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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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gerade eben erkennen.
    Ich lenkte mein Pferd an das seine heran, bis ich nicht mehr als
dreißig Zentimenter von Jamie entfernt war. Bevor ich etwas sagte, sah ich ihm eine Weile in die Augen.
    »Wirst du mir die Ehre erweisen, das Lager mit mir zu teilen, mein Herr und Meister?« fragte ich höflich.
    Jamie witterte Unheil und dachte einen Moment lang nach; dann nickte er. »Ja. Und ich danke dir.« Er hob schon die Zügel, da hielt ich ihn auf.
    »Noch etwas, Meister«, sagte ich, immer noch höflich.
    »Ja?«
    Blitzschnell zog ich die Hand aus der Tasche meines Kleides, und das Morgenlicht funkelte auf der Klinge des Dolches, den ich Jamie auf die Brust setzte.
    »Wenn du«, sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen, »noch einmal die Hand gegen mich erhebst, James Fraser, werde ich dir das Herz aus dem Leib schneiden!«
    Es folgte ein langes Schweigen, unterbrochen nur durch das Scharren von Hufen und das Klirren von Geschirr. Dann streckte Jamie die Hand aus.
    »Gib ihn mir.« Als ich zögerte, sagte er ungeduldig: »Ich habe nicht vor, dir damit etwas anzutun. Gib ihn mir.«
    Jamie nahm den Dolch bei der Klinge, so daß die aufgehende Sonne den Mondstein am Heft aufglühen ließ. Er hielt die Waffe wie ein Kruzifix und rezitierte etwas auf gälisch. Ich kannte es von der Feier in Colums Saal, aber Jamie übersetzte es für mich: »Ich schwöre beim Kreuz unseres Herrn und Heilands Jesus Christus und bei dem heiligen Eisen, das ich halte, dir Gefolgschaft zu leisten, und gelobe dir Treue. Erhebe ich je meine Hand wider dich, so soll dieses heilige Eisen mein Herz durchbohren.« Jamie küßte den Dolch an der Verbindung von Heft und Klinge und gab ihn mir zurück.
    »Ich stoße keine leeren Drohungen aus, Sassenach«, sagte er, »und ich schwöre keine Meineide. So, können wir nun zu Bett gehen?«

23
    Rückkehr nach Leoch
    Dougal wartete vor dem Red Boar auf uns; ungeduldig schritt er hin und her.
    »Du hast es geschafft, ja?« fragte er und beobachtete voll Anerkennung, wie ich ohne Hilfe vom Pferd stieg. »Tapferes Mädel - zehn Meilen, ohne zu klagen. Geh nun zu Bett; du hast es verdient. Jamie und ich werden die Pferde in den Stall bringen.« Dougal tätschelte sehr behutsam mein Hinterteil. Nur zu gerne folgte ich seinem Vorschlag, und ich schlummerte fast schon, bevor mein Kopf das Kissen berührte.
    Ich regte mich nicht, als Jamie ins Bett stieg, erwachte jedoch plötzlich am späten Nachmittag, überzeugt, daß ich etwas Wichtiges vergessen hatte.
    »Horrocks!« rief ich und setzte mich kerzengerade auf.
    »Wie?« Jamie, der aus tiefstem Schlaf gerissen wurde, schoß aus dem Bett, und landete geduckt auf dem Boden, die Hand am Dolch, den er auf seinen Kleidern abgelegt hatte. »Was?« fragte er und stierte wild in die Runde. »Was ist?«
    Ich unterdrückte ein Kichern bei seinem Anblick - nackt stand er auf den Dielenbrettern, die roten Haare borstig gesträubt.
    »Du siehst aus wie ein verschrecktes Stachelschwein«, sagte ich.
    Jamie schaute mich böse an. Er erhob sich und legte den Dolch wieder auf seine Kleider zurück.
    »Hättest du nicht warten können, bis ich wach bin, um mir das zu sagen?« fragte er. »Dachtest du, es würde mich mehr beeindrucken, wenn du mich aus dem Schlummer reißt, indem du mir ›Horror!‹ ins Ohr brüllst?«
    »Nicht ›Horror‹«, erklärte ich. »Horrocks. Mir ist plötzlich eingefallen, daß ich vergessen hatte, mich nach ihm zu erkundigen. Hast du ihn gefunden?«

    Jamie setzte sich aufs Bett und schlug die Hände vors Gesicht. Dann massierte er es kräftig.
    »Ja«, sagte er durch seine Finger hindurch. »Ja, ich habe ihn gefunden.«
    Ich konnte dem Ton seiner Stimme entnehmen, daß der Deserteur keine erfreulichen Nachrichten gebracht hatte.
    »Hat er dir nichts gesagt?« fragte ich mitfühlend. Das war immerhin möglich, obwohl Jamie darauf gefaßt gewesen war, sich nicht nur von seinem Geld und den Mitteln, die ihm Dougal und Colum zur Verfügung gestellt hatten, zu trennen, sondern, falls nötig, auch vom Ring seines Vaters.
    Jamie legte sich neben mich und starrte zur Decke.
    »Doch«, antwortete er. »Doch, er hat mir alles gesagt. Und das zu einem vernünftigen Preis.«
    Ich stützte mich auf einen Ellbogen, um Jamie ins Gesicht zu schauen.
    »Und?« fragte ich. »Wer hat den Unteroffizier nun wirklich erschossen?«
    Jamie blickte mit grimmigem Lächeln zu mir auf.
    »Randall«, sagte er und schloß die Augen.
    »Randall?« fragte ich verblüfft.

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