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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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wölbte.
    Auf dem Weg zu meinem Zimmer hatte ich einen kurzen Umweg über Bruder Ambrosius’ Vorratskammer gemacht. Ich öffnete die kleinen Kräuterpäckchen und streute den Inhalt ins offene Feuer. Die Myrrhe verbreitete duftenden Rauch, und der Kampfer brannte mit winzigen blauen Zungen in der Holzkohlenglut.
    Ich stellte die Kerze hinter die reflektierende Wasseroberfläche und setzte mich davor, um einen Geist zu rufen.
     
    Der Steinkorridor war kalt und von den Öllampen, die in regelmäßigen Abständen von der Decke hingen, nur spärlich erleuchtet. Mein Schatten wuchs unter meinen Füßen nach vorne, wenn ich unter einer Lampe durchging, bis er mit der Dunkelheit vor mir verschmolz.
    Trotz der Kälte war ich barfuß und trug nur ein weißes Nachthemd aus grobem Leinen. Darunter war noch etwas Wärme gesammelt, aber die Kälte kroch mir vom Steinboden die Beine hinauf.
    Ich klopfte einmal leise und öffnete die schwere Tür, ohne auf eine Antwort zu warten.
    Bruder Roger saß bei ihm und betete den Rosenkranz. Er blickte auf, beendete aber erst noch leise das Ave Maria, bevor er mich begrüßte.
    Er kam mir entgegen und sprach flüsternd, obwohl deutlich
war, daß es die bewegungslose Gestalt auf dem Bett auch nicht gestört hätte, wenn er geschrien hätte.
    »Keine Veränderung. Ich habe gerade das Wasser für die Hand erneuert.«
    Ich nickte und legte ihm dankend die Hand auf den Arm. Er fühlte sich nach meiner Seance erstaunlich fest und warm und irgendwie tröstlich an.
    »Ich würde gerne mit ihm allein sein, wenn es Ihnen recht ist.«
    »Natürlich. Ich gehe zur Kapelle. Oder sollte ich in der Nähe bleiben, falls…«
    »Nein.« Ich versuchte beruhigend zu lächeln. »Gehen Sie nur zur Kapelle, oder vielleicht besser noch ins Bett. Ich kann nicht schlafen; ich bleibe bis morgen früh hier. Falls ich Hilfe brauche, schicke ich nach Ihnen.«
    Zweifelnd schaute er aufs Bett. Aber es war sehr spät, und er war müde; unter den freundlichen braunen Augen lagen Schatten.
    Die schwere Tür quietschte in den Angeln, und ich war allein mit Jamie, allein, voller Angst und voller Zweifel, ob das, was ich vorhatte, richtig war.
    Ich stand am Fußende und betrachtete ihn eine Weile. Das Zimmer wurde von der Glut und zwei fast meterhohen Kerzen nur schwach erleuchtet. Er war nackt, und das düstere Licht betonte die Höhlungen seines vom Fieber ausgezehrten Körpers. Der Bluterguß über den Rippen schillerte in allen Farben
    Die Haut eines Sterbenden verfärbt sich grünlich. Es beginnt am Kiefer und breitet sich dann allmählich über das ganze Gesicht aus, über die Brust und weiter nach unten, je mehr die Lebenskraft erlischt. Ich hatte es oft gesehen. Seltener hatte ich erlebt, wie dieser tödliche Prozeß aufgehalten und umgekehrt wurde, hatte gesehen, wie die Haut plötzlich wieder rosig wurde und der Mann ins Leben zurückkehrte. Aber meistens… Ich schüttelte mich heftig und wandte mich ab.
    Ich legte die Gegenstände auf den Tisch, die ich heimlich aus Bruder Ambrosius’ Arbeitszimmer geholt hatte. Ein Fläschchen Ammoniakgeist. Getrockneten Lavendel und Baldrian. Ein kleines Metallgefäß in Form einer offenen Blüte zum Verbrennen von Räucherwerk. Zwei süß duftende, klebrige Opiumkugeln. Und ein Messer.
    Im Zimmer war es stickig. Das einzige Fenster war mit einem
schweren Teppich verhängt, der das Martyrium des heiligen Sebastian darstellte. Ich betrachtete das zum Himmel erhobene Gesicht und den von Pfeilen durchbohrten Körper und wunderte mich über den Geisteszustand der Person, die gerade diese Dekoration für ein Krankenzimmer gewählt hatte.
    Der Wandteppich war aus schwerer Seide und Wolle und ließ kaum Luft herein. Ich hob eine Ecke hoch und wedelte den Rauch nach draußen. Die kaltfeuchte Luft, die hereinströmte, war erfrischend und milderte das Pochen in meinen Schläfen, das eingesetzt hatte, als ich auf den Wasserspiegel gestarrt und mich erinnert hatte.
    Hinter mir hörte ich ein schwaches Stöhnen; Jamie regte sich in der Zugluft. Er war also nicht tief bewußtlos.
    Ich ließ den Teppich zurückgleiten, nahm das Metallgefäß, steckte eine Opiumkugel auf den Dorn und zündete sie an. Das Gefäß stellte ich auf den Nachttisch neben Jamies Kopf und achtete darauf, nicht selbst die üblen Dämpfe einzuatmen.
    Viel Zeit hatte ich nicht. Meine Vorbereitungen mußten abgeschlossen sein, bevor ihm der Opiumrauch so zusetzte, daß er gar nicht mehr reagieren würde.
    Ich öffnete

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