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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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kräftige Fuchs drängte das letzte Schulterpaar auseinander, und zum Erstaunen aller - mich eingeschlossen - sprang Ned Gowan behende vom Pferd.

    Jeff schaute verwundert an der hageren, adretten Gestalt herunter.
    »Und Sie sind, Sir?« Zweifellos war diese zurückhaltende, höfliche Anrede auf die silbernen Schuhschnallen und den Samtrock zurückzuführen - es hatte seine Vorzüge, im Dienst des Oberhaupts des MacKenzie-Clans zu stehen.
    »Mein Name ist Edward Gowan, Euer Ehren«, sagte er präzise, »Advokat.«
    Mutt zog die Schultern hoch und zappelte auf seinem Sitz herum. Sein Hocker hatte keine Lehne, bestimmt schmerzte ihn sein langer Rücken. Ich starrte ihn an und wünschte, ein Hexenschuß würde ihm in die Wirbelsäule fahren. Wenn man mich schon verbrennen wollte, weil ich den bösen Blick hatte, dann sollte das nicht ganz grundlos geschehen.
    »Advokat?« knurrte er. »Was führt Sie her?«
    »Ich bin gekommen, Euer Ehren, um Mrs. Fraser meine bescheidenen Dienste anzubieten, einer äußerst liebenswürdigen Dame, von deren wohltätiger und kenntnisreicher Ausübung der Heilkunst ich selbst Zeuge bin.«
    Guter Auftritt, dachte ich anerkenenend. Das war das erste Tor auf unsere Seite. Ich schaute zu Geillis hinüber und sah, wie sich ihr Mund zu einem halb bewundernden, halb höhnischen Lächeln verzog. Zwar war Ned Gowan nicht der Typ, den jede zum Prinzen ihrer Träume gewählt hätte, aber in Zeiten wie diesen neigte ich nicht dazu, allzu wählerisch zu sein. Ich nahm, was kam.
    Nach einer erneuten Verbeugung vor den Richtern und einer nicht weniger formvollendeten vor mir richtete sich Mr. Gowan noch eine Spur weiter auf, steckte die Daumen in den Bund seiner Reithose und warf sich mit der ganzen Romantik seines gealterten, ritterlichen Herzens in den Kampf, und zwar mit der vornehmsten Waffe der Juristerei: entnervender Langeweile.
    Mit der tödlichen Präzision eines Fleischwolfs unterwarf er jeden Punkt der Anklageschrift einer erbarmungslosen Analyse und zerhackte ihn rücksichtslos mit dem Beil der Präzedenzfälle und dem Messer der Gesetzesparagraphen.
    Es war eine noble Darbietung. Er redete und redete und redete. Manchmal machte er eine Pause und nickte respektvoll zur Richterbank, als erwartete er von dort Anweisungen, tatsächlich aber schöpfte er nur Luft für den nächsten Wortschwall.

    Obwohl mein Leben auf dem Spiel stand und meine Zukunft vollständig von der Eloquenz dieses dürren Männchens abhing und ich ihm an den Lippen hätte hängen müssen, wurde ich von einem unwiderstehlichen Drang zu gähnen gepackt. Ich war unfähig, meinen aufgesperrten Mund zu bedecken, und trat von einem schmerzenden Fuß auf den anderen. Am liebsten wäre es mir gewesen, sie hätten mich sofort verbrannt, um dieser Tortur ein Ende zu machen.
    Den Zuschauern schien es ähnlich zu gehen, die Aufregung legte sich, und Langeweile machte sich breit. Mr. Gowan redete weiter. Die Masse begann sich zu zerstreuen; plötzlich fiel den Leuten ein, daß Tiere gemolken und Böden gewischt werden mußten. Niemand glaubte, daß noch irgend etwas von Interesse geschehen könnte.
    Als Ned Gowan schließlich mit seiner Verteidigunsrede fertig war, dunkelte es bereits; der gedrungene Richter, den ich Jeff getauft hatte, verkündete, daß das Gericht am nächsten Morgen wieder zusammentreten würde.
    Nachdem sich Ned Gowan, Jeff und John MacRae kurz beraten hatten, wurde ich zwischen zwei stämmigen Dorfbewohnern zum Wirtshaus geführt. Ich sah, wie Geillis in die andere Richtung abgeführt wurde; sie hielt sich kerzengerade und weigerte sich, ihren Schritt zu beschleunigen oder ihre Umgebung in irgendeiner Weise zur Kenntnis zu nehmen.
    Im düsteren Hinterzimmer des Wirtshauses wurden mir endlich die Fesseln abgenommen. Ned Gowan kam mit einer Flasche Bier und einem Teller Fleisch und Brot herein.
    »Ich habe nur ein paar Minuten Zeit, meine Liebe, also hören Sie gut zu.« Der kleine Mann rückte seinen Stuhl neben mich. Seine Augen blitzten, und abgesehen davon, daß ihm die Perücke schief auf dem Kopf saß, deutete nichts darauf hin, daß er müde oder erschöpft sein könnte.
    »Mr. Gowan, ich bin so froh, daß Sie da sind.«
    »Ja, ja, meine Liebe, aber dafür haben wir jetzt keine Zeit.« Er tätschelte mir freundlich, aber flüchtig die Hand.
    »Es ist mir gelungen, das Gericht dazu zu bewegen, Ihren Fall vom Verfahren gegen Mrs. Duncan abzutrennen. Das ist ein erster Schritt. Es hat den Anschein, daß im

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