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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Währenddessen sollte er nach dem Grundriß für den Westflügel suchen und dann, auch wenn die Chancen gering waren, nach den Schlüsseln für die Zellen.
    Ich ließ mir Zeit und schaute nach dem Stand der Sonne. Falls ich auftauchte, bevor Sir Fletcher sich zum Essen gesetzt hatte, könnte er auf die Idee kommen, mich einzuladen, was höchst ungelegen käme. Aber Ruperts kartenspielende Bekannten hatten versichert, daß die Gewohnheiten des Gouverneurs unumstößlich seien; die Glocke wurde Schlag eins geläutet, und fünf Minuten später wurde die Suppe serviert.
    Der wachhabende Soldat am Eingang war derselbe wie am Vortag. Er schien überrascht, begrüßte mich aber höflich.
    »Zu dumm!« sagte ich. »Mein Stallbursche sollte Sir Fletcher ein kleines Geschenk zum Dank für seine Freundlichkeit gestern bringen. Aber er hat es leider liegenlassen, und so war ich gezwungen, selbst herzukommen in der Hoffnung, ihn einzuholen. Ist er schon da?« Ich präsentierte das kleine Paket und lächelte. Bedauerlicherweise hatte ich keine Grübchen, also mußte ich mich damit begnügen, alle meine Zähne zur Schau zu stellen.
    Es genügte. Ich wurde eingelassen und durch die endlosen Flure
zum Zimmer des Gouverneurs geführt. Dieser Teil der Zitadelle war mit Möbeln ausgestattet, aber das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, daß es sich um ein Gefängnis handelte. Es lag ein Geruch in der Luft, der, wie mir scheinen wollte, von Elend und Angst zeugte, aber vermutlich war der Gestank auf den Schmutz zweier Jahrhunderte und den Umstand, daß es keinerlei Abflußrohre gab, zurückzuführen.
    Der Wachposten ließ mich vorausgehen und folgte mir in angemessenem Abstand, um mir nur ja nicht auf den Mantelsaum zu treten. Das war unser Glück, denn ich bog einige Meter vor ihm um die Ecke zu Sir Fletchers Arbeitszimmer und sah durch die offene Tür gerade noch, wie Murtagh den bewußtlosen Wachtposten hinter den wuchtigen Schreibtisch schleifte.
    Ich tat einen Schritt zurück und ließ mein Päckchen auf den Steinboden fallen. Glas splitterte, und es roch nach Pfirsichlikör.
    »Ach, du meine Güte«, rief ich aus, »daß mir das passieren mußte!«
    Während der Wachposten einen Gefangenen rief, der die Schweinerei beseitigen sollte, murmelte ich, ich wolle in Sir Fletchers Arbeitszimmer warten, schlüpfte hinein und zog hastig die Tür hinter mir zu.
    »Was zum Teufel hast du getan?« fuhr ich Murtagh an.
    Ohne sich etwas aus meinem Ton zu machen, schaute er auf und erklärte: »Sir Fletcher hat in seinem Arbeitszimmer keine Schlüssel, aber der Kerl hier hat einen Satz.« Er zog ihm den großen Schlüsselring vom Gürtel. Wobei er sorgsam darauf achtete, daß sie nicht aneinanderklirrten.
    »Gute Arbeit!« sagte ich anerkennend. Ich warf einen Blick auf den bewußtlosen Soldaten, wenigstens atmete er noch. »Und was ist mit dem Grundriß?«
    Er schüttelte den Kopf. »Auch nicht da, aber mein Freund hier hat mir ein bißchen was erzählt. Die Zellen der Todeskandidaten sind auf demselben Stockwerk wie diesem, in der Mitte des Westflurs. Er gibt drei Zellen - mehr habe ich nicht aus ihm herausbekommen, hat wohl doch Verdacht geschöpft.«
    »Das reicht - hoffe ich. Dann gib mir die Schlüssel und verschwinde.«
    »Ich? Du solltest hier raus, Mädel, und zwar ein bißchen plötzlich.« Er schaute zur Tür, aber draußen rührte sich nichts.

    »Nein, ich muß es tun«, sagte ich und streckte die Hand nach den Schlüsseln aus. »Hör zu«, sagte ich ungeduldig. »Wenn sie dich schnappen, wie du mit einem Schlüsselbund im Gefängnis herumläufst, und die Wache hier auf dem Boden finden, flach wie eine Flunder, dann sind wir beide dran. Ich hätte schließlich um Hilfe rufen müssen.« Ich griff nach den Schlüsseln und stopfte sie mir in die Tasche.
    Murtagh war noch immer skeptisch. »Und wenn sie dich erwischen?«
    »Dann falle ich in Ohnmacht. Und wenn ich wieder zu mir komme - und das wird eine Weile dauern -, dann sage ich, daß ich dazugekommen wäre, wie du gerade die Wache ermorden wolltest, und ich wäre vor Entsetzen geflohen; auf der Suche nach Hilfe hätte ich mich im Gefängnis verirrt.«
    Er nickte langsam. »In Ordnung.« Er ging zur Tür, aber es fiel ihm noch etwas ein.
    »Aber warum habe ich - oh.« Schnell ging er noch einmal zum Schreibtisch und zog hastig sämtliche Schubladen auf, wühlte darin herum und warf einzelne Gegenstände auf den Boden.
    »Diebstahl«, erklärte er, öffnete die Tür einen

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