Feuer / Thriller
wusste, dass das, was jetzt kommen würde, nicht einfach werden würde. »Nun, zum Beispiel, dass du dich auf den ersten Blick in Dana Dupinsky verliebt hattest.«
Er sah zur Seite und spürte, wie er rot wurde. »Das wusstest du?«
»Ja. Du hast sie geliebt, aber sie hat in dir immer nur einen lieben Bruderersatz gesehen. Ich weiß, dass du alles gegeben hast, um ihre Arbeit mit den Frauen, die vor häuslicher Gewalt geflohen sind, zu unterstützen, und ich weiß, dass es dir das Herz gebrochen hat, als sie jemand anderen geheiratet hat.«
Er schloss müde die Augen. »Wer wusste es noch?«
»Die, die es selbst gesehen haben. Max und Caroline.« Sein großer Bruder und seine Frau. Dana hatte Caroline vor einigen Jahren geholfen, als sie vor ihrem brutalen Mann geflohen war. Dafür allein würde sie immer Teil seiner Familie sein. »Die Zwillinge«, fügte sie hinzu. In ihrer Familie hießen Peter und Cathy immer noch »die Zwillinge«, obwohl sie bereits fünfundvierzig waren.
Er öffnete ein Auge. »Elizabeth auch?«, fragte er.
»Natürlich. Deine kleine Schwester kriegt sehr viel mehr mit, als wir es für möglich halten. Wir haben alle gehofft, dass du jemand anderen findest und endlich glücklich wirst. Aber das ist nicht passiert, und wir wussten nicht, was wir tun sollten, also haben wir den Mund gehalten. War das falsch?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Es gab ja nichts, was ihr hättet tun können, Ma.«
»Ja, ich weiß. Als Mutter fühlt man sich entsetzlich hilflos, wenn man tatenlos zusehen muss, wie die Kinder leiden. Als du angekündigt hast, dass du umziehen wirst, hat mich das nicht gewundert. Mir war klar, dass du unbedingt wegmusstest. Ich dachte, du hättest dir Minneapolis ausgesucht, weil Evie und Tom hier sind.«
Davids alte Freundin Evie hatte ebenfalls Chicago verlassen, um ihren Dämonen zu entkommen, und Tom, Carolines Sohn, war hier an der Universität ein Basketballstar. »Das stimmt auch«, sagte er, und das tat es zum Teil wirklich. »Ich sehe sie allerdings nicht oft. Sie haben beide viel zu tun. Und Noah passt ja jetzt auf Evie auf.«
Seine Mutter lächelte. »Und das ist auch gut so. Nun … aber dass du und Olivia eine, ähm … biblische Begegnung nach Mias Hochzeit hattet, dass wusste ich nicht, bis deine Freundin Paige es dir auf den Kopf zugesagt hat.« Sie zog die Brauen hoch. »Denn ich habe Ohren wie eine Fledermaus.«
Sein Gesicht glühte, als er die Augen verdrehte. »Ma!«
»David«, imitierte sie seinen Tonfall. »Ich muss lauschen, du sagst mir ja nichts. Dank Paige verstehe ich das Rätsel, das mein Sohn ist, ein wenig besser.«
»Ich bin kein Rätsel. Wie auch immer, du scheinst dir ja alles denken zu können.«
Sie schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht. Es gibt ein Stückchen David, das ich noch nie wirklich verstanden habe. Ich bewundere es, liebe es, gebe damit an, aber ich habe es nie verstanden.«
Er ertappte sich dabei, dass er trotzig das Kinn hob. »Und das ist?«
»Was dich dazu treibt, anderen zu helfen. Du hast dich von einem starrsinnigen, dickköpfigen, narzisstischen Teenie, der sich allein für sich selbst interessierte, in einen Mann verwandelt, der sozialer ist als jeder andere. Und das praktisch über Nacht.«
David beherrschte seine Mimik, da er wusste, dass sie ihn genau beobachtete.
Gott bewahre, dass du es je verstehen wirst,
dachte er, als die Bilder aus der Vergangenheit an die Oberfläche quollen. Zerschmetterte Körper. Und so viel Blut. Es war achtzehn Jahre her, und doch zog es ihm immer noch die Kehle zu, wenn er an Megan dachte, die sich über den Körper ihres kleinen Bruders beugte und ihn mit ihrem letzten Atemzug zu beschützen versuchte.
Er war ein starrsinniger, dickköpfiger, narzisstischer Teenie gewesen, der sich nur für sich selbst interessierte. Und ihr Blut klebte an seinen Händen.
Als er bemerkte, dass er auf seine Hände starrte, blickte er auf. Seine Mutter beobachtete ihn besorgt. Er zwang sich zu einem Lächeln. »Kein echtes Mysterium. Dad ist gestorben, und du und Max brauchtet Hilfe bei seiner Therapie, damit er wieder laufen lernt.« Der Autounfall hatte seinen Vater getötet und seinen Bruder gelähmt und war ein weiterer, sehr prägender Moment seines Lebens gewesen. Seinem Bruder zu helfen war seine Rettung gewesen, eine Möglichkeit, sich aus dem Abgrund zu ziehen, in den er gestürzt war. Nach Megan. Und danach war der Dienst an der Gemeinschaft … notwendig geworden. »Ich musste
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