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Feuer um Mitternacht

Feuer um Mitternacht

Titel: Feuer um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boy Lornsen
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gelb. Links ertastete ich den gewölbten Deckel der großen Truhe. Gut, daß ich mich auch im Finstern hier auskannte... Ich hockte mich dahinter. Die Tür hatte ich offengelassen — acht Schritte für den Rückweg... Sie murmelten... Ich verstand kein Wort. Sollte ich mein Ohr an die Stubentür legen? Ich richtete mich auf... Ich machte zwei Schritte vorwärts... Dann verließ mich mein Mut — zum ersten Mal! Nicht zum ersten Mal: In der Brandnacht hatte ich auch Angst gehabt! Ich verließ das Haus. Zu eilig. Die Tür klappte hörbar...
    In der großen Pause wanderte ich allein auf dem Schulhof umher. Sylvie streckte hinter einem Pfeiler der Wandelhalle drei Finger hoch: heute um drei! Kaum einer wußte, daß wir zusammen gingen. Wir machten keine Reklame für unsere Freundschaft.
    Hoffentlich zieht sie wieder den roten Pullover an, dachte ich.
    Schon gleich am Morgen nach dem Feuer bemerkte ich es in der Schule, und seitdem der Kriminalbeamte im Dorf war, besonders: Sie hörten mit dem Reden auf, wenn sie mich sahen! Sie hielten den Atem an, wurden steif wie Pappfiguren! Sie hatten auf ihre Eltern gehört!
    Nach der Pause zog mich Fred Rückert, unser Zeichenlehrer, in eine Fensternische des Korridors. Er wartete ab, bis alle anderen im Klassenzimmer verschwunden waren, und schloß die Tür hinter ihnen. Dann tippte er mir mit seinem Zeigefinger auf die Brust.
    „Du, Markus, vor einer halben Stunde suchte mich ein Herr Bank von der Kriminalpolizei in meiner Freistunde zu Hause auf. Ahnst du, was er von mir erfahren wollte?“
    „Nein“, sagte ich und überlegte: Kartoffeldruck — was sonst!
    „Er wollte wissen, ob, wann und mit welchen Klassen ich Kartoffeldruck geübt hätte.“
    Fred Rückert wartete, ob ich etwas zu erklären hatte. Sein Gesicht hätte ich sehen mögen, wenn ich geantwortet hätte: „Bei Sylvie Tackert wäre der Mann richtig gewesen — die versteht was von Kartoffeldruck...“ Er lobte ihr Zeichentalent mindestens einmal in der Woche, hatte Sylvie mir erzählt. Ich sagte natürlich nichts. So mußte er weiterreden.
    „Ich habe ihm genau Auskunft geben müssen. Das erwartet man von mir — damit du’s weißt! Zwei Karten mit roten Hähnen hat er mir gezeigt. Der eine Hahn war vorzüglich gelungen, der andere mäßig bis schlecht. Kartoffeldruck — einwandfrei! Ob dieser Druck von zwei verschiedenen Personen angefertigt worden sein könnte, wollte er wissen.
    Das konnte ich ihm nicht verbindlich bestätigen. Ich bin kein Hellseher.“
    Wieder wartete er auf meine Antwort.
    Ich wollte nicht antworten. Damit du’s weißt! dachte ich. Er wußte genausoviel wie alle anderen — nämlich gar nichts!
    „Kann ich jetzt gehen?“ erkundigte ich mich, als die Pause zu lang wurde.
    Er guckte mich enttäuscht an und schüttelte den Kopf — ich zeigte so gar kein Interesse.
    „Nicht, bevor ich dir eins gesagt habe: Versuch es mit der Wahrheit, Markus!“
    Noch einer, der mich verdächtigte. Dann ging ich vor ihm in die Klasse. Das Gewisper hörte auf. Ihre Augen sprangen auf mich zu, folgten mir, als sei ich ein Neuer in der Klasse. Nur Wilfried Franzen, dick wie sein Vater, schaute aus dem Fenster und pulte in der Nase. Ich war sein Banknachbar.
    Fred Rückert begann sich über die Weizenproduktion in Canada auszulassen. Ich dachte über die Wahrheit nach. Und die Wahrheit machte mir Sorgen. Tagsüber quälten mich meine Gedanken nicht so, dafür vor dem Einschlafen um so mehr...
    Als ich auf dem Nachhauseweg in die Allee einbog, mußte ich mitten im Schritt stoppen: Graueule Banks Rücken wanderte fünfzig Meter vor mir in die gleiche Richtung! Ich stob geradeaus weiter, am Gemeindebüro vorbei und dann wieder links in die Parallelstraße. Der Weg war kaum fünfzig Meter weiter, und anstatt an der hinteren Pforte kam ich an unserer Vordertür heraus.
    In den Feuermelder vor dem Gemeindebüro hatte man schon eine neue Glasscheibe eingesetzt.
    Wer den Feueralarm auslöste?
    Ich wußte es auch nicht!

    Ich lehnte am Brückengeländer vor der Entwässerungsschleuse und wartete auf sie. Sah meine Lieblingsfarbe schon von weitem leuchten: Sylvie hatte den roten Pullover an!
    Darin wölbten sich ihre Brüste, stachen wie spitze Hügel heraus. Sie trug noch keinen Büstenhalter. Ob ich es wieder schaffte, meine Hände draufzulegen? So ganz nebenbei — während ich die neuesten Neuigkeiten berichtete...
    „Da bin ich“, sagte Sylvie. „Wartest du schon lange?“
    „Eine Viertelstunde. Macht mir

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