Feuer Und Stein
»Sie läßt ausrichten, daß sie ihm schnelle Genesung wünscht.«
Colum, der sich langsamer bewegte, stand jetzt in der offenen Tür. Er lächelte mich an. »Vielen Dank an dich und Mrs. FitzGibbons. Willst du dich einen Augenblick zu uns setzen, während ich es trinke?«
Mir fiel wieder ein, daß ich mir ein Buch hatte ausleihen wollen. Dougal entschuldigte sich, und ich folgte Colum langsam in die Bibliothek, wo er mir mit einer ausladenden Armbewegung freie Hand gab.
Colum war zwar noch etwas rot im Gesicht, aber er beantwortete meine Fragen zu den Büchern fast mit derselben Gelassenheit, die er sonst an den Tag legte. Nur das Glitzern in seinen Augen und eine gewisse Spannung in seiner Haltung verrieten etwas von seinen Gedanken.
Ich legte ein paar Bücher über Kräuter auf die Seite und blätterte in einem Roman.
Colum ging zum Vogelkäfig hinüber; sicherlich wollte er sich, wie es seine Gewohnheit war, beim Anblick der kleinen Geschöpfe beruhigen, die selbstvergessen in den Zweigen umherhüpften.
Lautes Rufen und Schreien drang von draußen herauf. Von hier oben waren die Felder hinter der Burg bis hin zum Loch zu sehen. Von dort sprengte eine kleine Reiterschar mit lauten Schreien der Begeisterung heran. Als sie näher kamen, erkannte ich, daß es gar keine Männer waren, sondern halbwüchsige Jungen. Ich fragte mich, ob Hamish wohl dabei war, als ich ihn auch schon mittendrin auf Cobhars Rücken entdeckte.
Die Bande stürmte in Richtung Burg und war kurz vor einer der unzähligen Steinmauern, die die Felder voneinander abgrenzten. Einer, zwei, drei, vier der älteren Jungen sprangen mit sorgloser Leichtigkeit hinüber.
Cobhar folgte den anderen Pferden scheinbar voller Eifer. Er galoppierte auf das Hindernis zu, spannte die Schenkel und sprang.
Er schien es genauso gemacht zu haben wie die anderen, aber irgend etwas war geschehen, denn die Vorderhufe schlugen gegen die Mauer, und Pferd und Reiter vollführten einen höchst spektakulären Purzelbaum.
»Oh!«
Von meinem Ausruf alarmiert, wandte Colum den Kopf zum Fenster und sah gerade noch, wie Cobhar krachend auf der Seite landete und Hamishs kleinen Körper unter sich begrub. Trotz seiner Verkrüppelung war Colum schon neben mir am Fenster, bevor das Pferd nur begonnen hatte, sich hochzukämpfen.
Der Wind schlug uns den Regen ins Gesicht und durchweichte Colums Samtrock. Ängstlich spähte ich über seine Schulter und
sah, wie alle herbeiliefen, um zu helfen. Es schien sehr lang zu dauern, bis sich der Haufen auflöste und eine kleine kräftige Gestalt zum Vorschein kam, Hamish lehnte die vielen Hilfsangebote kopfschüttelnd ab, stolperte zur Mauer, lehnte sich darüber und erbrach sich. Dann sank er an der Mauer herab, setzte sich ins nasse Gras und drehte das Gesicht in den Regen. Als ich sah, wie er die Zunge herausstreckte, um die Tropfen aufzufangen, legte ich eine Hand auf Colums Schulter.
»Es ist nichts passiert.«
Colum schloß die Augen und atmete tief aus; sein Körper sackte plötzlich zusammen, als die Spannung von ihm abfiel.
»Er liegt dir so sehr am Herzen, als wäre er dein eigener Sohn, nicht wahr?« fragte ich mitfühlend.
Die grauen Augen loderten auf; er war höchst beunruhigt. Ein paar Augenblicke war in dem Zimmer nichts anderes zu hören als das Ticken der Glasuhr auf dem Regal. Dann rann ein Wassertropfen an Colums Nase herab und blieb glänzend an der Nasenspitze hängen. Unwillkürlich zog ich ein Taschentuch heraus und wischte ihn ab; die Spannung wich aus seinem Gesicht.
»Ja«, sagte er schlicht.
Von alldem erzählte ich Jamie nur, daß Colum vorhabe, ihn mit dem Herzog auf die Jagd zu schicken. Ich war inzwischen überzeugt, daß hinter seiner galanten Freundlichkeit gegenüber Laoghaire nichts weiter steckte, aber ich wußte nicht, was er tun würde, wenn er erfahren würde, daß sein Onkel das Mädchen verführt und geschwängert hatte. Offenbar hatte Colum nicht vor, in diesem Notfall auf Geillis Duncans Dienste zurückzugreifen. Ich fragte mich, ob das Mädchen mit Dougal verheiratet werden würde oder ob Colum für sie einen anderen Bräutigam finden würde, bevor ihr Zustand nicht mehr zu verbergen war. Jedenfalls schien es mir besser, daß Laoghaires Schatten bei Jamies und Dougals Jagdausflug nicht mit von der Partie war.
»Hm«, sagte er nachdenklich. »Lohnt den Versuch. Man wird gut Freund, wenn man den ganzen Tag jagt und abends am Feuer Whisky trinkt.« Er machte mein Kleid am Rücken
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