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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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noch in den Knochen, und der Gedanke an das, was wir zurückgelassen hatten, bedrückte uns beide. Ich jedenfalls trauerte um den Verlust. Mit Geillis hatte ich nicht nur eine Gelegenheit,
mehr über die Gründe meiner Existenz hier herauszufinden, verloren, sondern auch eine Freundin - meine einzige Freundin. Ich war oft im Zweifel über Geillis’ Motive, aber ich hatte überhaupt keinen Zweifel, daß sie mir an diesem Morgen das Leben gerettet hatte. In dem Bewußtsein, daß sie selbst verloren war, hatte sie alles getan, um mir die Flucht zu ermöglichen.
    Das Feuer, das bei Tageslicht kaum zu sehen war, begann jetzt, als die Schatten länger wurden, zu leuchten. Ich schaute in die Flammen und betrachtete die Kaninchen, die darüber an Spießen brieten. Von einem Knochen fiel ein Tropfen Blut ins Feuer und verdampfte zischend. Plötzlich blieb mir der Fleischbrocken im Halse stecken. Ich drehte mich um und mußte würgen.
    Wir packten unsere Habseligkeiten und fanden einen guten Platz am Rande einer Lichtung im Wald. In der hügeligen Landschaft hatte Jamie einen hohen Punkt ausgesucht, von dem aus er die Straße überblicken konnte, die vom Dorf herführte. In der Abenddämmerung leuchteten die Farben der Landschaft noch einmal auf: in den Senken glühendes Smaragdgrün, Purpurviolett über den Heidebüschen und brennendes Rubinrot in den Vogelbeeren auf dem Gipfel des Hügels. Vogelbeeren - ein Mittel gegen Hexenzauber. In weiter Ferne, am Fuß des Ben Aden, war immer noch die Silhouette von Burg Leoch zu sehen.
    Jamie machte an einem geschützten Fleck Feuer und setzte sich daneben. Lange starrte er in die Flammen. Schließlich schaute er zu mir auf und sagte ernst:
    »Ich habe dir versprochen, daß ich dich nicht drängen werde, wenn du mir etwas nicht erzählen willst. Und ich würde dich auch jetzt nicht fragen; aber ich muß es wissen. Bist du eine Hexe?«
    Fassungslos starrte ich ihn an. »Eine Hexe? Ist das dein Ernst?«
    Er packte mich fest an den Schultern und schaute mir gerade in die Augen, als wollte er mich zwingen, ihm zu antworten.
    »Ich muß dich das fragen, Claire! Und du mußt es mir sagen!«
    »Und wenn ich eine wäre?« fragte ich mit trockenem Mund. »Wenn du geglaubt hättest, daß ich eine Hexe bin, hättest du dann trotzdem für mich gekämpft?«
    »Ich wäre auf den Scheiterhaufen mit dir gegangen!« sagte er leidenschaftlich. »Und in die Hölle, wenn es sein muß. Aber möge der Herr Jesus Christus unserer Seele gnädig sein, sag mir die Wahrheit!«

    Plötzlich konnte ich der wahnsinnigen Anspannung nicht mehr standhalten. Ich riß mich los und rannte über die Lichtung. Nicht weit, nur bis zu den ersten Bäumen. Ich konnte den offenen Raum um mich herum nicht mehr ertragen. Ich preßte mich an einen Baum, grub die Fingernägel in die Rinde, drückte mein Gesicht daran und wurde von hysterischem Gelächter geschüttelt.
    Jamies Gesicht, bleich und schockiert, tauchte auf der anderen Seite des Baumes auf. In der vagen Erkenntnis, daß Jamie glauben mußte, ich wäre übergeschnappt, zwang ich mich unter Aufbietung all meiner Kräfte zum Sprechen. Keuchend starrte ich ihn an.
    »Ja«, sagte ich zurückweichend und immer noch von einzelnen Lachanfällen geschüttelt, »ja, ich bin eine Hexe! In deinen Augen muß ich eine sein. Ich habe nie die Pocken gehabt, aber ich kann durch ein Zimmer voller sterbender Männer gehen, ohne mich anzustecken. Ich kann die Kranken versorgen und ihre Körper berühren, und doch kann mir die Krankheit nichts anhaben. Und du mußt es für Hexerei halten, weil du von Impfung noch nie etwas gehört hast und es dir anders nicht erklären kannst.
    Die Dinge, die ich weiß …« - ich blieb stehen und rang schwer atmend um Selbstbeherrschung -, »die weiß ich, weil mir davon erzählt wurde. Ich weiß, wann Jonathan Randall geboren wurde und wann er sterben wird, ich weiß, was er getan hat und was er tun wird, ich weiß von Sandringham, weil… weil Frank es mir erzählt hat. Er kannte die Geschichte von Randall, weil er … er … o Gott!« Ich war nah daran, mich zu übergeben, und schloß die Augen, um die Sterne nicht zu sehen, die um meinen Kopf tanzten.
    »Und Colum … er glaubt, daß ich eine Hexe bin, weil ich weiß, daß Hamish nicht sein eigener Sohn ist. Ich weiß, daß er… keine Kinder zeugen kann. Aber er glaubt, ich wüßte, wer Hamishs Vater ist… erst dachte ich, daß du es vielleicht wärst, aber dann wußte ich, daß es nicht sein

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