Feuer / Thriller
Marys Wohnungsgenossin, Helen, im Raum des Doktorvaters an, wo sie zu lernen versuchte.
»Helen, Sie haben uns gesagt, dass Marys Vater noch lebt. Sind Sie ihm begegnet?«, fragte Olivia. »Und wann war das?«
»Letztes Jahr, nach Weihnachten. Er hatte ihr ein Geschenk mitgebracht, aber sie hat es ihm bloß wieder entgegengeschleudert. Ihn ›Daddy‹ genannt.« Helen ahmte den spöttischen Tonfall nach. »Es war nicht nett gemeint.«
»Was war das für ein Geschenk?«, wollte Noah wissen.
»Zehn Fünfzig-Dollar-Scheine.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ja, ich habe gelauscht – ich wohne schließlich schon seit zwei Jahren mit diesen Mädchen zusammen. Die anderen sind okay, aber Mary bleibt immer für sich. Sie hat immer um alles ein großes Geheimnis gemacht. Als der Mann hinaufkam, war ich ziemlich überrascht. Sie übrigens auch.«
»Sie ist nicht runtergegangen, um ihn abzuholen?«, fragte Noah. »Ich dachte, das wäre die Vorschrift.«
Helen zuckte wieder mit den Schultern. »Ich schätze, mit der Marke kommt man überall durch.«
Olivia beschlich erneut eine dumpfe Vorahnung. »Was für eine Marke?«
»Die von einem Cop, glaube ich. Fragen Sie doch mal unten nach. Kann sein, dass es da so eine Art Archiv gibt. Es war kurz nach den Weihnachtsferien, Mitte Januar. Er sagte etwas davon, dass zehn Jahre eine lange Zeit seien und er etwas wiedergutmachen müsse. Mary schleuderte ihm das Geld ins Gesicht, schrie ihn an, sie wolle nichts von ihm, und rannte heulend in ihr Zimmer.«
»Und was hat Daddy getan?«
»Das Geld aufgesammelt. Ich hatte gehofft, er würde es hierlassen, aber das war leider nichts.«
»Und woher wissen Sie von ihrem Bruder?«, fragte Noah.
»Ich habe einmal miterlebt, wie sie eine Schlaftablette nahm. Sie erklärte, sie hätte Schlafprobleme, und ihr Bruder hätte sie ihr verschrieben. Ich fragte sie, ob er mir mal ein Rezept ausstellen könnte, und sie meinte, sie würde fragen. Doch dann kam nichts mehr, und ich habe nicht nachgehakt. Wie ich schon sagte, wir waren nicht befreundet.«
»Vielen Dank«, sagte Olivia.
Unten fragten sie die Dame am Empfang, ob sie den Besuch eines Polizisten anhand von Marys Namen und dem ungefähren Datum bestätigen könnte.
»Sicher. Ich sortiere einfach nach Art des gezeigten Ausweises.« Sie suchte einen Moment lang in den Dateien, dann drehte sie ihnen den Monitor zu. »Die Besucher in der Woche. Nur einer hat eine Marke gezeigt.«
Wie vom Donner gerührt starrte Olivia auf den Bildschirm, dann zu Noah auf. »Das ändert alles.«
Mittwoch, 22. September, 17.15 Uhr
»Was kann ich für Sie tun?« Mrs. Annie Walsh begrüßte sie mit einem herzlichen Lächeln, und David musste sofort an seine Mutter denken.
Bitte!
Ihm wurde die Kehle eng.
Tu ihr bitte nichts an. Ich bin auch zu allem bereit.
»Gentlemen?« Mrs. Walsh sah sie verwirrt an. »Ist alles in Ordnung?«
David räusperte sich. »Wir suchen nach einer Frau, die in einem Ihrer Häuser gewohnt hatte. Sie heißt Mary O’Reilly. Es muss schon drei Jahre her sein, vielleicht sogar noch länger.« Er gab ihr die Adresse.
»Nein. Ich habe noch nie an jemand vermietet, der O’Reilly hieß.« Sie wollte die Tür schließen, aber David hob die Hand und sah, wie sich ein Hauch Angst in ihre Miene schlich.
»Bitte, wir wollen nichts Böses. Meine Mutter ist entführt worden. Sie heißt Phoebe Hunter.«
»Meine Großmutter«, sagte Tom. »Es war in den Nachrichten.«
Mrs. Walshs Augen weiteten sich. »Oje. Das habe ich gehört. Sie Armen. Aber ich kann Ihnen wirklich nicht helfen. Ich kenne niemanden mit dem Namen O’Reilly.«
David schürzte nachdenklich die Lippen. »Sie hieß Mary Francesca. Vielleicht hat …«
»Mary Fran? Ach so. Ja, natürlich erinnere ich mich an sie. Das arme Ding. Sie hatte ihre Mutter verloren, allerdings war das geschehen, bevor sie in das Haus einzogen ist.«
»Wie ist es passiert?«, fragte er, und sie zögerte. »Bitte, Ma’am.«
»Es war ein Alptraum. Ihr Vater war zur Arbeit gegangen, und jemand brach ein. Er tötete Marys Mutter, schlug so lange auf sie ein, bis sie starb. Auch Marys Bruder wurde schwer verletzt, aber er überlebte es. Ich glaube, er hat versucht, seine Mutter zu beschützen. Man fand Mary in einem Schrank mit dem Telefon in der Hand. Sie hat alles gehört.«
»Hat sie die Polizei gerufen?«, fragte Tom.
»Nein, wohl nicht. So habe ich es jedenfalls gehört. Ich habe nicht nachgefragt, ob es stimmt.«
Die Panik nagte
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