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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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wurde schlagartig schmal.
    »Ja«, sagte Sir Marcus und zog an seinem Bart. »Ich verstehe. Aber ich habe Ihnen gesagt, Mädel, ich sehe keine Möglichkeit. Ich habe eine Frau und drei Kinder. Ich würde Ellens Sohn schon helfen wollen, aber Sie verlangen ein bißchen viel.«
    Plötzlich gaben meine Beine nach, und ich sackte auf den Schemel. Die Verzweiflung zog mich wie ein Anker nach unten. Ich schloß die Augen und zog mich an einen dumpfen Ort in meinem Inneren zurück, wo nichts war außer grauer Leere. Murtagh redete nun seinerseits auf MacRannoch ein, aber es klang in meinen Ohren nur noch wie sinnloses Geplapper.
    Es war das Gebrüll von Rindern, das mich aus meiner Starre weckte. Ich schaute auf und sah gerade noch, wie MacRannoch aus der Hütte stürzte. Als er die Tür öffnete, fegte kalte Winterluft herein. Die Tür schlug hinter ihm zu, und ich fragte Murtagh, was wir nun tun sollten.
    Sein Gesichtsausdruck machte mich stutzig. Das hatte ich noch
nie bei ihm gesehen: Er leuchtete geradezu vor unterdrückter Erregung.
    Ich packte ihn am Arm. »Was ist los? Schnell, sag es mir!«
    Er konnte nur noch antworten: »Die Rinder! Sie gehören MacRannoch!«, als die Tür wieder aufflog und MacRannoch einen schlaksigen jungen Mann hereinschubste.
    Beim letzten Stoß knallte der junge Mann mit dem Rücken an die Wand. Er zuckte angstvoll zurück.
    MacRannoch begann in einem liebreizenden, vernünftigen Ton. »Absalom, Mann, vor vier Stunden habe ich dich rausgeschickt, um vierzig Stück Vieh zurückzubringen. Ich habe dir gesagt, es ist wichtig, daß du sie findest, weil sich ein Schneesturm zusammenbraut.« Er wurde allmählich lauter. »Und als ich draußen das Brüllen gehört habe, da dachte ich: Ah, Absalom ist wieder da mit den Rindern, was für ein guter Junge, jetzt können wir alle nach Hause gehen und uns am Feuer wärmen, weil alle Tiere sicher im Stall sind.«
    Eine Faust hatte sich in Absaloms Jacke gekrallt.
    »Und ich gehe hinaus, um dir auf die Schulter zu klopfen, und fange an zu zählen. Und auf wie viele komme ich, Absalom, mein hübscher Junge?« Die Lautstärke hatte sich zu einem mächtigen Röhren gesteigert. Zwar besaß Marcus MacRannoch keine besonders tiefe Stimme, aber soviel Lungenkapazität wie drei.
    »Fünfzehn!« brüllte er und zog den bedauernswerten Absalom so hoch, daß er auf den Zehenspitzen stehen mußte. »Von vierzig Rindern findet er gerade mal fünfzehn! Und wo sind die anderen, he? Wo? Laufen draußen frei im Schnee herum und frieren sich zu Tode!«
    Murtagh hatte sich während dieser Szene schnell in eine dunkle Ecke verdrückt. Ich beobachtete ihn und sah, wie Belustigung in seinen Augen aufflackerte. Plötzlich ging mir ein Licht auf, und ich wußte, wo Rupert jetzt war, oder doch zumindest, was er tat. Und ich begann ein wenig Hoffnung zu schöpfen.
     
    Es war stockdunkel. Die Lichter des Gefängnisses unter uns leuchteten schwach durch den Schnee wie die Lampen eines gesunkenen Schiffes. Während ich mit meinen zwei Begleitern unter den Bäumen wartete, ging mir zum tausendsten Mal durch den Kopf, was alles schiefgehen könnte.

    Würde MacRannoch seinen Teil der Abmachung erfüllen? Es blieb ihm nichts anderes übrig, wenn er seine geschätzten Zuchtrinder zurückhaben wollte. Würde Sir Fletcher MacRannoch glauben und sofort eine Durchsuchung des Kerkers anordnen? Vermutlich ja, denn der Baronet war kein Mann, den man übergehen konnte.
    Ich hatte zugesehen, wie ein Rind nach dem anderen - fachkundig angetrieben von Rupert und seinen Männern - im Graben verschwunden war, der zu der verborgenen Hintertür führte. Würden sie die Tiere wirklich durch die Tür zwängen können? Und wenn ja, würden sie die halbwilden Rinder, die plötzlich in einem hell erleuchteten Steinkorridor gefangen waren, lang genug bändigen können? Vielleicht würde es klappen. Wenn sie bis dahin kämen, könnte der Plan gelingen. Randall würde trotz dieser Invasion kaum um Hilfe rufen - aus Angst, seine schmutzigen Spiele könnten ans Licht kommen.
    Sobald die Tiere dort eingeschleust waren, wo sie Chaos verbreiten sollten, würden sich ihre Begleiter aus dem Staub machen und wie der Teufel ins MacKenzie-Gebiet reiten. Randall spielte keine Rolle; was konnte er unter diesen Umständen allein schon ausrichten? Aber was, wenn der Lärm den Rest der Gefängnisgarnison zu früh auf den Plan rufen würde? Wenn Dougal schon nicht bereit gewesen war, seinen Neffen aus dem

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