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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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irgend etwas über seine Familie zu sagen. Sicher eine Entfremdung, was natürlich nicht ungewöhnlich ist, aber unter den gegebenen Umständen bedauerlich. Ich zögere, Sie darum zu bitten, Mrs. Beauchamp, aber da Sie mit der Familie bekannt sind, möchte ich Sie fragen, ob Sie es eventuell auf sich nehmen wollten, seine Hinterlassenschaft der entsprechenden Person zu übergeben?«
    Ich traute meiner Stimme nicht, daher nickte ich und steckte die Nase in mein Glas Bordeaux.
    Sir Fletcher schien erleichtert, vielleicht, weil er sich dieser Kiste entledigen konnte, vielleicht auch, weil das Ende meines Besuches abzusehen war. Er lehnte sich zurück, schnaufte hörbar und lächelte mich breit an.
    »Das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen, Mrs. Beauchamp. Ich weiß, daß so etwas für eine junge, gefühlvolle Frau sicherlich schmerzlich ist, und ich weiß es zu würdigen, daß Sie die Güte haben, es auf sich zu nehmen, das versichere ich Ihnen.«
    »K-keine Ursache«, stammelte ich. Es gelang mir aufzustehen und das Kästchen an mich zu nehmen. Es war ungefähr zwanzig mal fünfzehn Zentimeter groß und zehn Zentimeter tief - und sollte die Hinterlassenschaft eines ganzen Lebens aufnehmen.
    Ich wußte, was darin war. Drei Angelschnüre, sauber aufgerollt; ein Korken, in dem Angelhaken steckten; ein kleines Glasstück mit runden Kanten; diverse Steine, die interessant aussahen oder sich gut anfühlten; ein getrockneter Maulwurfsfuß, der vor Rheumatismus schützen sollte. Eine Bibel - oder hatte er die behalten dürfen? Ich
hoffte es. Ein Rubinring, sofern man ihn nicht gestohlen hatte. Und eine kleine hölzerne Schlange, in deren Bauch der Name SWANY eingeritzt war.
    Ich blieb an der Tür stehen und mußte mich kurz festhalten, um auf den Beinen zu bleiben. Sir Fletcher, der mich höflich begleitet hatte, kam mir sofort zur Hilfe.
    »Mrs. Beauchamp! Fühlen Sie sich nicht wohl, meine Liebe? Wache, einen Stuhl!«
    Ich fühlte, wie mir der kalte Schweiß ausbrach, aber es gelang mir zu lächeln und abzuwinken, als der Stuhl gebracht wurde. Vor allem wollte ich raus hier - ich brauchte frische Luft, und zwar jede Menge. Und ich wollte allein sein, um zu weinen.
    »Nein, es geht schon«, sagte ich und versuchte überzeugend zu klingen. »Es ist nur ein bißchen… stickig hier, vielleicht. Nein, bemühen Sie sich nicht. Mein Stallbursche wartet draußen auf mich.«
    Ich rang mir ein Lächeln ab und wollte schon gehen, da kam mir ein Gedanke. Vielleicht half es nicht, aber schaden konnte es auch nicht.
    »Oh, Sir Fletcher…«
    Noch immer besorgt über mein Aussehen, war er die Höflichkeit selbst. »Ja, meine Liebe?«
    »Ich dachte nur…wie traurig es für einen jungen Mann in dieser Situation sein muß, seiner Familie so ganz entfremdet zu sein. Es könnte ja sein, daß er… vielleicht einen Versöhnungsbrief schreiben möchte. Ich würde es gerne auf mich nehmen, ihn… seiner Mutter zu übergeben.«
    »Wie mitfühlend von Ihnen, meine Liebe.« Sir Fletcher war in aufgeräumter Stimmung, nun, da er nicht mehr zu befürchten brauchte, ich könnte auf seinem Teppich zusammenbrechen. »Selbstverständlich. Ich werde mich erkundigen. Wo sind Sie abgestiegen, meine Liebe? Falls er einen Brief schreibt, soll er Ihnen zugestellt werden.«
    »Nun«, mein Lächeln fühlte sich an, als wäre es mir aufs Gesicht geklebt -, »das ist im Augenblick noch nicht geklärt. Ich habe mehrere Verwandte und gute Bekannte in der Stadt, bei denen ich abwechselnd wohnen muß, denn ich möchte vermeiden, daß sich irgend jemand zurückgesetzt fühlt.« Ich brachte ein kurzes Lachen hervor.

    »Wenn es Ihnen keine zu großen Umstände macht, dann könnte vielleicht mein Stallbursche nachfragen, ob ein Brief vorliegt?«
    »Natürlich, natürlich, meine Liebe, das läßt sich selbstverständlich machen!«
    Und mit einem schnellen Blick zurück auf seine Karaffe ergriff er meinen Arm und führte mich zum Tor.
     
    »Geht’s besser, Mädel?« Rupert strich meine Haare zurück, die mir wie ein Vorhang vor dem Gesicht hingen. »Siehst aus wie ein schlechtgeräucherter Schweinebauch. Hier, nimm noch einen Schluck.«
    Ich schüttelte den Kopf, schob die Whiskyflasche beiseite, die er mir unter die Nase hielt, und wischte mir das Gesicht mit dem feuchten Tuch ab, das er mir gebracht hatte.
    »Es geht schon wieder.« Begleitet von Murtagh, der sich als mein Stallbursche ausgegeben hatte, war es mir gerade noch gelungen, außer Sichtweite des

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