Feuer / Thriller
Sohn, der immer noch jede wache Minute damit verbringt, anderen Menschen unter die Arme zu greifen.«
David presste die Kiefer zusammen und sah zur Seite. »Daran ist nichts falsch.«
»Nicht, wenn es aus den richtigen Gründen geschieht. Ich bin mir aber nicht sicher, ob es bei dir so ist. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du tust Buße.«
Er begegnete hilflos ihrem Blick. Er fühlte sich elend. Zu gern hätte er alles abgestritten, aber er konnte nicht.
Ihr stiegen die Tränen in die Augen. »Das dachte ich mir. Manchmal, wenn du dich unbeobachtet fühlst, hast du einen merkwürdigen Ausdruck in den Augen. Als würdest du die Last der ganzen Welt auf den Schultern tragen. Warum?«
Seine Brust war plötzlich zu eng. Aber sie wartete auf eine Antwort.
Ich kann ihr die Wahrheit nicht sagen. Nicht alles.
Also kratzte er genug davon zusammen, um den Schmerz in ihren Augen zu vertreiben. »Ich habe ihn gesehen. Den Tatort.«
Verwirrt blinzelte sie, und die Tränen rannen ihr über die Wangen. »Was?«
»Ich war bei einem Freund gewesen. Ihr anderen wart an dem Morgen bei der Messe. Ich sah die Polizeiwagen vor Megans Haus und rannte hin. Und da sah ich sie. Sie waren alle tot.«
Seine Mutter erbleichte. »Lieber Gott! Megan und ihre Mutter waren doch …«
Er nickte. »Totgeschlagen worden, ja.«
Sie starrte ihn wie vom Donner gerührt an. »Aber wieso hast du nie etwas gesagt?«
Weil ich mich schämte. Immer noch schäme. Und weil ich nicht will, dass du jemals erfährst, was ich getan habe.
Er zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich der Schock. Ich war achtzehn, Ma. Jungs in diesem Alter werden bei solchen Dingen nicht emotional.« Was eine knallharte Lüge war. Er war verdammt emotional geworden. Er hatte beinahe den Verstand verloren. »Aber ich konnte es nie vergessen. Und ich musste etwas unternehmen, um solche Dinge in Zukunft zu verhindern. Ich kann den Frauen selbst nicht helfen, wohl aber den Schutzhäusern.«
Seine Mutter blinzelte wieder und rang sichtlich um Fassung. »David, ich wünschte, du hättest mir damals etwas gesagt. Ich mag mir kaum ausmalen, was du gesehen hast. Wir hätten dir Hilfe geholt. Einen Therapeuten besorgt.«
»Ma – ich war achtzehn! Ich wäre niemals in eine Therapie gegangen.« Verdammt, er hatte es nicht einmal dem Priester gebeichtet. »Hör jetzt auf, dir die Schuld zu geben.«
Sie nickte verunsichert. »Tja, das erklärt allerdings eine Menge.« Dann richtete sie den Blick wieder auf ihn. »Du weißt, dass ich dich immer liebe, egal, was du getan hast.«
Und er begriff. Sie wusste, dass er noch immer log. »Ja, weiß ich.«
Sie nahm seine Hände und umklammerte sie. »Ich bin stolz auf dich. Vergiss das nie.« Dann lehnte sie sich abrupt zurück. »Und jetzt zu der Frage, wo ich übernachten kann.«
»Hier«, sagte er fest. »Du bleibst hier. Du musst dir die Wohnungen ansehen, ein Gefühl für die Farben bekommen.«
»Das wäre sicher praktisch. Ich gehe Teppiche einkaufen. Und wenn du heute Abend wegwillst, solltest du noch ein wenig schlafen.«
»Fahr vorsichtig, Ma.« Er küsste sie auf die Wange. »Ich freu mich, dass du hier bist. Und ich habe dich auch sehr lieb.«
Er sah ihr hinterher, als sie ging, dann sank er zurück gegen die Stuhllehne und schloss erschöpft die Augen. Doch er wusste, dass er nicht würde schlafen können. Die Gedanken kreisten in seinem Kopf, sein Magen brannte. So wie immer, wenn er sich an diesen Tag erinnerte. Heute war es schlimmer denn je, da er seine Mutter angelogen hatte.
Müde erhob er sich. Er hatte noch Zeit, den Boden in 2 a fertigzumachen. Er konnte den neuen Kühlschrank für die Mädchen ins Wohnzimmer stellen, bis die Fliesen gelegt waren. Doch zuerst würde er Olivia eine SMS mit der Adresse von Glenns Angelhütte schicken. Dort war es still, so dass sie reden konnten.
Das hätte ich längst tun sollen. Ich war ein Feigling.
Und wahrscheinlich würde es spätestens heute Abend ein Geheimnis weniger in seinem Leben geben.
Zumindest werde ich dann endlich genau wissen, was ich in der gemeinsamen Nacht mit Olivia Sutherland getan habe.
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7. Kapitel
Montag, 20. September, 14.25 Uhr
O livia sah stirnrunzelnd auf das Display, auf dem Davids SMS erschienen war. Die Adresse war eine ländliche Gegend zwanzig Minuten von der City entfernt. Warum dort?
»Was ist los?«, fragte Kane.
»Ach, nichts.« Sie steckte das Telefon ein und betrachtete wieder die Karte des Sees. »So, jetzt
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