Feuer / Thriller
Day hat niemand sie mehr gesehen. Sie hat aber beiden gestern Morgen noch eine SMS geschickt und sie im Glauben gelassen, dass sie beim jeweils anderen Elternteil sei.«
»Hat einer der beiden eine Andeutung gemacht, dass der jeweils andere Elternteil gewalttätig sei?«
»Die Mutter hat nichts dergleichen gesagt, aber sie und ihr Ex scheinen nicht besonders häufig zu kommunizieren. Der Informationsaustausch lief größtenteils über Tracey. Wir haben die blauen Flecken und die Fraktur im Arm aber noch nicht erwähnt. Wir müssen erst noch mit Lehrern und Sozialarbeitern sowohl in Iowa als auch in Florida sprechen und nachfragen, ob es etwas gab, das Verdacht erregt hätte. Das Ganze wird eine Weile dauern.«
»Wie hörte sich die Mutter an?«
Olivia zuckte mit den Schultern. »Am Boden zerstört. Fassungslos. Wütend. Sie und ihr jetziger Mann wollen mit dem ersten Flug, den sie kriegen können, herkommen.«
Kane legte auf und stieß erschöpft die Luft aus. »Puh, das müsste doch auch einfacher gehen! Der Vater macht sich auf den Weg. Er sollte am Abend hier sein. Er schien sehr aufgebracht, weil die Mutter Tracey ›rausgeworfen‹ hat, aber da das Gespräch über den Operator lief, lassen sich Stimmungen schwer einschätzen.«
»Die Mutter behauptet, Tracey hätte darum gebettelt, bei ihrem Vater wohnen zu dürfen.«
»Ihr Vater meinte, Tracey hätte zwar Florida verabscheut, aber nie den Wunsch geäußert, zu ihm zu ziehen. Es wird spannend werden, die beiden miteinander zu konfrontieren. Ich bestelle uns einen Übersetzer, der die Gebärdensprache kann.
»Und der Bursche, mit dem sie Geschlechtsverkehr hatte?«, fragte Abbott.
»Die Mutter sagt, Tracey hätte keinen Freund gehabt, sie hätte sich auf die Schule konzentriert«, sagte Olivia. »Ob das nun stimmt, ob Mom es gern so gehabt hätte oder ob Mom nur schrecklich naiv ist, wird sich noch herausstellen.«
»Und Dad sagt, Tracey hätte keinen Freund, weil ihre Mutter sie gezwungen hat, auf eine reguläre Highschool in Gainesville zu gehen, und sie dort isoliert war«, erklärte Kane.
Abbott seufzte. »Ich rufe Jess Donahue an. Ich schätze, für diese Familie brauchen wir die Meinung einer psychologisch geschulten Person. Hatte das Mädchen nicht ein Implantat, mit dem es hören konnte?«
»Die Mutter hat gesagt, das Implantat hätte nicht den erwünschten Erfolg gehabt«, sagte Olivia. »Tracey bekam es erst mit zehn Jahren eingesetzt, da war die Mutter schon wieder verheiratet. Der neue Partner hat die OP bezahlt. Aber es klappte nicht gut. Nicht jeder kommt damit zurecht.«
Abbott strich sich nachdenklich über den buschigen Schnurrbart. »Noch mehr interessiert mich im Moment das männliche Wesen, mit dem sie vor dem Brand zusammen war. Konzentrieren wir uns erst einmal auf ihn.«
»Am besten fahren wir zum See zurück«, schlug Olivia vor. »Vielleicht hat sie ja jemand dort gesehen.«
»Hat sich was in Bezug auf das FBI ergeben?«, wollte Kane wissen.
»Ich habe Special Agent Crawford zu erreichen versucht, aber bisher war er nicht in seinem Büro. Dann habe ich es mit seinem Chef versucht und schließlich eine Nachricht hinterlassen.« Abbott erhob sich, als im gleichen Moment Micki aus dem Fahrstuhl stürmte.
»Ich versuche schon seit einer Stunde, euch zu erreichen.«
»Wir haben das Mädchen identifiziert«, sagte Olivia. »Und mit seiner Familie gesprochen. Was hast du für uns?«
»Ich habe das Gel identifiziert.« Micki zog sich einen Stuhl heran und ließ sich darauffallen. »Natriumpolyacrylat.«
»Und jetzt das Ganze bitte auf Deutsch«, sagte Kane.
»Windelfüllung«, sagte Micki und lachte leise, als alle sie anstarrten. »Gewöhnlich Super-Absorber genannt oder auch kurz SAP . Wie die Kristalle in Babywindeln, die die Flüssigkeit aufsaugen.«
Olivia spürte die ersten Anzeichen abgrundtiefer Müdigkeit. »Warum?«
»Warum die Glaskugel damit überziehen?«, fragt Micki. »Tja, das Zeug ist außerdem ein Brandhemmer.«
»Saugt Pipi auf und löscht Feuer. Kann es auch Krebs heilen?«, fragte Kane.
»Schlaukopf«, sagte Micki. »Jedenfalls habe ich nirgendwo etwas darüber finden können, dass Brandstifter Glaskugeln mit Windelgel überziehen. SPOT nahm meistens Reste von zerrissener Schutzkleidung, um den Globus vor der großen Hitze zu bewahren.«
» SPOT ist es also nicht«, schloss Kane.
»Vielleicht doch«, gab Micki zurück. »Zwar wurden die dünnen Windeln auch zu den besten Zeiten von SPOT bereits gut
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