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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Marcus den Arm unter Jamies Nacken und setzte ihm den Whiskybecher an die Lippen. Jamie stöhnte auf, als der Alkohol an die Wunde kam, aber er leerte den Becher, bevor er den Kopf wieder zurücklegte. Er schielte zu mir herüber; seine Augen waren vom Schmerz und von Whisky etwas verschleiert, aber dennoch war ein Funken Humor darin zu sehen. »Kühe?« fragte er. »Waren es wirklich Kühe, oder habe ich geträumt?«
    »Was anderes habe ich nicht zuwege gebracht in der kurzen Zeit«, sagte ich, zutiefst erleichtert, daß Jamie noch lebte und wieder bei Bewußtsein war. Ich legte ihm die Hand auf den Kopf und drehte ihn zur Seite, um einen Bluterguß auf dem Backenknochen zu untersuchen. »Sie haben dich übel zugerichtet. Wie fühlst du dich?« fragte ich aus schierer Gewohnheit.
    »Am Leben.« Er kämpfte sich auf einen Ellbogen hoch und nickte Sir Marcus zu, der ihm einen zweiten Becher Whisky anbot.
    »Meinst du wirklich, daß du so viel auf einmal trinken solltest?« fragte ich ihn und untersuchte seine Pupillen nach Anzeichen einer Gehirnerschütterung, aber er schloß die Augen und ließ den Kopf zurücksinken.

    »Ja«, sagte er und reichte Sir Marcus den leeren Becher.
    »Das reicht jetzt erst einmal, Marcus.« Lady Annabelle, die wie die Sonne im Osten wieder aufgetaucht war, gebot ihrem Gatten mit einem befehlenden Zirpen Einhalt. »Der Junge braucht jetzt starken heißen Tee und keinen Whisky.« Der Tee folgte ihr auf dem Fuß; eine Zofe, deren überlegene Miene nicht im mindesten dadurch beeinträchtigt wurde, daß sie noch im Nachthemd war, trug ein Tablett mit einer silbernen Kanne herein.
    »Heißen starken Tee mit viel Zucker«, sagte ich zustimmend.
    »Und einem kleinen Schuß Whisky«, fügte Sir Marcus hinzu. Als die Teekanne an ihm vorbeigetragen wurde, hob er blitzschnell den Deckel hoch und goß einen kräfigen Schwups hinein. Dankbar nahm Jamie den dampfenden Becher und prostete Sir Marcus stumm zu, bevor er die heiße Flüssigkeit vorsichtig an die Lippen führte. Seine Hand zitterte so sehr, daß ich meine darüber legte, um den Becher zu führen.
    Weitere Bedienstete brachten ein Feldbett, eine Matratze, Kissen und Decken, zusätzliches Verbandsmaterial, heißes Wasser und eine große Holzkiste, die sich als Hausapotheke erwies.
    »Ich dachte, wir behandeln ihn am besten hier vor dem Feuer«, zwitscherte Lady Annabelle. »Hier haben wir mehr Licht, und es ist bei weitem der wärmste Platz im Haus.«
    Ihrer Anweisung folgend, faßten zwei Diener die Enden der Decke, auf der Jamie lag, und hoben ihn auf das Feldbett, das vor dem Kamin aufgestellt war. Dort blies ein anderer Diener in die Glut, bis das Feuer hell aufloderte. Die Zofe, die den Tee serviert hatte, zündete die Kerzen in den Kandelabern an. Trotz ihrer vogelgleichen Erscheinung hatte Lady Annabelle offensichtlich die Seele eines Offiziers.
    »Je eher, desto besser, jetzt, wo er wach ist«, sagte ich.
    »Haben Sie ein schmales Brett von ungefähr einem halben Meter Länge, einen festen Gurt und vielleicht einige kurze, gerade Stöcke?« Einer der Diener verschwand augenblicklich, um meine Wünsche auszuführen.
    Über dem ganzen Haus schien ein Zauber zu liegen; vielleicht lag es nur an dem Gegensatz zwischen dem heulenden Wintersturm draußen und der verschwenderischen Wärme hier drinnen, oder einfach an der Erleichterung, daß Jamie in Sicherheit war.
    Schwere dunkle Möbel glänzten im Kerzenlicht, Silber leuchtete
auf der Anrichte, und eine Sammlung von edlem Glas und Porzellan zierte den Kaminsims - ein bizarrer Kontrast zu der zerschundenen Gestalt darunter.
    Niemand stellte Fragen. Wir waren Sir Marcus’ Gäste, und Lady Annabelle verhielt sich so, als wäre es etwas ganz Alltägliches, daß um Mitternacht Besuch kam und auf ihren Teppich blutete. Plötzlich kam mir zum ersten Mal der Gedanke, daß so etwas schon einmal geschehen sein könnte.
    »Sehr scheußlich«, sagte Sir Marcus. Er schaute sich die zerschmetterte Hand mit einer Sachkenntnis an, die er wohl auf dem Schlachtfeld erworben hatte. »Tut sicher höllisch weh. Aber es wird Sie nicht umbringen, nicht wahr?« Er richtete sich auf und wandte sich in vertraulichem Ton an mich.
    »Ich hatte es mir noch schlimmer vorgestellt, nach dem, was Sie erzählt haben. Außer den Rippen und der Hand sind keine Knochen gebrochen, und der Rest wird wieder heilen. Man könnte fast sagen, Sie haben Glück gehabt, Junge.«
    Die niedergestreckte Gestalt schnaubte kurz.
    »Ja,

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