Feuer Und Stein
würde.
»Nein! Das dürfen Sie nicht, sonst verletzen Sie sich wieder.«
Seine Gesichtszüge waren nicht deutlich zu erkennen, aber ich sah, wie seine Zähne im Mondlicht aufleuchteten - er grinste.
»Wenn du nicht willst, daß ich mir weh tue, dann wirst du wohl freiwillig mitkommen müssen.« Ich suchte nach Worten, fand aber keine. Wieder nahm er meinen Arm, und wir liefen auf die Straße zu.
Die anderen Männer warteten, nicht allzuweit entfernt, mit den Pferden; anscheinend hatte es keine Verluste gegeben, denn sie waren vollzählig. Ich stieg ungeschickt aufs Pferd und plumpste erneut in den Sattel. Dabei stieß ich aus Versehen mit dem Kopf gegen Jamies verletzte Schulter, und er zog den Atem zischend durch die Zähne ein.
Ich versuchte, meinen Groll über die erneute Gefangennahme und mein Bedauern, daß ich ihm weh getan hatte, mit einer strengen Ermahnung zu überspielen.
»Das geschieht Ihnen recht. Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen die Schulter nicht bewegen; und jetzt haben Sie wahrscheinlich nicht nur blaue Flecke, sondern auch zerrissene Muskeln.«
Meine Standpauke schien Jamie zu erheitern. »Ich hatte keine andere Wahl. Wenn ich meine Schulter nicht bewegt hätte, hätte ich bald überhaupt nichts mehr bewegen können. Mit einem Rotrock werde ich zwar einhändig fertig, vielleicht sogar mit zweien«, sagte er ein bißchen prahlerisch, »aber nicht mit dreien. Außerdem«, fuhr er fort und zog mich an sein blutverkrustetes Hemd, »kannst du’s wieder richten, wenn wir da sind, wo wir hinwollen.«
»Das meinen Sie«, erwiderte ich frostig und entwand mich dem Kontakt mit dem klebrigen Stoff. Jamie schnalzte seinem Pferd mit der Zunge zu, und wir brachen auf. Die Männer waren nach dem Kampf bester Laune; sie lachten und scherzten. Mein kleiner Beitrag
zur Vereitelung des Hinterhalts wurde hoch gelobt, und die Männer tranken mehrmals auf mein Wohl.
Sie boten auch mir ihre Feldflaschen an, aber ich lehnte zunächst ab, weil ich es schon nüchtern schwierig genug fand, im Sattel zu bleiben. Dem allgemeinen Gespräch entnahm ich, daß es sich um eine Patrouille von zehn mit Musketen und Säbeln bewaffneten englischen Soldaten gehandelt hatte.
Jemand reichte Jamie seine Feldflasche, und als er trank, roch ich den scharfen Branntwein. Ich war nicht durstig, aber der schwache Duft nach Honig erinnerte mich daran, daß ich Hunger hatte, und das schon seit geraumer Zeit. Mein Magen protestierte gegen diese Vernachlässigung und knurrte peinlich laut.
Rupert verkannte die Lärmquelle. »He, Jamie!« rief er. »Bist du hungrig? Oder hast du einen Dudelsack bei dir?«
Jamie nahm ritterlich die Schuld auf sich. »Hungrig genug, um einen Dudelsack zu essen!« rief er zurück. Einen Moment später schwebte seine Hand mit der Feldflasche vor meinem Gesicht.
»Trink einen Schluck«, flüsterte er. »Das füllt dir zwar nicht den Bauch, aber du vergißt deinen Hunger.«
Und ein paar andere Dinge, hoffte ich. Ich setzte die Feldflasche an die Lippen und trank.
Mein Gefährte hatte recht; der Whisky zündete ein kleines, warmes Feuer an, das behaglich in meinem Magen brannte und den quälenden Hunger linderte. Wir brachten mehrere Kilometer ohne Zwischenfälle hinter uns, wechselten uns damit ab, die Zügel zu führen und Whisky zu trinken. Doch in der Nähe einer verfallenen Kate begann Jamies Atem zu rasseln. Unser ohnehin recht mühsam aufrechterhaltenes Gleichgewicht geriet nun ernsthaft in Gefahr. Das verwirrte mich; wenn ich schon nicht betrunken war, schien es unwahrscheinlich, daß er einen Rausch hatte.
»Halt! Hilfe!« schrie ich. »Er fällt gleich!«
Dunkle Gestalten scharten sich um uns; Stimmengemurmel ertönte. Jamie rutschte mit dem Kopf voran wie ein Mehlsack aus dem Sattel und wurde zum Glück aufgefangen. Die anderen Männer waren abgesessen und hatten ihn, als ich zu Boden kletterte, bereits auf einen Acker gebettet.
»Atmen tut er«, sagte einer.
»Das hilft uns jetzt aber weiter«, fauchte ich und tastete im
Dunkeln hektisch nach Jamies Puls. Schließlich fand ich ihn - beschleunigt, aber recht kräftig. Ich legte Jamie die Hand auf die Brust und hielt das Ohr an seinen Mund. Er atmete jetzt regelmäßiger, keuchte nicht mehr so stark. Ich richtete mich auf.
»Ich glaube, er ist nur ohnmächtig geworden«, sagte ich. »Legen Sie ihm eine Satteltasche unter die Beine und bringen Sie mir Wasser, wenn welches da ist.« Ich stellte mit Überraschung fest, daß meinen Befehlen
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