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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Spaltbreit und spähte hinaus.
    »Dann solltest du auch etwas einstecken«, schlug ich vor und suchte nach etwas Handlichem. »Wie wäre es mit dieser Schnupftabakdose?«
    Er winkte ungeduldig ab. »Nein, Mädel. Wenn sie mich mit etwas erwischen, was Sir Fletcher gehört, dann hängen sie mich. Auf versuchten Diebstahl steht nur Auspeitschung oder Verstümmelung.«
    »Oh!« Ich legte die Dose weg und schaute über seine Schulter in den Flur. Es war niemand da.
    »Ich gehe zuerst. Wenn ich jemanden treffe, dann lenke ich ihn ab. Zähle bis dreißig und geh dann los. Wir warten auf dich in dem Wäldchen im Norden.« Er öffnete die Tür, drehte sich aber noch einmal um.« Wenn sie dich kriegen, dann wirf die Schlüssel weg.« Bevor ich etwas erwidern konnte, war er fort und huschte lautlos durch den Flur.
     
    Es dauerte eine halbe Ewigkeit, den Westflügel zu finden; ich schlich durch die Gänge, spähte um Ecken und versteckte mich
hinter Säulen. Ich begegnete unterwegs nur einer Wache, vor der ich mich mit hämmerndem Herzen, flach an die Wand gedrückt, verbergen konnte.
    Als ich schließlich im Westflügel ankam, hatte ich keinerlei Zweifel, ob das der richtige Ort war. Es gab drei große Türen auf dem Gang, eine jede mit einem kleinen vergitterten Fenster versehen, durch das ich nicht mehr als die Wände der Zelle dahinter erspähen konnte.
    »Ene, mene, mu«, murmelte ich vor mich hin und entschied mich für die mittlere Tür. Die Schlüssel am Ring waren nicht gekennzeichnet, aber von unterschiedlicher Größe. Nur die drei großen kamen für das Schloß in Frage, und natürlich war es der dritte, der paßte. Ich atmete tief durch, als sich der Schlüssel drehte, wischte mir die schweißnassen Hände am Rock ab und drückte die Tür auf.
    In rasender Eile suchte ich in der stinkenden Masse von Männern herum, stieg über apathische Leiber, schob schwere Körper zur Seite, die mir träge aus dem Weg gingen. Allmählich breitete sich Erstaunen über mein plötzliches Auftauchen aus, und einige, die zwischen dem Unrat auf dem Boden geschlafen hatten, setzten sich auf. Manche waren an die Wand gekettet, und ihre Ketten rasselten, als sie sich im Halbdunkel bewegten. Ich packte einen der Männer an der Schulter, ein Clanmitglied in einem zerlumpten gelb-grünen Kilt. Er war nur noch Haut und Knochen; offenbar teilen die Engländer nicht gerade verschwenderisch Nahrung an ihre Gefangenen aus.
    »James Fraser! Ein großer, rothaariger Mann! Ist er in dieser Zelle? Wo ist er?«
    Der Befragte war mit den anderen, die nicht angekettet waren, schon auf dem Weg zur Tür, blieb einen Augenblick stehen und schaute auf mich herunter. Die Gefangenen hatten inzwischen ihre Chance erkannt und begannen mit ungläubigem Gemurmel aus der Tür zu drängen.
    »Wer? Fraser? Den haben sie heute morgen geholt.« Der Mann zuckte mit den Achseln und versuchte mich abzuschütteln.
    Mit einem Griff an den Gürtel hielt ich ihn noch einmal auf.
    »Wohin haben sie ihn gebracht? Wer hat ihn geholt?«
    »Weiß ich nicht; war ein Hauptmann Randall, der ihn mitgenommen hat - ein seltsamer Kerl.« Er stieß meine Hand weg und hatte nur noch eins im Sinn: die offene Tür.

    Randall. Ich stand wie vom Blitz getroffen, während mich die flüchtenden Männer herumstießen. Ich schüttelte mich, um wieder zu mir zu kommen, und versuchte zu denken. Geordie hatte die Festung seit dem Morgengrauen beobachtet. Niemand außer ein paar Küchenmägden war herausgekommen. Sie mußten also irgendwo in diesem Gebäude sein.
    Randall war Hauptmann; vermutlich hatte in dieser Gefängnisgarnison niemand einen höheren Rang, abgesehen von Sir Fletcher. Es dürfte ihm also keine Schwierigkeiten bereiten, einen Ort zu finden, wo er einen Gefangenen nach Belieben foltern konnte.
    Und daß er das tun würde, daran zweifelte ich nicht, selbst wenn sein Opfer nur noch den Galgen zu erwarten hatte. Der Mann, den ich in Fort William kennengelernt hatte, war wie eine Katze. Er konnte dem Trieb, mit dieser speziellen Maus zu spielen, ebensowenig widerstehen, wie er seine Größe oder die Farbe seiner Augen hätte verändern können.
    Ich atmete tief durch, schob alle Überlegungen, was seit dem Morgen wohl geschehen sein mochte, beiseite und stürzte aus der Tür, wo ich mit einem englischen Rotrock zusammenstieß. Der Mann torkelte nach hinten, und ich krachte mit dem Kopf an den Türrahmen. Mir brummte der Schädel, und gleichzeitig klangen mir Ruperts Worte im Ohr:

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