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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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mein Nachthemd und rieb mich eilig mit Lavendel und Baldrian ein. Es war ein angenehmer, würziger Geruch, der Gefühle und Erinnerungen wachrief. Ein Duft, der den Schatten des Mannes heraufbeschwor, der dieses Parfüm trug, und den Schatten des Mannes hinter ihm; Schatten, die verwirrende Bilder eines gegenwärtigen Schreckens und verlorener Liebe aufsteigen ließen. Ein Geruch, der Jamie an die Stunden der Erniedrigung und der Wut erinnern würde. Ich zerrieb den Rest heftig zwischen meinen Händen und ließ die duftenden Krümel auf den Boden fallen.
    Ich holte tief Luft, um mir Mut zu machen, und nahm das Ammoniakfläschchen in die Hand. Ich blickte auf das ausgemergelte Gesicht herunter. Länger als einen Tag würde er nicht mehr leben, vielleicht nur noch einige Stunden.
    »Also gut, du verdammter schottischer Dickschädel«, sagte ich leise. »Dann wollen wir mal sehen, wie störrisch du wirklich bist.« Ich hob die tropfnasse Hand aus dem Wasser und stellte die Schüssel weg.
    Ich öffnete die Flasche und hielt sie ihm dicht unter die Nase. Er schnaubte und versuchte den Kopf wegzudrehen, öffnete aber nicht
die Augen. Ich packte ihn bei den Haaren und hielt ihm das Fläschchen wieder unter die Nase. Er schüttelte den Kopf hin und her wie ein Ochse, den man geweckt hat, und öffnete die Augen einen Spalt.
    »Wir sind noch nicht fertig, Fraser«, flüsterte ich ihm ins Ohr und bemühte mich, Randalls Sprechweise so gut wie möglich nachzuahmen.
    Jamie stöhnte auf und zog die Schultern hoch. Ich packte ihn und schüttelte ihn grob. Seine Haut war so heiß, daß ich ihn fast losließ.
    »Wach auf, du schottischer Bastard! Ich bin noch nicht fertig mit dir!« In einem jammervollen Akt des Gehorsams, der mir fast das Herz brach, kämpfte er sich auf die Ellbogen. Er schüttelte den Kopf immer noch hin und her, und die rissigen Lippen murmelten immer wieder etwas, was so klang wie »Bitte noch nicht«.
    Seine Kräfte versagten, und er rollte zur Seite und blieb mit dem Gesicht auf dem Kissen liegen. Allmählich füllte sich das Zimmer mit Opiumrauch, und ich fühlte milde Benommenheit.
    Ich biß die Zähne zusammen und stieß ihm eine Hand zwischen die Gesäßbacken. Er schrie auf, ein hoher, heiserer Ton, und rollte sich seitwärts zu einem Ball zusammen, die Hände zwischen die Beine gepreßt.
    Eine Stunde hatte ich über dem reflektierenden Wasserspiegel verbracht und Erinnerungen heraufbeschworen, Erinnerungen an Black Jack Randall und an Frank, seinen sechsfachen Urenkel. Zwei grundverschiedene Männer, die sich äußerlich so erstaunlich ähnlich waren.
    Es zerriß mich, an Frank zu denken, sein Gesicht vor mir zu sehen, seine Stimme zu hören, daran zu denken, wie er sich bewegte, wie er liebte. Ich hatte versucht, ihn zu vergessen, nachdem ich im Steinkreis die Entscheidung getroffen hatte, aber er war immer da, eine Schattengestalt, die in den Winkeln meiner Seele lebte. Ich fühlte mich elend, daß ich ihn betrogen hatte, aber in meiner Not hatte ich mich gezwungen - so, wie Geillis es mir gezeigt hatte -, mich auf die Kerzenflamme zu konzentrieren und den Kräuterduft einzuatmen, bis ich ihn aus den Schatten hervortreten lassen konnte, bis ich sein Gesicht sehen und die Berührung seiner Hand spüren konnte, ohne zu weinen.
    Im Schatten hatte ein zweiter Mann gestanden, mit den gleichen Händen, dem gleichen Gesicht. Ich hatte auch ihn vortreten lassen, hörte, beobachtete, sah die Ähnlichkeit und die Unterschiede und
schuf - was? Ein Schattenbild, eine Person, eine Maske. Ein umschattetes Gesicht, eine flüsternde Stimme und eine liebevolle Berührung, mit denen ich einen Mann im Delirium täuschen konnte. Und ich verließ mein Zimmer mit einem Gebet für die Hexe Geillis Duncan. Jamie lag jetzt auf dem Rücken und wand sich leise stöhnend. Sein Blick war starr, ohne ein Zeichen des Erkennens.
    Ich streichelte ihn, zeichnete mit dem Finger die Linie seiner Rippen vom Brustbein zum Rücken nach, so wie Frank das getan hätte, und drückte fest auf den schmerzenden Bluterguß, wie es der andere Randall sicherlich getan hätte. Mit der Zunge fuhr ich langsam um sein Ohr, spielte mit dem Ohrläppchen und flüsterte: »Wehr dich, wehr dich, du dreckiger Wicht!«
    Seine Muskeln spannten sich, und er biß die Zähne zusammen, aber er starrte weiter ins Leere. Es ging also nicht anders, ich mußte das Messer benutzen. Ich wußte, welches Risiko ich damit einging, aber besser, ich brachte ihn selbst um, als

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