken, wenn ihre Nanny aus dem Schlafzimmer ihres Onkels kam? Annie versuchte die Uhrzeit auf dem Wecker zu erkennen, aber es war noch zu dunkel. Es musste noch sehr früh sein. Die Morgendämmerung hatte noch nicht eingesetzt.
Ganz leise stand Annie auf, sammelte ihre Kleider ein und schlich in die Richtung, wo sie die Tür vermutete. Vorsichtig schloss sie die Tür auf und schlich sich auf Zehenspitzen in ihr Zimmer. Jetzt war sie wieder allein in ihrem eigenen Bett. Verwundert stellte sie fest, dass sie am ganzen Körper zitterte. Anscheinend war es in ihrem Zimmer viel kälter als nebenan bei Mark.
“Hallo, ihr zwei.” Marks wohlklingende tiefe Stimme ließen Annies Nerven vibrieren und weckten in ihr erneut ein heftiges Verlangen. Sie spürte, dass sie ganz rot geworden war, und hoffte, dass Mark den wahren Grund nicht erriet. Um Zeit zu gewinnen, schaute sie in den Backofen nach dem Eintopf. Dann hatte sie sich gefasst, drehte sich zu Mark um und lächelte ihn höflich an. Sie würde sich wie eine Angestellte verhalten, die ihren Arbeitgeber freundlich begrüßt, ganz so, als hätte es die letzte Nacht gar nicht gegeben.
Zu Annies Pech spielte Mark da nicht mit. Er lächelte sie so verführerisch an, dass es sie heiß überlief. Dann rückte er ihr so nahe, dass sie glaubte, er wolle sie hier in Emilys Gegenwart küssen.
Sie deutete warnend auf das Mädchen. “Em, warum erzählst du deinem Onkel nicht, was du heute gemacht hast?”
“Warte, später”, flüsterte Mark. Seine Worte bewirkten, dass ihr Herz heftig pochte und ihr Begehren sie fast überwältigte. Trotz ihrer warnenden inneren Stimme wollte sie erneut Sex mit diesem wunderbaren Mann, so intensiv wie letzte Nacht.
Emily führte ihrem Onkel begeistert ihren Zaubertrick vor, den sie ausgiebig geübt hatte.
Mark lachte herzlich, als er Emily zusah. Sie konnte mehrere Bleistifte fast unbemerkt verschwinden lassen. Annie stellte überrascht und erfreut fest, wie viel befreiter und gelassener Mark plötzlich wirkte. Hatte die letzte Nacht etwas damit zu tun?
Wie seltsam, dass ihre eigenen Gefühle sich seit der letzten Nacht in das Gegenteil gekehrt hatten. Bis dahin war sie völlig unbekümmert gewesen. Jetzt aber hatte sie das Gefühl, in eine Falle getappt zu sein, und sie fragte sich, wie sie sich daraus befreien könnte. Es gab nur eins: Sie musste flüchten, solange das noch möglich war.
Anfangs würden Mark und Emily sie vermissen. Aber dann würden sie ihr Leben glücklicher und befreiter weiterleben. Annie fühlte sich wie ein guter Engel, der das bewirkt hatte.
Bea würde bald zurückkommen, da brauchten Mark und Emily sie nicht mehr. Das war so ähnlich wie in wöchentlichen Fernsehserie, die sie sich jede Woche anschaute. Da tauchte auch immer ein Engel zur rechten Zeit auf. Wenn die Schwierigkeiten beseitigt waren, zog er weiter. Dieser Vergleich gefiel Annie sehr gut. Sie war der Engel, der jetzt wieder zu neuen Aufgaben unterwegs war.
Mark, Emily und Annie saßen um den Tisch und aßen zu Abend. Erstaunlicherweise beschwerte sich keiner über Annies gesundes Linsengericht. Mark schaute geflissentlich darüber hinweg, dass Kitsu in Hab-Acht-Stellung auch in der Küche nahe am Tisch saß. Nicht etwa, um die Familie vor etwaigen Einbrechern zu schützen, nein, er saß da und passte auf wie ein Habicht, ob irgendein klitzekleiner Bissen von einem Teller für ihn auf den Boden fallen würde.
Inzwischen hatte es sich eingespielt, dass Emily nach dem Essen in ihr Zimmer ging, Geige übte und den Rest ihrer Hausaufgaben erledigte. Mark und Annie spülten zusammen ab und räumten auf. Annie wusste nicht, wie sie diese Routine unterbrechen sollte, ohne Mark allzu deutlich zu zeigen, dass sie ihm aus dem Weg gehen wollte.
Sobald Emily nach oben gegangen war, sprang Annie nervös auf und begann den Tisch abzuräumen. Sie wollte vermeiden, Mark am Tisch gegenüberzusitzen und ihm in die Augen zu sehen.
Aber ihre Strategie funktionierte nicht.
“Ich habe den ganzen Tag an dich gedacht”, flüsterte Mark, den Mund ganz dicht an ihrem Nacken.
Himmel, wusste der Mann denn nicht, dass diese Stelle eine der drei sensibelsten erogenen Zonen war? Sein Flüstern sandte einen Schauer nach dem anderen über Annies Rücken. Und ihre Haut brannte, als hätte Mark tausend kleine Flämmchen entzündet. Sie musste rasch die Teller
Weitere Kostenlose Bücher