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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Übereinstimmung mit dem merkwürdigen Architekturprinzip, nach dem ganz Leoch gebaut zu sein schien - nämlich einem allgemeinen Abscheu vor geraden Linien - machte auch die Treppe, die zu Colums Gemächern führte, auf zwei Absätzen eine
Biegung. Auf dem oberen Absatz stand normalerweise ein Diener, um dem Burgherrn zu Diensten zu sein, aber heute war er nicht an seinem Platz. Von oben hörte ich Stimmen, vielleicht war er bei Colum. Ich blieb vor der Tür stehen, unsicher, ob ich stören sollte.
    »Ich habe immer gewußt, daß du ein Narr bist, Dougal, aber ich habe dich nicht für einen solchen Idioten gehalten.« Colum, der seine Jugend unter der Aufsicht von Erziehern verbracht hatte und sich im Gegensatz zu seinem Bruder kaum unter kämpfenden Männern und gemeinem Volk aufhielt, hatte normalerweise keinen so breiten schottischen Akzent wie Dougal. Dennoch war ihm sein kultivierter Tonfall jetzt etwas abhanden gekommen, und die beiden wütenden Stimmen waren kaum zu unterscheiden. »Als du noch jung warst, hätte ich so etwas erwartet, aber um Gottes willen, Mann, du bist fünfundvierzig!«
    »Nun, von diesen Dingen, verstehst du ja nicht allzuviel, oder?« Dougals Stimme hatte einen häßlichen Unterton.
    »Nein.« Colums Antwort kam scharf und schneidend. »Auch wenn ich selten Grund gefunden habe, dem Herrn zu danken, hat er es vielleicht besser mit mir gemeint, als angenommen. Ich habe oft sagen hören, daß bei einem Mann das Gehirn aussetzt, wenn sein Schwanz steht, und jetzt muß ich es fast glauben.« Ein lautes Scharren war zu hören, als ein Stuhl energisch über den Steinboden geschoben wurde. »Wenn die Brüder MacKenzie sich einen Schwanz und ein Gehirn teilen müssen, dann bin ich froh über meinen Anteil an diesem Geschäft!«
    Ich kam zu dem Schluß, daß bei dieser besonderen Unterhaltung ein Dritter entschieden unerwünscht wäre, drehte mich um und wollte leise die Treppe hinuntergehen.
    Das Geräusch von raschelnden Röcken ließ mich abrupt anhalten. Ich wollte nicht, daß mich jemand an der Tür des Burgherrn erwischte, und drehte mich schnell wieder um. Der Treppenabsatz war breit, und ein Bildteppich bedeckte fast die ganze Wand. Meine Füße würden hervorschauen, aber das war nicht zu ändern.
    Ich lauerte wie eine Ratte hinter dem Wandbehang und hörte, wie sich die Schritte der Tür näherten und dann anhielten, weil die unbekannte Besucherin offenbar auch erkannt hatte, daß die Unterhaltung der Brüder privater Natur war.
    »Nein«, sagte Colum jetzt ruhiger. »Nein, natürlich nicht. Die Frau ist eine Hexe.«

    »Ja, aber -« Colum schnitt seinem Bruder ungeduldig das Wort ab.
    »Ich habe gesagt, ich kümmere mich darum, Mann. Mach dir keine Gedanken, kleiner Bruder. Ich werde dafür sorgen, daß die Sache in Ordnung kommt.« Ein Anflug von knurriger Zuneigung hatte sich in Colums Stimme eingeschlichen.
    »Ich will dir was sagen, Mann. Ich habe dem Herzog geschrieben und ihm die Erlaubnis gegeben, in den Ländereien oberhalb von Erlick zu jagen - er möchte die Hirsche dort aufs Korn nehmen. Ich habe vor, ihm Jamie mitzugeben; vielleicht empfindet er noch etwas für den Jungen -«
    Dougal unterbrach ihn mit einigen gälischen Worten, offenbar eine grobe Bemerkung, denn Colum lachte und sagte: »Nein, ich glaube, Jamie ist groß genug, um auf sich selber aufpassen zu können. Aber vielleicht fällt es dem Herzog ja ein, sich bei Seiner königlichen Majestät für ihn zu verwenden, es wäre eine Chance für den Jungen, begnadigt zu werden. Wenn du willst, dann sage ich Seiner Hoheit, daß du auch mitkommst. Du könntest Jamie unterstützen, und hier bist du aus dem Weg, bis sich die Dinge geregelt haben.«
    An der gegenüberliegenden Seite war ein gedämpfter Knall zu hören, und ich lugte aus meinem Versteck. Es war das Mädchen Laoghaire, bleich wie die Wand hinter ihr. Sie hielt ein Tablett mit einem Krug in der Hand, und ein Zinnbecher war auf den Teppich gefallen.
    »Was war das?« Colums Stimme klang plötzlich wieder scharf. Laoghaire stellte hastig das Tablett hin und floh Hals über Kopf.
    Ich hörte, wie sich Dougals Schritte der Tür näherten, und wußte, daß ich nicht mehr entwischen konnte. Ich hatte gerade noch Zeit, aus meinem Versteck hervorzukommen und das Tablett aufzunehmen, bevor die Tür aufging.
    »Oh, du bist es.« Dougal klang leicht erstaunt. »Ist dies das Zeug, das Mrs. FitzGibbons für Colums Halsschmerzen schickt?«
    »Ja«, sagte ich beflissen.

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