Feuer Und Stein
Jamie sich der Spitze der Reihe näherte.
Dougal war, nachdem er seinen Schwur getan hatte, hinter Colum getreten. Er sah Jamie früher als sein Bruder, der mit einem anderen Mann beschäftigt war, und fuhr überrascht zusammen. Dann trat er näher an Colum heran und murmelte etwas. Colum hielt den Blick weiterhin auf den Mann vor sich gerichtet, doch er erstarrte ein wenig. Auch er war überrascht - und nicht unbedingt erfreut.
Die Erregung im Saal hatte sich im Verlauf des Abends gesteigert. Wenn Jamie jetzt den Eid verweigerte, dachte ich, könnte er von den überreizten Clanmitgliedern in Stücke gerissen werden. Ich hatte Schuldgefühle, weil ich ihn in diese prekäre Lage gebracht hatte.
Er schien gefaßt. Es war heiß im Saal, aber er schwitzte nicht. Er wartete geduldig, und man sah ihm nicht an, ob er sich der hundert bis an die Zähne bewaffneten Männer bewußt war, die ihn umgaben und an jeder Beleidigung Anstoß nehmen würden. Je suis prest , in der Tat. Oder hatte Jamie beschlossen, sich an Alecs Rat zu halten?
Als er an die Reihe kam, gruben sich meine Fingernägel tief in meine Handflächen.
Jamie beugte elegant das Knie vor Colum und verneigte sich. Doch statt seinen Dolch für den Eid zu zücken, erhob er sich wieder und schaute Colum ins Gesicht. Aufgerichtet war er größer als die meisten Männer im Raum, und er überragte Colum auf seinem Podium um mehrere Zentimeter. Ich blickte flüchtig auf Laoghaire. Sie war blaß geworden, und ich sah, daß sie die Fäuste geballt hatte.
Alle Augen ruhten nun auf Jamie, doch er sprach, als richte er das Wort einzig an Colum. Seine Stimme war so tief wie die des MacKenzies, und jedes Wort war deutlich zu hören.
»Colum MacKenzie, ich komme zu Euch als Verwandter und Bundesgenosse. Ich lege kein Gelöbnis ab, denn ich habe meinen Treueid auf den Namen geschworen, den ich trage.« Die Menge murrte leise und unheilverkündend. Jamie ignorierte es und fuhr fort: »Aber ich verspreche Euch alles, was ich sonst habe: meine Hilfe und meinen guten Willen, wann immer Ihr sie braucht. Ich sage Euch meinen Gehorsam als Verwandtem und Burgherrn zu,
und Euer Wort sei mir Befehl, solange ich meinen Fuß auf das Land des MacKenzie-Clans setze.«
Jamie verstummte; groß und aufrecht stand er da, seine Hände hingen locker herunter. Jetzt ist der Ball in Colums Hälfte, dachte ich. Ein Wort von ihm, ein Zeichen, und am nächsten Morgen würde man das Blut des jungen Mannes vom Steinboden aufwischen.
Colum blieb einen Moment reglos; dann lächelte er und streckte die Arme aus. Nach kurzem Zögern legte Jamie seine Hände in die von Colum.
»Dein Versprechen der Freundschaft und des guten Willens ehrt uns«, sagte Colum. »Wir wissen deinen Gehorsam zu schätzen und vertrauen dir als Bundesgenossen des MacKenzie-Clans.«
Die Spannung im Saal ließ nach, und auf der Empore gab es einen fast hörbaren Seufzer der Erleichterung, als Colum aus dem Becher trank und ihn Jamie reichte. Der junge Mann nahm ihn lächelnd entgegen. Er hob das fast volle Gefäß behutsam an die Lippen und trank. Und trank. Von den Zuschauern kam ein Laut, der teils von Respekt und teils von Erheiterung kündete, während sich die mächtigen Muskeln an Jamies Hals bewegten. Er muß doch bald atmen, dachte ich, aber nein. Jamie leerte den Becher bis zum letzten Tropfen, setzte ihn, nach Luft schnappend, ab und gab ihn Colum wieder.
»Und mir ist es eine Ehre«, sagte Jamie, ein wenig heiser, »mit einem Clan im Bunde zu sein, der, was Whisky betrifft, einen so guten Geschmack hat.«
Daraufhin brach ein Tumult aus, und Jamie schritt zum Ausgang zurück, des öfteren aufgehalten von Leuten, die ihm die Hand schüttelten oder ihm auf die Schulter klopften. Anscheinend war Colum MacKenzie nicht das einzige Showtalent der Familie.
Auf der Empore herrschte drückende Hitze, und ich bekam Kopfschmerzen von dem aufsteigenden Rauch, ehe die Eidesleistung schließlich mit einigen bewegenden Worten von Colum zu Ende ging. Unbeeinträchtigt von all dem Whisky hallte die kräftige Stimme durch den Saal. Wenigstens werden Colum trotz des langen Stehens heute abend die Beine nicht weh tun, dachte ich.
Unten ertönte Dudelsackmusik, und dann löste sich die feierliche Szene in wildem Gebrüll auf. Mit einem gewaltigen Schrei wurden die Bier- und Whiskyfässer begrüßt, die nun hereingerollt wurden, begleitet von Platten mit dampfenden Hafermehlkuchen,
Schafsmagen und Braten. Mrs. FitzGibbons, die diesen
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