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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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direkt vor dem Haus der Duncans. Ich sah, wie Geillis einen Blick zu den Bleiglasfenstern des Salons hinaufwarf und sich mit ausdruckslosem Gesicht wieder abwendete.

    Zwei kirchliche Untersuchungsbeamte saßen auf gepolsterten Hockern hinter einem Tisch, der auf einer Tribüne aufgebaut worden war. Der eine Richter war ungewöhnlich groß und dünn, der andere klein und dick. Ich mußte an amerikanische Comic-Figuren denken, die ich einmal gesehen hatte, und taufte den großen Mutt und den anderen Jeff.
    Fast das ganze Dorf hatte sich versammelt. Ich schaute herum und entdeckte eine ganze Anzahl meiner früheren Patienten. Die Bewohner der Burg hielten sich allerdings fern.
    Es war John MacRae, der Dorfbüttel, der die Anklageschrift gegen eine gewisse Geillis Duncan und eine gewisse Claire Fraser verlas, die sich beide vor dem kirchlichen Gericht wegen Hexerei zu verantworten hatten.
    »… wird der Beschuldigten zur Last gelegt, mittels Hexerei den Tod von Arthur Duncan verursacht zu haben, den Tod des ungeborenen Kindes von Janet Robinson herbeigeführt zu haben, das Schiff von Thomas MacKenzie zum Kentern gebracht zu haben …«
    Die Litanei nahm kein Ende. Colum hatte gründlich Vorarbeit geleistet. Anschließend wurden die Zeugen vernommen.
    Manche Aussagen waren schlicht absurd, und manche Zeugen waren offensichtlich bestochen worden, aber einiges klang wahr. Janet Robinson zum Beispiel, die bleich und zitternd von ihrem Vater vorgeführt wurde, gestand, daß sie von einem verheirateten Mann ein Kind empfangen hatte und sich in die Hände von Geillis Duncan begeben hatte, um es abzutreiben.
    »Sie hat mir einen Trunk gegeben und einen Zauberspruch, den ich bei Mondaufgang dreimal sagen sollte«, murmelte das Mädchen und blickte angstvoll von Geillis zu ihrem Vater, unsicher, wer die größere Bedrohung darstellte. »Sie hat gesagt, dann würde der Monatsfluß einsetzen.«
    »Und? Hat er das?« fragte Jeff interessiert.
    »Zuerst nicht, Euer Ehren, aber dann hab’ ich den Trunk noch einmal bei abnehmendem Mond eingenommen, und dann hat’s angefangen.«
    »Was!?« schrie eine ältere Frau dazwischen, offensichtlich die Mutter des Mädchens. »Sie hat sich fast zu Tode geblutet. Nur weil sei beinah im Sterben war, hat sie mir die Wahrheit gesagt.« Mrs. Robinson hätte nur allzugern sämtliche schaurigen Einzelheiten
ausgebreitet, aber ihr wurde, was nicht leicht war, das Wort abgeschnitten, damit weitere Zeugen aussagen konnten.
    Es schien niemand dazusein, der etwas Bestimmtes gegen mich vorbringen konnte, abgesehen von den vagen Beschuldigungen, ich hätte etwas mit Arthur Duncans Tod zu tun, weil ich dabei war und ihn berührt hatte, bevor er starb. Geillis schien recht zu haben: Colum hatte mich nicht im Visier. Vielleicht würde ich doch entrinnen können. Diesen Gedanken gab ich auf, als die Frau vom Berg vortrat.
    Als ich die dünne, gebückte Frau mit dem gelblichen Schal erblickte, spürte ich sofort, daß wir in ernster Gefahr waren. Sie stammte nicht aus dem Dorf; ich hatte sie nie zuvor gesehen. Sie ging barfuß, und ihre Füße waren staubig von dem langen Weg.
    »Haben Sie etwas gegen eine dieser Frauen vorzubringen?« fragte der dünne, große Richter.
    Die Frau hatte Angst; sie vermied es, den Richtern in die Augen zu schauen, nickte aber kurz. Sie sprach so leise, daß man sie auffordern mußte, ihre Aussage zu wiederholen.
    Sie und ihr Mann hatten ein kränkelndes Kind, das zwar gesund zur Welt gekommen war, dann aber schwächlich wurde und nicht mehr gedieh. Schließlich waren sie zu der Überzeugung gekommen, daß es ein Wechselbalg sein mußte, und hatten es auf den Feensitz auf dem Berg Croich Gorm gelegt. Um ihr eigenes Kind wiederzuholen, sollten die Feen es zurückbringen, hatten sie in einem Versteck Wache gehalten und gesehen, wie die beiden Damen - sie wies mit dem Finger auf uns - zu dem Feensitz gegangen waren, das Kind hochgehoben und seltsame Verwünschungen ausgesprochen hatten.
    Die Frau rang die dünnen Hände.
    »Wir haben die ganze Nacht Wache gehalten. Und als es dunkel wurde, ist ein Dämon aufgetaucht, eine riesige, schwarze Gestalt; lautlos ist sie aus dem Schatten gekommen und hat sich über unser Baby gebeugt.«
    Aus der Menge kam ehrfürchtiges Gemurmel, und ich spürte, wie sich mir die Nackenhaare aufstellten, obwohl ich doch wußte, daß der »riesige Dämon« Jamie gewesen war, der nachgesehen hatte, ob das Kind noch am Leben war. Ich holte tief Luft, weil ich

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