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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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fort. »Schade. Sein Unglück ist auch meines. Er wäre der Richtige für mich gewesen, der einzige, der wirklich zu mir gepaßt hätte. Zusammen hätten wir… aber da ist nichts zu machen. Der einzige Mann, den ich wirklich wollte, und gerade bei dem nutzten mir meine Waffen nichts.«
    »Und so hast du statt dessen Dougal genommen.«
    »Ja, ja«, sagte sie gedankenverloren. »Ein starker Mann mit einiger Macht und etwas Besitz. Das Volk hört auf ihn. Aber in Wirklichkeit ist er nicht mehr als die Beine und der Schwanz« - sie
lachte auf -, »von Colum MacKenzie. Colum ist der Stärkere von beiden, fast so stark wie ich.«
    Der angeberische Ton ärgerte mich.
    »Colum hat ein paar Dinge, die dir abgehen, zum Beispiel Mitgefühl.«
    »Ach ja, nichts als herzliche Liebe und Barmherzigkeit, nicht wahr?« Die Ironie war nicht zu überhören. »Hoffentlich nützt es ihm was. Der Tod sitzt ihm auf der Schulter; das sieht ein Blinder mit dem Krückstock. Der Mann hat vielleicht noch zwei Jahre zu leben, jedenfalls nicht viel länger.«
    »Und wie lange wirst du noch leben?« fragte ich.
    Die Ironie verschwand, aber die Silberstimme blieb gefaßt.
    »Nicht so lange, vermute ich. Aber was macht das schon. Ich habe einiges in die Wege geleitet in der Zeit, die ich hatte. Zehntausend Pfund nach Frankreich geschickt und den ganzen Distrikt auf die Seite von Prinz Charles gebracht. Wenn der Aufstand losgeht, dann weiß ich, daß ich dazu beigetragen habe - sofern ich noch lebe.«
    Sie stand beinahe unter der Deckenöffnung. Meine Augen waren hinreichend an die Dunkelheit gewöhnt, um ihre bleiche Gestalt sehen zu können. Sie wirkte wie ein Geist.
    »Was immer dieser Prozeß bringen wird, ich bedauere nichts, Claire.«
    »Ich bedauere nur, daß ich nur ein Leben habe, das ich für mein Land hingeben kann«, führte ich ihre Bedenken ironisch fort.
    »Schön gesagt«, antwortete sie.
    »Ja, nicht wahr?«
    Wir verfielen in Schweigen, während die Nacht hereinbrach. Die Schwärze in diesem Loch war wie eine greifbare Kraft, die mir kalt und schwer auf der Brust lastete und meine Lungen mit dem Geruch des Todes füllte. Schließlich rollte ich mich so eng zusammen, wie ich konnte, legte den Kopf auf die Knie und hörte auf zu kämpfen; frierend und am Rande der Panik verfiel ich in Halbschlaf.
    »Liebst du den Mann denn eigentlich?« fragte Geillis in die Stille hinein.
    Ich hob überrascht den Kopf. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es sein mochte; ein blasser Stern leuchtete über uns, warf aber kein Licht in das Loch.

    »Wen? Jamie?«
    »Wen sonst?« antwortete sie trocken. »Es ist sein Name, den du im Schlaf rufst.«
    »Ach, tue ich das?«
    »Nun, liebst du ihn?« Die Kälte hatte eine tödliche Schläfrigkeit über mich gebracht, aber Geillis’ bohrende Frage belebte mich wieder etwas.
    Ich umklammerte die Knie und schaukelte leicht hin und her. Die Untersuchungsbeamten würden in Kürze eintreffen, vielleicht schon morgen. Es war ein bißchen spät für Ausflüchte. Obwohl ich immer noch nicht wahrhaben wollte, daß mein Leben ernsthaft in Gefahr war, begann ich doch zu verstehen, warum zum Tode Verurteilte am Vorabend der Exekution beichten wollten.
    »Ob du ihn wirklich liebst«, forderte Geillis weiter. »Ich meine nicht, ob du mit ihm ins Bett gehen willst; ich weiß ja, daß du das willst, und er auch. Aber liebst du ihn?«
    Liebte ich ihn? Über das Begehren hinaus? Das Loch hatte die dunkle Anonymität eines Beichtvaters, und eine Seele am Rande des Todes hat für Lügen keine Zeit.
    »Ja«, sagte ich und legte den Kopf zurück auf die Knie.
    Es wurde wieder still, und ich trieb erneut am Rand des Schlafes dahin, als ich sie noch einmal, wie zu sich selbst, sagen hörte:
    »Dann ist es also möglich.«
     
    Die kirchliche Untersuchungskommission traf am nächsten Tag ein. Wir hörten das Geschrei der Dorfbewohner und das Klappern der Pferdehufe auf dem Kopfsteinpflaster. Der Lärm nahm ab, als sich die Prozession die Straße hinunter zum Dorfplatz bewegte.
    »Sie sind da«, sagte Geillis, während sie auf die aufgeregten Geräusche lauschte.
    Wir griffen uns instinktiv an den Händen; die Angst ließ uns alle Feindseligkeiten vergessen.
    Man ließ uns allerdings weiter frieren. Erst am Mittag des darauffolgenden Tages wurde die Tür zu unserem Kerker plötzlich aufgerissen; wir wurden herausgezerrt und vor unsere Richter geführt.
    Damit die vielen Zuschauer Platz fanden, wurde auf dem Dorfplatz Gericht gehalten,

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