Feuer und Eis
ihnen hinüber und stupsten sich gegenseitig an. „Ich möchte nur mit dir reden.“
Ihre Wangen glühten so rot, als hätte er sie geschlagen. Sie wollte, dass er ging und wollte gleichzeitig, dass er blieb. „Was ist, wenn es Dinge gibt, über die ich nicht sprechen will?“
„Dann sag es. Wir reden über Filme und Bücher und deine Lieblingsfarbe. Wir fangen ganz von vorne an, als sei es unsere erste Verabredung, als hätten wir nie miteinander geschlafen.“
„Shh …“ Ihr war klar, dass mittlerweile alle Bibliotheksbesucher zuhörten. Selbst wenn Xante flüsterte, war seine Stimme klar und deutlich in allen Winkeln hörbar.
„Ich verspreche, keinen Sex mit dir zu haben“, wisperte er, was sie aus irgendeinem Grund zum Lächeln brachte. „Ich verspreche, dich nicht zu küssen oder auch nur deine Hand zu halten. Ich verspreche, es wird nur eine langweilige Unterhaltung über langweilige Themen geben.“
Oh, das klang so verführerisch! Wie gerne hätte sie ihm von sich erzählt. Und vielleicht, nur vielleicht, würde sie das auch. Natürlich nicht die ganze Geschichte. Aber sie könnte heute Abend, nachdem sie mit ihrem Anwalt gesprochen hatte, zu Xante ins Restaurant kommen und ihm erklären, was es mit den Narben auf sich hatte und weshalb sie sie ihm niemals zeigen konnte. Sie brauchte ihm nicht die ganze traurige Wahrheit zu gestehen, denn er hatte ihr beigebracht, dass sie Nein sagen durfte. Dieses Wissen fühlte sich an, als habe er ihr einen goldenen Schlüssel überreicht. Sie spürte, wie das Vertrauen in ihr wuchs. Gleichzeitig überkam sie das Gefühl, sie stürze in einen tiefen Abgrund. Innerlich betete sie, Xante möge sie rechtzeitig auffangen. „Essen“, murmelte sie. „Nur essen.“
„Ich hole dich um acht Uhr ab.“
Anschließend musste sie in der Bibliothek, von allen beobachtet, sitzen bleiben und so tun, als sei alles völlig normal und der Mann, der gerade gegangen war, würde nicht ihr Herz in den Händen tragen.
Karin wartete bis zur Mittagspause, um unauffällig in ihrem Friseursalon anzurufen und einen Termin für fünf Uhr zu organisieren. Und obwohl Xante versprochen hatte, es würde keinen Sex geben, und obwohl sie sich wirklich beeilte, kam sie zehn Minuten zu spät zu ihrer Verabredung mit dem Anwalt, weil da dieses unglaublich hübsche Hemdchen aus Spitze im Schaufenster hing … Die Verkäuferin schlug die Wäsche in Papier ein, legte sie in eine Schachtel und verstaute alles in einer rosafarbenen Tragetasche. Anschließend klammerte Karin sich an den pinkfarbenen Bändeln fest, als seien sie eine Rettungsleine.
Denn zum ersten Mal erzählte sie ihrem Anwalt über ihre Vergangenheit und begann, Pläne für ihr Leben zu machen.
Es tat unendlich gut zu wissen, dass sie heute Abend Xante treffen würde.
Hochzufrieden mit sich selbst, schlenderte Xante ins Foyer seines Hotels in Twickenham. Erst als er seine Nachrichten durchsah, stöhnte er laut auf. Der kleine Ausflug in die Bibliothek war ihn teuer zu stehen gekommen.
Aber Karin war jeden Penny wert.
„Athena“, murmelte er kaum überrascht, als ihm seine ehemalige Verlobte entgegenkam. „Was führt dich nach London?“
„Shopping.“ Sie lächelte. „Dann ist mir aufgefallen, wie nahe ich an deinem Hotel bin und dachte, wie schön es doch wäre, wenn du mich zum Dinner einlädst.“
„Du hättest anrufen sollen. Leider jagt heute ein Termin den nächsten, und Pläne fürs Dinner habe ich auch schon.“
„Natürlich. Ich weiß doch, wie beschäftigt du bist.“ Athenas Lächeln schwankte nicht einen Millimeter. „Aber ein Kaffee ist doch drin, oder? Ich würde nur ungern zurückfliegen und erzählen, dass du keine Zeit mehr für einen alten Freund hast …“
„Okay.“ Xante lächelte. „Für einen Kaffee mit einem alten Freund ist immer Zeit.“
Sie setzten sich an einen der Tische in der Lounge, und Xante gab ihre Bestellungen auf. Seine lässigen Bewegungen täuschten über seine innere Unruhe hinweg. Er ahnte, dass er auf der Hut sein musste. Zufällig war Athena bestimmt nicht hier.
„Deine Mutter schien sehr von Karin beeindruckt zu sein.“ Athena verschwendete keine Zeit, um zum wirklichen Grund ihres Besuches zu kommen.
„Karin ist eine beeindruckende Frau.“
„Ich mache mir Sorgen, Xante.“
„Das brauchst du nicht, Athena. Ich kann auf mich selbst aufpassen.“
„Das weiß ich. Aber meine Sorge gilt deiner Mutter.“
„Ich kümmere mich auch um sie.“
„Und doch
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