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Feuer um Mitternacht

Feuer um Mitternacht

Titel: Feuer um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boy Lornsen
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ich, redete, bis ich alles gesagt hatte, was ich loswerden wollte. Es war anders, als wenn Sylvie mir zuhörte. Mit ihr gab es Fragen und Kichern, Händehalten und Kopfaneinanderlegen, wenn ich die Spannung steigerte. Bei Tante Lene ließ ich die Worte in einen weit offenen Sack hineinrieseln, den sie mir schweigend hinhielt. Und ich brauchte nur ein Wort zu sagen, dann würde sie ihn zuschnüren und wegbergen — dorthin, wo niemand ihn fand.
    Von den letzten sechs Minuten in Hageldorns Kastanie erzählte ich zwei. Dann wußte sie, daß ich den Namen kannte.
    „Ich werde ihn nicht verraten“, sagte ich.
    Sie schaute eine Zeitlang auf ihre Hände, strich mit der einen über die andere.
    „Dann“, sagte sie, „muß Herr Bank ihn selber herausfinden.“
    „Warum hast du ihn eigentlich in dein Haus eingeladen, Tante Lene?“
    „Es gab etwas, was ich fürchtete, Markus. Ich dachte... Ich hielt es für besser. Jetzt hast du mich eingeweiht. Ich glaube dir, Markus. — Herr Bank möchte morgen nachmittag mit dir sprechen — allein. Das kann hier in meiner Wohnstube geschehen, wenn du willst. Ich gehe so lange aus dem Haus.“
    Tante Lene hatte also Angst gehabt — Angst, daß ich es getan haben könnte!
    Morgen nachmittag ! Dann hatte ich es hinter mir. Aber ich wollte nicht mit ihm in einer engen Stube sitzen, nicht vor ihm auf dem Stuhl hocken, wenn er mich mit Fragen bombardierte. Nicht, wenn es anders ging.
    „Nicht in einer Stube, bitte“, sagte ich. „Geht es nicht irgendwo draußen, warte... vielleicht an Franzens Pumpe, da wo das Kliff in die Wiesen übergeht? Ich könnte ihn dort um drei Uhr erwarten. Glaubst du, daß er sich darauf einläßt ?“
    „Es wird ihm bestimmt recht sein. Er wird dir viele Fragen stellen, Markus.“
    „Ja. Ich muß mir noch etwas überlegen. Ich muß die zwei Minuten anders erzählen. Er darf ja nicht wissen...“
    „Du hörtest Schritte — plötzlich! Könnte dir da nicht das Fernglas aus der Hand gefallen sein?“
    „Das geht! Ja, das geht sogar sehr gut! Ich werde mir vor dem Einschlafen noch alles zurechtlegen. — Hast du eigentlich mal gesehen, wie ich aus dem Fenster kletterte?“
    „Fast jedesmal “, sagte Tante Lene. „Mein Fernglas liegt jetzt in meiner Nachttischschublade. Vor zwei Tagen lag es noch griffbereit auf der Fensterbank hinter dem Blumentopf. Ich nahm es weg, ich fürchte, etwas zu spät. Der Kriminalbeamte hat es bemerkt. Ich werde vergeßlich , Markus.“
    Sie hatte mich beobachtet. Fast jedesmal . Und sie verlor nie ein Wort darüber!
    Dann flickte Tante Lene das Loch in meinem Anorak. Ich brauchte es, um vier Minuten zu verbergen, von denen
    Sylvie nicht, Tante Lene nicht — von denen niemand je etwas erfahren sollte.
    „Deine Mutter weiß nichts?“
    „Nein, Mutter weiß nichts.“
    Tante Lene nickte, während ihre Augen auf die Nadel achteten, nickte, als wüßte sie es schon und wollte es von mir nur noch einmal bestätigt haben.
    „Besser, sie erfährt es auch nicht. Sie kann nicht mehr viel ertragen, Markus“, sagte sie.
    „Du — ich möchte doch wissen, wer den Feuermelder gedrückt hat!“
    „Ich!“ sagte Tante Lene Steenkamp. „Mit meinem Haustürschlüssel!“

    Ich weiß nicht, wie lange, aber ich polierte lange an zwei plus vier Minuten — an sechs Minuten herum. So lange, bis sie glatt und ohne Kratzer waren, bis ich sie fehlerlos aufsagen konnte.
    Ich wiederholte. Immer noch mal. Nahm es mit in den Schlaf hinüber :... du konntest nicht erkennen wer... Das Ding lag auf der Straße... an Hageldorns Straßenseite... Das Fernglas rutschte dir aus den Händen... Schritte... Angst... Der Anorak zerriß ... vier Minuten...

Theo Bank:
Notizen

    Wetterhahn und Birnbaum...
    Für sich allein genommen Streiche eines Kindes oder eines Jugendlichen. Auffällig, daß diese Geschehnisse bald nach dem Selbstmord in der Kastanie begannen. Markus Unschlitt?
    Rote-Hahn-Karten...
    Feuerdrohung? Jedenfalls deutlicher Hinweis auf Brandstiftung: Drei Tage nach der dritten Droh-Karte brannte Sönderups Haus nieder. Markus Unschlitt? Möglich. Aber auch möglich, daß beide Serien von Geschehnissen nicht zusammenhängen.
    Fehlende Fingerabdrücke...
    Zweiter Hinweis auf einen Brandstifter. Nur ein Täter will seine Identität auf diese Weise verbergen. Wieder Markus Unschlitt? Zeigt eher auf einen Erwachsenen hin. Polizeiobermeister Tackert? Seine Familie?
    Tod von Peter W. Sönderup...
    Laut Obduktionsbericht: Tod durch Verbrennung, keine

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