Feuer Und Stein
und er sackte in sich zusammen, nicht mehr fähig, Einwände gegen meine Anwesenheit zu erheben.
Ich machte mich wieder über das Schloß her und war froh, daß meine Hände nicht mehr zitterten. Ein maßloser Zorn hatte die Angst vertrieben.
Ich hatte sämtliche Schlüssel an dem Ring zweimal durchprobiert, aber ohne Erfolg. Meine Hände waren naß vor Schweiß, und die Schlüssel rutschten mir wie Aale durch die Finger. Mein Gefluche weckte Jamie aus seiner Benommenheit, und er beugte sich langsam vor, um zu sehen, was ich tat.
»Du brauchst keinen Schlüssel, um es aufzumachen«, sagte er und preßte eine Schulter an die Wand, um sich aufrecht zu halten. »Du mußt nur einen finden, der in den Zylinder paßt, dann kannst du das Schloß mit einem kräftigen Schlag aufsprengen.«
»Hast du schon einmal so ein Schloß gesehen?« Ich wollte ihn zum Reden bringen, damit er wach bliebe. Wenn wir hier rauskommen wollten, dann mußte er laufen können.
»Sie haben mich schon mal mit so einem festgekettet, in der ersten Zelle, in die sie mich mit einem Haufen anderer gesteckt haben. Ein Kerl namens Reilly lag neben mir, ein Ire; sagte, er kenne
fast alle Gefängnisse von Irland und hätte sich entschlossen, zur Abwechslung mal die in Schottland auszuprobieren.« Jamie gab sich alle Mühe zu sprechen. Er wußte so gut wie ich, daß er bei Bewußtsein bleiben mußte. Mit einem schwachen Lächeln fuhr er fort: »Er hat mir allerhand über Schlösser erzählt und mir gezeigt, wie man die aufbrechen kann, mit denen man uns angekettet hat, sofern man ein Stück gerades Metall hat, und das hatten wir nicht.«
»Dann sag mir, wie es geht.« Das Sprechen brachte ihn noch mehr zum Schwitzen, aber er schien jetzt wacher zu sein.
Seinen Instruktionen folgend, fand ich einen passenden Schlüssel und steckte ihn so weit wie möglich hinein. Laut Reilly würde ein kräftiger Schlag auf das Ende des Schlüssels die Zuhaltung wegsprengen. Ich suchte nach einem entsprechenden Werkzeug.
»Nimm den Holzhammer auf dem Tisch, Sassenach«, sagte Jamie. Der grimmige Unterton in seiner Stimme machte mich hellhörig. Ich schaute von seinem Gesicht zu dem Tisch, auf dem ein Holzhammer mittlerer Größe lag.
»Hat er damit -«, fragte ich entsetzt, ohne den Satz zu Ende zu bringen.
»Aye. Du mußt das Fußeisen an der Wand abstützen, bevor du draufschlägst.«
Es war schwierig, das Eisen in die richtige Position zu bekommen, denn dazu mußte Jamie das gefesselte Bein unter dem anderen durchstrecken und sein Knie an die Wand pressen.
Meine ersten beiden Schläge waren zu ängstlich. Nach ein paar tiefen Atemzügen nahm ich all meinen Mut zusammen und ließ den Hammer so fest wie ich konnte auf das runde Schlüsselende niedersausen. Der Holzhammer rutschte ab und traf Jamie am Fußgelenk. Er zuckte mit dem Fuß zurück, verlor das Gleichgewicht und streckte instinktiv die rechte Hand aus, um sich abzufangen. Er schrie auf, sein Arm knickte weg, und er landete mit der Schulter auf dem Boden.
»O verdammt«, sagte ich erschöpft. Jamie war ohnmächtig geworden, was nicht weiter verwunderlich war. Ich nutzte seine Bewegungslosigkeit und drehte das Fußgelenk so, daß das Eisen gut abgestützt war, und schlug verbissen auf den Schlüssel, aber ohne Erfolg. Ratlos saß ich da, mit dem Holzhammer in der Hand, als plötzlich die Tür aufging.
Randalls Gesicht ließ, ebenso wie Franks, selten erkennen, was
er dachte; statt dessen präsentierte es eine ausdruckslose, undurchdringliche Fassade. In diesem Augenblick jedoch war dem Hauptmann seine gewohnte Gelassenheit abhanden gekommen, und er stand mit offenem Mund in der Tür, nicht viel anders als der Mann, der ihn begleitete. Sein Gehilfe, ein riesiger Kerl in einer schmutzigen, zerschlissenen Uniform, mit einer niedrigen Stirn, einer flachen Nase und wulstigen Lippen, machte einen imbezilen Eindruck. Sein Ausdruck veränderte sich keinen Deut, als er über Randalls Schulter schaute; er schien weder an mir noch an dem bewußtlosen Mann auf dem Boden irgendein Interesse zu haben.
Als sich Randall wieder gefaßt hatte, untersuchte er das Eisen an Jamies Fußgelenk. »Wie ich sehe, meine Liebe, haben Sie Eigentum der Krone beschädigt. Das ist strafbar. Davon, daß Sie einem gefährlichen Gefangenen zur Flucht verhelfen wollen, wollen wir erst gar nicht reden.« In seinen blaßgrauen Augen war ein Funken von Vergnügen zu sehen. »Wir müssen etwas Passendes für Sie arrangieren. In der
Weitere Kostenlose Bücher