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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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und rauh, das spürte ich sogar durch den Handschuh. Ich wirbelte den Zweig über meinen Kopf und schrie. Die Tiere blieben stehen, zogen sich aber nicht zurück. Der, der mir am nächsten war, legte die Ohren an, als wäre ihm der Lärm zuwider. »Gefällt dir wohl nicht?« brüllte ich ihn an. »Dann hau ab, du elende Bestie!« Ich griff mit einen Felsbrocken und schleuderte ihn auf den Wolf. Ich traf ihn zwar nicht, aber er sprang zur Seite. Das machte mir Mut, und ich warf mit allem, was ich zu fassen bekam; mit Steinen, Zweigen und Schnee. Ich brüllte, bis ich so heiser war, daß sich meine Laute kaum mehr vom Wolfsgeheul unterschieden.
    Im ersten Augenblick glaubte ich, eines meiner Geschosse hätte tatsächlich getroffen. Der mir am nächsten stehende Wolf heulte auf und krümmte sich. Der zweite Pfeil zischte knapp an mir vorbei, bevor er sich in die Brust des nächsten Wolfes bohrte. Das Tier fiel auf der Stelle tot um. Das erste, das nur angeschossen war, raste jaulend im Kreis herum.
    Ich starrte eine Weile fassungslos hin und schaute dann hinauf zum Rand des Grabens. Der dritte Wolf hatte sich vorsichtshalber zurückgezogen und war im Wald verschwunden, wo er ein markerschütterndes Geheul ertönen ließ.
    Ich sah immer noch hinauf zu den dunklen Bäumen, als mich eine Hand am Ellbogen faßte. Ich wirbelte herum und blickte ins Gesicht eines Fremden. Sein schmaler Kiefer und sein fliehendes Kinn waren von dem schütteren Bart nur unvollständig bedeckt, in der Tat ein Fremder, aber sein Plaid und sein Dolch wiesen ihn als Schotten aus.
    »Hilfe!« rief ich und fiel nach vorne in seine Arme.

36
    MacRannoch
    Es war dunkel in der Hütte, und in der Ecke hockte ein Bär. In Panik drückte ich mich an meinen Begleiter: Ich wollte wirklich nichts mehr mit wilden Tieren zu tun haben. Aber er schob mich energisch nach vorne. Ich stolperte zum offenen Feuer, und das Monster drehte sich zu mir um. Da erkannte ich erst, daß es gar kein Bär war, sondern ein wuchtiger Mann in einem Bärenfell.
    Genau gesagt trug er einen Umhang aus Bärenfell, der am Hals mit einer Silberbrosche von der Größe meines Handtellers zusammengehalten wurde. Sie hatte die Form von zwei springenden Hirschen, die gemeinsam einen Kreis bildeten. Ich sah die Brosche so genau, weil sie direkt vor meiner Nase war. Als ich aufblickte, fürchtete ich einen Augenblick, daß ich mich doch geirrt hatte und mir wirklich ein Bär gegenüberstand.
    Allerdings trugen Bären in der Regel keine Broschen, und sie hatten auch keine Augen wie Heidelbeeren, klein, rund, dunkel und blauglänzend. Sie lagen tief in schweren Wangen, die von einem dichten, schwarzen Bart, durch den sich Silberfäden zogen, bedeckt waren. Schwarzsilbernes Haar fiel in Wellen über die breiten Schultern und vermischte sich mit dem Pelz, der noch den scharfen Geruch seines früheren Besitzers an sich hatte.
    Die scharfen kleinen Augen musterten mich von oben bis unten und schienen sowohl den abgerissenen Zustand meiner Kleidung wie deren ursprünglich gute Qualität abzuschätzen, und auch die zwei Eheringe, gold und silber, entgingen ihm nicht.
    Entsprechend fiel die Anrede des Bären aus.
    »Sie scheinen in Schwierigkeiten gekommen zu sein, Mistress«, sagte er und neigte den gewaltigen Kopf, auf dem der Schnee von draußen noch nicht geschmolzen war. »Können wir Ihnen vielleicht behilflich sein?«

    Ich zögerte mit der Antwort. Ich brauchte die Hilfe dieses Mannes wahrhaftig, aber mein Akzent würde mich sofort als Engländerin verraten. Der Bogenschütze, der mich hierhergebracht hatte, kam mir zuvor.
    »Habe sie in der Nähe vom Wentworth-Gefängnis gefunden«, sagte er lakonisch. »Wurde von Wölfen angegriffen. Eine Engländerin«, fügte er mit Nachdruck hinzu, was zur Folge hatte, daß mich die Heidelbeeraugen meines Gastgebers unangenehm scharf musterten. Ich richtete mich zu meiner vollen Größe auf und versuchte so gut wie möglich, die Haltung einer würdigen Dame einzunehmen.
    »Engländerin von Geburt, Schottin durch Heirat«, sagte ich fest. »Ich heiße Claire Fraser. Mein Mann ist in Wentworth gefangen.«
    »Aha«, sagte der Bär gedehnt. »Nun, ich heiße MacRannoch, und Sie befinden sich auf meinem Boden. Ich sehe an Ihrer Kleidung, daß Sie eine Frau aus gutem Hause sind. Wie kommt es, daß Sie in einer Winternacht allein im Wald von Eldridge herumirren?«
    Ich witterte einen Ausweg; hier war die Chance, meine Glaubwürdigkeit zu beweisen und Murtagh und

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