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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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noch einen Ton von sich gab.
    Er lächelte mit einer Andeutung von Koketterie. »Keine Bange, Mädel. Mir ist schon übler mitgespielt worden, und das von weit weniger hübschen Leuten.« Er beugte sich vor, damit ich die Wunde mit dem Knoblauchsud auswaschen konnte, und die Bettdecke glitt von seiner Schulter.
    Ich sah sofort, daß seine Bemerkung, ob sie nun als Kompliment gemeint war oder nicht, der Wahrheit entsprach; man hatte ihm wirklich schon viel übler mitgespielt. Über den oberen Teil seines Rückens zogen sich kreuz und quer verblaßte weiße Linien. Er war grausam ausgepeitscht worden, und das öfter als einmal. Wo sich die Striemen kreuzten, sah man silbriges Narbengewebe, und wo
mehrere Hiebe dieselbe Stelle getroffen, Haut weggerissen und den Muskel darunter freigelegt hatten, waren ungleichmäßige Flecke.
    Im Lazarett war ich natürlich mit allen möglichen Verletzungen konfrontiert worden, aber diese Narben wirkten schockierend brutal. Ich mußte nach Luft geschnappt haben, denn Jamie wandte den Kopf und ertappte mich dabei, wie ich seinen Rücken anstarrte. Er zog die gesunde Schulter hoch.
    »Das waren die Rotröcke. Haben mich zweimal innerhalb einer Woche ausgepeitscht, und sie hätten es wohl auch zweimal am selben Tag getan, wenn sie nicht befürchtet hätten, mich damit umzubringen. Macht keinen Spaß, eine Leiche auszupeitschen.«
    Ich versuchte, mit ruhiger Stimme zu sprechen, während ich die Wunde auswusch. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß das jemandem Spaß macht.«
    »Nein? Dann hättest du ihn mal sehen sollen.«
    »Wen?«
    »Den Hauptmann, der mir die Haut vom Rücken gefetzt hat. Und wenn es ihm schon keinen Spaß gemacht hat, so war er doch sehr zufrieden mit sich. Mehr als ich«, fügte Jamie ironisch hinzu. »Randall hieß er.«
    »Randall!« Ich konnte das Entsetzen nicht aus meiner Stimme verbannen. Kalte blaue Augen fixierten mich.
    »Du kennst ihn?« Jamie hörte sich plötzlich mißtrauisch an.
    »Nein, nein. Ich habe eine Familie dieses Namens gekannt, aber das ist, äh, lange her.« In meiner Nervosität ließ ich den Waschlappen fallen.
    »Verflixt, den muß ich jetzt wieder auskochen.« Ich hob den Lappen auf und eilte zum Kamin, versuchte, meine Verwirrung durch Geschäftigkeit zu vertuschen. Konnte dieser Hauptmann Randall tatsächlich Franks Vorfahr sein, jener ruhmreiche Soldat, der sich so tapfer geschlagen hatte und von Herzögen belobigt worden war? Und falls ja, konnte jemand, der mit meinem freundlichen, sanften Frank verwandt war, einem jungen Mann so schreckliche Wunden schlagen?
    Ich machte mich am Feuer zu schaffen, warf noch eine Handvoll Knoblauch und Zaubernuß in den Topf, weichte noch mehr Lappen ein. Als ich glaubte, meine Stimme und meinen Gesichtsausdruck wieder unter Kontrolle zu haben, kehrte ich zu Jamie zurück, einen sauberen Lappen in der Hand.

    »Warum bist du ausgepeitscht worden?« fragte ich. Da er mich ständig duzte, sah ich nicht ein, wieso ich beim »Sie« bleiben sollte.
    Meine Frage war nicht eben taktvoll, aber ich wollte es unbedingt wissen und war zu müde, es zurückhaltender zu formulieren.
    Er seufzte und bewegte seine Schulter unbehaglich unter meiner Hand. Auch er war müde, und ich tat ihm zweifellos weh, sosehr ich versuchte, behutsam zu sein.
    »Das erste Mal wegen Fluchtversuch, und das zweite Mal wegen Diebstahl - zumindest stand das auf dem Anklageblatt.«
    »Wovor bist du geflohen?«
    Er zog ironisch die Augenbrauen hoch. »Vor den Engländern«, sagte er. »Und falls du wissen willst, von wo - von Fort William.«
    »Ich habe mir schon gedacht, daß es die Engländer waren«, sagte ich in ebenso trockenem Ton wie er. »Und weshalb warst du in Fort William?«
    Er rieb sich mit der freien Hand über die Stirn. »Ich glaube, wegen Obstruktion.«
    »Obstruktion, Flucht und Diebstahl. Das klingt, als wärst du ein gefährlicher Bursche«, sagte ich beiläufig und hoffte, Jamie von dem, was ich tat, ablenken zu können.
    Es klappte, zumindest ein bißchen; der eine Winkel seines großen Mundes hob sich, und ein dunkelblaues Auge blitzte mich über die Schulter hinweg an.
    »Oh, ich bin gefährlich«, sagte Jamie. »Ein Wunder, daß du als Engländerin keine Angst vor mir hast.«
    »Im Moment siehst du recht harmlos aus.« Was ganz und gar nicht stimmte; wie er da so dasaß, narbenübersät und blutverschmiert, mit unrasierten Wangen und geröteten Lidern, wirkte er durch und durch verrufen. Er mochte zwar müde sein,

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