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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Steinkreis!« sagte ich entzückt. »Ein kleiner Steinkreis!«
    Wegen des Krieges war es mehrere Jahre her, daß ich die Ebene von Salisbury besucht hatte, aber Frank und ich hatten Stonehenge kurz nach unserer Hochzeit besichtigt. Wie die anderen Touristen, die ehrfürchtig zwischen den großen Steinen umherwanderten, hatten wir offenen Mundes den Altarstein angestarrt (»Wo die alten Druiden ihre furchtbaren Menschenopfer darbrachten«, verkündete der Fremdenführer, der eine Busladung italienischer Touristen begleitete, mit sonorer Stimme, und alle machten pflichtschuldigst Fotos von dem recht gewöhnlich aussehenden Felsblock.)
    Dieselbe Leidenschaft für Genauigkeit, die Frank dazu brachte, seine Krawatten so auf Kleiderbügeln zu arrangieren, daß die Enden exakt senkrecht herunterbaumelten, ließ uns das ganze Monument durchwandern, die Entfernungen zwischen den Y- und Z-Löchern messen und die waagrecht liegenden Steine im äußersten Kreis zählen.
    Drei Stunden später wußten wir, wie viele Y- und Z-Löcher es gibt (neunundfünfzig, wenn Sie’s wissen wollen; ich wollte nicht), hatten aber nicht mehr Aufschluß über Sinn und Zweck des Bauwerks gewonnen als die vielen Amateur- und Berufsarchäologen, die Stonehenge in den letzten fünfhundert Jahren heimgesucht hatten.
    Natürlich mangelte es nicht an Hypothesen. Mein Leben unter Akademikern hatte mich gelehrt, daß eine wohlformulierte Hypothese im allgemeinen förderlicher ist als eine unzulänglich ausgedrückte Tatsache, zumindest im Hinblick auf das berufliche Fortkommen.
    Ein Tempel. Eine Begräbnisstätte. Ein Observatorium. Ein Richtplatz (daher der so ungeschickt benannte »Metzelstein«, der am Eingang liegt, halb in seine Grube eingesunken). Ein Freiluftmarkt. Diese Theorie gefiel mir. Ich stellte mir megalithische Hausfrauen
vor, die mit ihren Körben zwischen den Blöcken umherspazierten, kritisch die Glasur auf der neuesten Lieferung von Tonbechern betrachteten und skeptisch den Behauptungen von steinzeitlichen Bäckern und Verkäufern von Hirschhornschaufeln und Bernsteinperlen lauschten.
    Das einzige, was aus meiner Sicht gegen diese Hypothese sprach, waren die Leichen unterm Altarstein und die Spuren von menschlicher Asche in den Z-Löchern. Mir schien es - es sei denn, das waren die Überreste von glücklosen Krämern, die ihre Kunden betrogen hatten - doch ein bißchen unhygienisch, Leute auf dem Marktplatz zu begraben.
    Bei dem kleinen Steinkreis auf dem Berg deutete nichts auf Bestattungen hin. Mit »klein« meine ich lediglich, daß er kleiner war als Stonehenge; trotzdem war jeder Stein doppelt so groß wie ich und von gewaltigen Proportionen.
    Von einem anderen Fremdenführer in Stonehenge hatte ich erfahren, daß es solche Kreise in ganz Britannien und Europa gibt - einige besser erhalten als andere, einige leicht abgewandelt in Form oder Ausrichtung, aber alle unbekannter Herkunft oder Bestimmung.
    Mr. Crook stand gütig lächelnd da, während ich zwischen den Steinen herumging und dann und wann anhielt, um einen zu berühren, als könnte das Eindruck auf die enormen Blöcke machen.
    Einige waren matt gestreift, andere mit Glimmer durchsetzt, der den heiteren Schimmer der Sonne einfing. Und alle unterschieden sich erheblich von den Brocken lokalen Gesteins, die ringsumher aus dem Farn aufragten. Wer immer die Kreise errichtet haben mochte, hatte es für wichtig gehalten, spezielle Blöcke abbauen, bearbeiten und transportieren zu lassen. Wie waren sie bearbeitet worden? Und wie transportiert, über welche unvorstellbaren Entfernungen hinweg?
    Ich dankte Mr. Crook dafür, daß er mir die Pflanzen und diesen Ort gezeigt hatte. »Mein Mann wäre sicher fasziniert«, sagte ich. »Ich werde ihn später hierherführen.« Der alte Herr trug mir am Anfang des Weges ritterlich seinen Arm an. Ich nahm ihn, denn ich kam nach einem Blick den Steilhang hinunter zu dem Schluß, daß Mr. Crook trotz seines Alters fester auf den Beinen stand als ich.
Am Nachmittag lief ich die Straße ins Dorf hinunter, um Frank vom Pfarrhaus abzuholen. Glücklich atmete ich den berauschenden Duft der Highlands ein, eine Mischung aus Heidekraut, Salbei und Ginster, hier und dort gewürzt mit Rauch und Bratheringdünsten aus den verstreut liegenden Häuschen. Das Dorf schmiegte sich in eine kleine Senke am Fuße eines jener Berge, die so steil aus dem Moor des Hochlands aufragen. Die Häuschen nahe der Straße waren ausgesprochen hübsch. Die Blüte der

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