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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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suchte, und lachten immer noch über die Ereignisse des Tages.
    Erst als wir uns auszogen, dachte ich daran, Frank von dem kleinen Steinkreis auf dem Craigh na Dun zu berichten. Seine Müdigkeit verschwand schlagartig.
    »Wirklich? Und du weißt genau, wo er ist? Phantastisch, Claire!« Frank strahlte und begann seinen Koffer zu durchwühlen.
    »Was suchst du?«
    »Den Wecker«, antwortete Frank.
    »Wozu?« fragte ich verwundert.
    »Ich möchte rechtzeitig auf sein und sie sehen.«
    »Wen?«
    »Die Hexen.«
    »Die Hexen? Wer hat dir gesagt, daß es hier Hexen gibt?«
    »Der Pfarrer«, erwiderte Frank, der diesen Witz offenkundig genoß. »Seine Haushälterin ist auch eine.«
    Ich dachte an die würdevolle Mrs. Graham und schnaubte verächtlich. »Das ist doch lachhaft!«
    »Nun, ›Hexen‹ ist vielleicht nicht das richtige Wort. Es hat zwar in Schottland jahrhundertelang Hexen gegeben - und man hat sie bis tief ins achtzehnte hinein verbrannt -, aber diese Damen verstehen sich als Druidinnen oder irgend etwas in der Richtung. Ich glaube nicht, daß es sich um einen Teufelskult oder andere finstere Dinge handelt. Aber der Pfarrer hat gesagt, hier gebe es eine Gruppe, die an den alten Sonnenfesten noch die alten Rituale praktiziert. Er kann es sich wegen seiner Position natürlich nicht leisten, ein allzugroßes Interesse an den Tag zu legen, aber er ist viel zu neugierig, um sie völlig zu ignorieren. Er wußte nicht, wo die Zeremonie stattfindet, aber wenn es in der Nähe einen Steinkreis gibt, dann wohl dort.« Frank rieb sich in freudiger Erwartung die Hände. »Welch ein Glück!«
     
    Einmal im Dunkeln aufzustehen, um auf Abenteuer auszugehen, ist ein Jux. Es zweimal hintereinander zu tun, riecht nach Masochismus.
    Bei dieser Gelegenheit gab es auch kein warmes Auto und Thermosflaschen mit heißen Getränken. Verschlafen stolperte ich hinter Frank den Berg hinauf, fiel fast über Wurzeln und stieß mir die
Zehen an. Es war kalt und trübe, und ich vergrub meine Hände tiefer in den Taschen meiner Wolljacke.
    Eine letzte Anstrengung, und wir waren oben und hatten den Kreis vor uns; die Steine waren im düsteren Licht der Dämmerung kaum zu erkennen. Frank stand reglos und bewunderte sie, während ich mich keuchend auf einen geeigneten Felsblock sinken ließ.
    »Schön«, murmelte Frank. Leise ging er zum äußeren Rand des Kreises, und seine schattenhafte Gestalt verschwand im tieferen Schatten der Steine. Ja, sie waren schön - und gottverdammt unheimlich. Wenn die Menschen, die dieses Bauwerk errichtet hatten, damit hatten Eindruck machen wollen, dann war es ihnen gelungen.
    Frank war im Nu zurück. »Noch niemand da«, flüsterte er plötzlich hinter mir, und ich fuhr zusammen. »Komm mit, ich habe ein Plätzchen gefunden, wo wir alles gut beobachten können.«
    Es dämmerte jetzt im Osten; nur ein Hauch von bleichem Grau am Horizont, aber immerhin so viel Licht, daß es mich davor bewahrte zu stolpern, als Frank mich durch eine Lücke führte, die er zwischen den Erlen am oberen Ende des Weges entdeckt hatte. Mitten im Gestrüpp war eine Art Lichtung, gerade so groß, daß wir Seite an Seite stehen konnten. Der Weg war in der Tat deutlich zu erkennen, ebenso das Innere des Steinkreises, der keine sieben Meter entfernt war. Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, was genau Frank während des Krieges getan hatte. Jedenfalls schien er eine Menge davon zu verstehen, wie man sich lautlos im Dunkeln bewegt.
    Dösig, wie ich war, wünschte ich mir nichts sehnlicher, als mich unter einer Erle zusammenzurollen und weiterzuschlafen. Doch dafür reichte der Platz nicht, und so blieb ich stehen und spähte den steilen Weg hinunter, ob sich schon Druidinnen näherten. Ich bekam einen steifen Rücken, und die Füße taten mir weh, aber es konnte nicht mehr lange dauern; der Lichtstreifen im Osten war rosig geworden, und ich vermutete, daß es weniger als eine halbe Stunde bis Tagesanbruch war.
    Die erste bewegte sich fast so leise wie Frank. Es gab ein kaum hörbares Knirschen, als sie nahe der Bergkuppe einen Kiesel lostrat, und dann tauchte langsam ein wohlfrisierter Graukopf auf. Mrs. Graham. Es stimmte also. Die Haushälterin des Pfarrers trug - durchaus vernünftig - Tweedrock und Wollmantel; unter dem Arm
hatte sie ein weißes Bündel. Gespenstergleich verschwand sie hinter einem der großen Steine.
    Danach kamen sie in rascher Folge, allein und zu zweit und zu dritt, unter Flüstern und mit gedämpftem Kichern, das

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