Feuer Und Stein
sich selber sorgen. Er weiß, wo es was zu essen gibt, und irgend jemand wird ihm schon ein Bett zuweisen.«
»Aber er ist verletzt. Er hat sich gestern eine Schuß- und eine Stichwunde zugezogen. Ich habe sie verbunden, damit er reiten konnte. Aber ich hatte keine Zeit, sie richtig zu versorgen. Ich muß mich jetzt darum kümmern, damit es zu keiner Infektion kommt.«
»Infektion?«
»Ja, also, ich meine eine Entzündung - Eiter und Fieber, verstehen Sie?«
»Aye. Aber soll das bedeuten, daß Sie wissen, was dagegen zu tun ist? Sind Sie eine Zauberin? Eine Beaton?«
»So etwas Ähnliches.« Ich hatte keine Ahnung, was eine Beaton sein sollte, und auch keine Lust, im kalten Sprühregen herumzustehen
und meine medizinischen Qualifikationen darzulegen. Mistress FitzGibbons schien es nicht viel anders zu gehen, denn sie rief Jamie zurück, der sich bereits in die entgegengesetzte Richtung aufgemacht hatte, faßte auch seinen Arm und zog uns beide in die Burg.
Geraume Zeit marschierten wir durch kalte, schmale, matt erhellte Flure, bis wir in einen ziemlich großen Raum kamen, der mit einem Bett und ein paar Hockern ausgestattet war - und einem Kamin, in dem ein Feuer brannte.
Ich vernachlässigte meinen Patienten eine Weile, um mich aufzuwärmen. Mistress FitzGibbons, der die Kälte vermutlich nichts ausmachte, setzte Jamie auf einen Hocker beim Kamin, entfernte behutsam die Reste seines zerrissenen Hemdes und wickelte ihn in eine mollige Decke. Sie schnalzte mit der Zunge, als sie die verfärbte und geschwollene Schulter sah, und fingerte an meinem Notverband herum.
Ich wandte mich vom Feuer ab. »Der muß weg, und dann muß die Wunde mit einer Lösung gereinigt werden, damit keine … kein Fieber auftritt.«
Mistress FitzGibbons hätte eine bewundernswerte Krankenschwester abgegeben. »Was brauchen Sie?« fragte sie schlicht.
Ich dachte angestrengt nach. Womit, in Gottes Namen, hatten die Menschen Infektionen verhindert, bevor es Antibiotika gab? Und welches dieser begrenzt wirksamen Mittel würde mir auf einer primitiven schottischen Burg zur Verfügung stehen?
»Knoblauch!« sagte ich triumphierend. »Knoblauch und Zaubernuß, wenn Sie welche haben. Außerdem brauche ich ein paar saubere Lappen und einen Kessel, um Wasser abzukochen.«
»Ich glaube, das können wir besorgen; vielleicht auch ein wenig Schwarzwurz. Wie wär’s mit Wasserdost- oder Kamillentee? Der Junge sieht so aus, als hätte er eine lange Nacht hinter sich.«
Tatsächlich schwankte Jamie vor Erschöpfung. Er war zu müde, um dagegen zu protestieren, daß wir von ihm sprachen, als wäre er ein seelenloser Gegenstand.
Mrs. FitzGibbons war bald mit einer Schürze voll Knoblauchknollen, Kräutersäckchen und Leinenstreifen zurück. Über ihrem fleischigen Arm hing ein kleiner schwarzer Kessel aus Eisen, und sie hielt eine große Korbflasche mit Wasser in der Hand, als wäre sie federleicht.
»Was soll ich jetzt tun?« fragte sie heiter. Ich ließ sie Wasser aufsetzen
und Knoblauchzehen schälen, während ich die Kräutersäckchen inspizierte. Da war die Zaubernuß, um die ich gebeten hatte, auch Schwarzwurz und Wasserdost und noch etwas, was ich für Kirschbaumrinde hielt.
»Ein schmerzstillendes Mittel«, murmelte ich glücklich und erinnerte mich an Mr. Crooks Ausführungen zu den Borken und Kräutern, die wir gefunden hatten. Gut, das konnten wir brauchen.
Ich warf mehrere geschälte Knoblauchzehen ins kochende Wasser, dazu Zaubernuß, und fügte dann die Leinenstreifen hinzu. Wasserdost, Schwarzwurz und Kirschbaumrinde zogen unterdessen in einem kleinen Topf mit heißem Wasser beim Feuer. Die Vorbereitungen hatten mich ein bißchen beruhigt. Wenn ich schon nicht genau wußte, wo ich war und warum, so wußte ich zumindest, was ich in der nächsten Viertelstunde zu tun hatte.
»Danke, Mrs. FitzGibbons«, sagte ich respektvoll. »Wenn Sie anderweitig zu tun haben - ich komme jetzt alleine zurecht.« Die kolossale Dame lachte.
»Ach, Mädel! Freilich hab ich anderweitig zu tun! Ich lasse Ihnen ein wenig Brühe bringen. Sagen Sie Bescheid, wenn Sie noch etwas brauchen.« Sie watschelte überraschend schnell zur Tür und verschwand.
Ich entfernte den Verband so vorsichtig, wie ich nur konnte. Trotzdem kam beim Ablösen der Kunstseide, die an die Wunde hingetrocknet war, etwas Schorf mit. Frische Blutstropfen quollen hervor, und ich entschuldigte mich bei Jamie dafür, daß ich ihm weh getan hatte, obwohl er sich weder bewegte
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