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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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zog mich fort. »Er muß so schnell wie möglich ins Haus. Kommen Sie, Mädchen, Hector bringt ihn hin.«
    Im Salon von Eldridge Hall, dem großen Anwesen der MacRannochs, legte Hector die schwere Last auf den Teppich vor dem offenen Kamin. Er zog an einer Ecke der Decke, und zum Vorschein kam ein nackter Körper, der schlaff auf die rosagelben Blüten des Aubusson-Teppichs plumpste, Lady Annabelle MacRannochs ganzen Stolz.
    Lady Annabelle nahm bemerkenswerterweise keine Notiz davon, daß Blut in ihren teuren Teppich sickerte. Sie war ein vogelähnliches Wesen Anfang vierzig, angetan mit einem gelbseidenen Hausmantel, der dem Federkleid eines Goldfinken Konkurrenz machte. Sie gab ihrem Personal ein paar knappe Anweisungen, klatschte in die Hände, und noch bevor ich meinen Mantel ganz ausgezogen hatte, fand ich Decken, Leintücher, heißes Wasser und Whisky an meiner Seite.
    »Am besten legen wir ihn auf den Bauch«, riet Sir Marcus und goß reichlich Whisky in zwei Gläser. »Er ist ausgepeitscht worden -
da ist es sicher nicht angenehm für ihn, auf dem Rücken zu liegen. Sieht allerdings nicht so aus, als würde er etwas fühlen«, fügte er hinzu und schaute Jamies aschfahles Gesicht mit den fest verschlossenen bläulichen Augenlidern genau an. »Sind Sie sicher, daß er noch lebt?«
    »Ja«, antwortete ich kurz und hoffte, daß ich recht hatte. Mühsam drehte ich ihn um. Die Bewußtlosigkeit schien sein Gewicht verdreifacht zu haben. MacRannoch half mir, ihn auf eine Decke vor dem Feuer zu legen.
    Nachdem ich mich überzeugt hatte, daß sein Herz noch schlug, daß ihm keine Körperteile fehlten und auch keine unmittelbare Gefahr bestand, daß er verbluten würde, konnte ich jetzt ohne allzu große Hast eine Bestandsaufnahme seiner Verletzungen machen.
    »Ich kann nach einem Arzt schicken«, bot Lady Annabelle an und warf einen zweifelnden Blick auf die leichenhafte Gestalt auf ihrem Teppich, »aber er wird wohl frühestens in einer Stunde hier sein; es schneit ziemlich stark.« Das Zögern in ihrer Stimme war, wie mir schien, nur zum Teil auf den Schnee zurückzuführen. Ein Arzt wäre noch ein weiterer Zeuge dafür, daß sie einem geflohenen Verbrecher in ihrem Heim Unterschlupf gewährte.
    »Nicht nötig«, sagte ich abwesend. »Ich kümmere mich selbst darum.« Ohne die erstaunten Blicke der beiden MacRannochs zu beachten, kniete ich mich neben das, was von meinem Mann übrig war, deckte ihn warm zu und legte feuchtwarme Tücher auf seine Glieder. Vor allem mußte er jetzt wieder warm werden: mit den Wunden an seinem Rücken, aus denen immer noch Blut tropfte, konnte ich mich danach befassen.
    Lady Annabelle schwirrte davon, und man hörte sie in der Ferne mit ihrer hohen Goldfinkenstimme Anweisungen geben. Ihr Gatte ließ sich neben mir auf den Boden herab und machte sich daran, Jamies halb erfrorene Füße aufzutauen; behutsam rieb er sie zwischen seinen großen Händen und stärkte sich ab und zu mit einem Schluck Whisky.
    Ich schlug die Decken Stück für Stück zurück und untersuchte Jamies Verletzungen. Vom Nacken bis zu den Knien war er mit feinen, kreuzweisen Streifen überzogen, die vermutlich von einer Kutscherpeitsche stammten. Die Regelmäßigkeit der Striemen zeugte von einem wohlüberlegten, methodischen Vorgehen, das mich vor Wut krank machte.

    Etwas Schwereres, vielleicht ein Rohrstock, hatte an den Schultern so tiefe Einschnitte hinterlassen, daß an einem Schulterblatt ein Stück Knochen sichtbar war. Die schlimmsten Wunden deckte ich mit Scharpie ab und untersuchte ihn weiter. Die Stelle an der linken Seite, wo ihn der Holzhammer getroffen hatte, war eine häßliche, schwarzlila Quetschwunde, größer als die Hand von Sir Marcus. Keine Frage, daß einige Rippen gebrochen waren, aber die konnten auch noch warten. Mein Blick fiel auf ein paar feuerrote Male an Brust und Hals, wo die Haut runzelig und voller Blasen war. Die Ränder waren teilweise verkohlt und wiesen Aschespuren auf.
    »Wie, zum Teufel, ist das geschehen?« Sir Marcus hatte seine Fußbehandlung beendet und schaute mir voller Interesse über die Schulter.
    »Ein glühender Schürhaken.« Die Stimme war schwach und undeutlich; es dauerte einen Augenblick, bis ich begriff, daß es Jamie war, der geantwortet hatte. Er hob mühsam den Kopf, und man sah, warum er Schwierigkeiten hatte zu sprechen: Die Unterlippe war zerbissen und so geschwollen, als hätte ihn eine Biene gestochen.
    Mit beachtlicher Geistesgegenwart legte Sir

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