Feuer / Thriller
Mädchen am Fenster. Du, der Joel eins überzieht, wir, wie wir ihn wegschleifen.«
»Das heißt, wir sind jetzt seine Handlanger?«, fragte Albert verbittert.
»Oder wir hauen ab.«
»Und wohin? Die Welt ist klein.«
Eric versuchte ein Lächeln, das gründlich misslang. »Nach Frankreich? Sie liefern nicht aus, wenn die Gefahr besteht, dass jemand zum Tod verurteilt wird. Und du kannst die Sprache.«
Albert lächelte nicht. »Wir sind hier in Minnesota. Da wandert man lebenslänglich hinter Gitter.« Er wandte den Kopf, und schien Eric mit seinen Blicken erdolchen zu wollen. »Wann wolltest du mir das erzählen,
mon ami?
« Der höhnische Unterton der eigentlich freundschaftlichen Anrede war unverkennbar.
»Heute Abend. Wenn wir den Job erledigt hätten. Ich brauchte Zeit. Wenn ihr euch geweigert hättet, hätte er das Video veröffentlicht, und ich hätte in der Falle gesessen.«
»Ich, ich, ich«, murmelte Albert. »Du hast eine Menge auf dich genommen. Wie wär’s, wenn du mir die Chance gelassen hättest zu entscheiden?«
»Und was hättest du anders gemacht, Albert?«
Einen Moment lang sagte Albert nichts. Als er sprach, war seine Stimme kalt. »Jedenfalls hätte ich es dir nicht verschwiegen. Ich werde nicht weglaufen. Dieser Kerl – wie nimmt er Kontakt mit dir auf?«
Eric zog Handy und MP3-Player aus seiner Tasche. »Er hat mir eine SMS auf mein Handy geschickt und mir erklärt, wo ich das hier finde.«
»Tomlinson ist kein KRB -Investor.«
»Nein.«
»Das war keine Frage, Eric. Hältst du mich wirklich für so blöd, dass du meinst, ich würde das nicht selbst überprüfen? Bevor ich deinem Brandstifterplan zugestimmt habe, wollte ich mich vergewissern, dass dir wirklich nichts passiert. Ich habe nachgesehen, wer die Investoren des Bauprojekts sind, um sicher sein zu können, dass die Firma deines Vaters nicht dabei ist. Dass du in deinem Hass nicht die Hand beißt, die dich füttert.«
»Und dich auch, nicht wahr?«, entgegnete Eric bitter.
Alberts Miene blieb ungerührt. »Hast du dich denn nicht gefragt, warum ich überhaupt mitmache?«
Eric schüttelte den Kopf. Wollte er das wirklich wissen? »Ich dachte, du glaubst an die Sache.«
»Einen See zu retten?« Er schnaubte verächtlich. »Ich glaube an deine Zukunft. Ich dachte, du müsstest nur diese … diese Besessenheit aus deinem Kopf kriegen, dann könntest du dich wieder auf andere Dinge konzentrieren. Ich wollte nur, dass dir nichts passiert.« Er klang vorwurfsvoll. »Also habe ich getan, was ich für nötig hielt.«
»Tut mir leid«, sagte Eric leise. »Ich habe nicht nachgedacht.«
»Nein, hast du wirklich nicht. Dafür denke ich jetzt. Erzähl mir alles, was du weißt. Wie müssen herausfinden, wer dieser Erpresser ist.«
»Und dann?«
Albert hob die Schultern. »Bringen wir ihn um. Einer mehr oder weniger spielt nun auch keine Rolle mehr.«
Eric atmete ein und nickte. »Und dann?«
»Und dann gehe ich. Such dir ein anderes Spielzeug. Ich jedenfalls mag nicht mehr.«
Montag, 20. September, 12.45 Uhr
Abbott lehnte an Olivias Tisch, als sie den Hörer auflegte. »Und?«, fragte er. »Haben wir Glück mit der Seriennummer?«
»Das Mädchen heißt Tracey Mullen«, sagte Olivia und schob die Büste auf ihrem Tisch ein Stück zur Seite, so dass Abbott den Fedora nicht hinunterstieß. »Sie war sechzehn. Der Vater lebt in Council Bluffs, Iowa, ihre Mutter in Gainesville, Florida.«
»Sie hatten also recht wegen der Gators«, bemerkte Abbott und deutete mit dem Kopf auf Kane, der den Hörer zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt hatte und ungeduldig mit den Fingern auf die Tischplatte trommelte. »Was ist denn mit ihm los?«
»Kane telefoniert gerade mit Tracey Mullens Vater in Iowa. Er ist taub, und sie kommunizieren über ein Schreibtelefon. Kane spricht, der Vermittler beim Relay Service tippt es ein, Mr. Mullen schreibt zurück, und der Operator liest es Kane vor. Es ist etwas langatmig.«
»Und was hat Tracey Mullen nach Minneapolis geführt?«, wollte Abbott wissen.
»Wir wissen es noch nicht. Ich habe mit der Mutter in Florida gesprochen, die das Sorgerecht hat und hören kann. Ihre Tochter hat angeblich darum gebettelt, zum Vater ziehen zu dürfen und in Iowa eine Gehörlosenschule zu besuchen. Zwei Tage vor Labor Day hat sie Tracey in ein Flugzeug gesetzt. Sie dachte, Tracey sei bei ihrem Vater, ihr Vater dachte, Tracey sei bei ihrer Mutter. Es ist nicht klar, warum Tracey weggelaufen ist, aber seit Labor
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