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Feuer um Mitternacht

Feuer um Mitternacht

Titel: Feuer um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boy Lornsen
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Weppler vernahm und ihm sagte, worum es ging, wurde er leichenblaß . Er konnte sich erinnern, daß er eine Zigarre in der Hand gehabt hatte, als er das Haus verließ. Und vom Zeitpunkt an, als die frische Luft auf ihn einwirkte und seinen Rausch noch verstärkte, erinnerte sich Tim Weppler an nichts mehr. Er fiel ins Bett, und seine Frau konnte ihm erst am nächsten Morgen von dem Brand des Sönderup -Hauses und dem Tod Sönderups berichten. Er selbst brachte seine Person zu keiner Zeit mit den Geschehnissen der Nacht in Verbindung.
    Ich glaubte ihm.
    Die Lösung war ein starker Westwind und ein glühender Zigarrenstummel in der Hand eines betrunkenen Postboten, der sich einen Rausch antrank, weil er einem Mitmenschen außerdienstlich einen Gefallen tat, indem er ihm eine freudige Nachricht überbrachte. Er handelte fahrlässig, weil er eine brennende Zigarre wegwarf. Und wiederum konnte man ihm keine bewußt fahrlässige Handlung vorwerfen, weil er betrunken war. Außerdem bestand noch die Möglichkeit, daß ihm der Wind die Glut von der Zigarre blies oder ihm die Zigarre aus der Hand riß — Einzelheiten, die nicht genau nachzuweisen waren.
    Ich glaubte nicht, daß es zu einer Anklage kommen würde. Obwohl zunächst alles ein anderes Gesicht für mich zeigte, war es in Wirklichkeit nur eine Kette von Zufällen:
    Wenn Niklas Hageldorn nicht Großvater geworden wäre, wäre der Postbote Tim Weppler nicht betrunken gewesen, ja, wohl überhaupt nicht in die Nähe des Sönderup -Hauses gekommen...
    Wenn an Stelle des starken Westwindes der Regen geplätschert hätte, wäre gar nichts passiert...
    Und wenn Markus Unschlitt nicht rote Hähne in Sönderups Dach geschossen hätte, wären keine Gerüchte aufgekommen und kein Verdacht auf Brandstiftung zu begründen gewesen.
    Ich hätte meine Nachforschungen sehr bald eingestellt: Fall nicht zu klären...
    Der Name des Briefträgers stand noch nicht einmal in meinem Notizbuch. Auch Kollege Tackert hatte ihn mir nicht genannt: Ein Briefträger ist eine so bekannte Gestalt des täglichen Lebens, trägt eine so vertraute Uniform, daß er fast immer nur als „Beamter“ gesehen und als Mensch übersehen wird...
    Ich konnte abreisen.

Markus Unschlitt:
das Loch in meiner Geschichte

    Graueule Bank, der Kriminalbeamte, reiste am Sonnabend ab. Ich trauerte ihm nicht nach.
    Jumbo Tackert brachte ihn mit dem Polizeikombi zum Bahnhof. Wollte sich wohl überzeugen, daß der Mann, den er so ungern in Tarrafal sah, auch wirklich in den Nachmittagszug zum Festland einstieg.
    Ich erfuhr es eine Stunde später von Sylvie, die gar nicht schnell genug erzählen konnte. Jumbos Gesicht, sagte sie, hätte wie ein Vollmond gestrahlt, als er vom Bahnhof zurückkehrte.
    Graueule hatte Tim Weppler nicht verhaftet. Darüber war ich froh. Tim war kein Brandstifter — er hatte nur einen über den Durst getrunken. Irgendwann mußte ich ihm noch sagen, daß ich ihn nicht verraten hatte, daß der Kriminalbeamte von allein draufgekommen war.
    „Ich hab’ nichts gesehen, kannst dich drauf verlassen, Markus!“ sagte Tim Weppler einmal zu mir, und ich verließ mich auf sein Wort. Tim hielt sein Versprechen. Ich war genauso verschwiegen wie er. „Ich hab’ auch nichts gesehen, kannst dich drauf verlassen, Tim!“ sprach ich in vier Tagen mehr als einmal vor mich hin. Und ich hielt ein Versprechen, das ich mir selber gab.
    Dabei war es nicht leicht, einem Kriminalbeamten zu verbergen, was ich in der Brandnacht wirklich gesehen hatte. Graueule hetzte mich mit ausgekochten Fragen, ließ mir keine Ruhe, versuchte mich in sein Netz zu treiben: Daß Tim Weppler , unser Briefträger, den Zigarrenstummel aus der Hand warf, brachte er trotzdem nicht aus mir heraus! Aber Tim Weppler warf nur den Zigarrenstummel...
    Was tat ich?
    So war es: Sönderups hatten die Lichter gelöscht. Der Kater kam und machte sich wieder davon. Dem Bank rechnete ich die Uhrzeit mühsam vor. Das tat ich nur, um ihn glauben zu machen, daß ich nichts genau wußte. Ich schaute doch auf die Uhr, weil ich Schluß machen wollte. Es war nichts mehr los. 11 Uhr 38 zeigten die Zeiger — kann sein, daß meine Armbanduhr nicht auf die Minute genau ging. Da wußte ich ja noch nicht, wie wichtig Minuten einmal sein würden.
    Schon tastete ich nach dem unteren Ast...
    Dann öffnete sich Niklas Hageldorns grüne Haustür! Spuckte erst eine gelbe Lichtbahn aus und dann einen torkelnden Briefträger!
    Niklas Hageldorn lehnte im Türrahmen, hob die

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