Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
fragend. Die will schon hilflos die Schultern heben, überlegt es sich dann jedoch anders. »Einen Ginger–Ale, bitte.«
Die Frau lächelt ungerührt, also kann es nicht zu falsch gewesen sein.
»Mr. Norton. Einen Kaffee?«
Der nickt. »Ja.«
»Andrew«, wispert Josie, sobald die Tante verschwunden ist.
»Ja?« Er wispert nicht.
»Ich glaube, ich bleibe einfach hier sitzen ...«
»Warum?«, erkundigt er sich stirnrunzelnd.
Sie seufzt. Natürlich wird er das wieder nicht verstehen. Einen Versuch ist es trotzdem wert, anders wird sie sich wohl auch kaum aus der neuesten Mausefalle befreien können. »Ich denke nicht, dass ich ordentlich genug bin, für ... Mr. Dearinger.«
Mit einem leisen Lachen zieht er sie ein wenig an sich. »Du bist perfekt. Und selbst wenn du mit rosa Haaren und Lederkluft hier wärst, in meiner Begleitung wäre es nicht von Bedeutung.«
Das wagt sie ernsthaft zu bezweifeln, trotzdem gelingt es ihr, sich etwas zu entspannen.
Kurz darauf erscheint die Andrew ignorierende Frau erneut, serviert die Getränke und verschwindet. Vor lauter Verzweiflung und Nervosität nippt Josie an ihrem Ginger–Ale. Noch nie hat sie sich in einer derart einschüchternden Umgebung aufgehalten. Hier riecht es nicht nach Geld, es stinkt danach! Ihr makelloser Couchnachbar hat offensichtlich keine Probleme. Gedankenverloren leert er seine Kaffeetasse, blickt auf die Uhr und knurrt: »Dearinger!«
»Was ist?«
»Er verspätet sich! Ich hasse das!«
»Oh!«
Lächelnd sieht er zu ihr hinab. »Ich will so viel Zeit wie möglich mit dir verbringen. Und jede Minute, die dieser Kretin uns warten lässt, kostet mich genau sechzig Sekunden davon ...«
Hastig senkt Josie den Kopf, damit er ihre idiotische Grimasse wenigstens diesmal nicht zu Gesicht bekommt.
Eine Viertelstunde später erscheint ein Mann um die fünfzig, den andere Frauen wohl relativ attraktiv einschätzen würden. Er ist einer dieser Typen, die erst anziehend wirken, wenn die Schläfen ergraut sind. Groß, schlank, doch nicht dürr. Sein Anzug sitzt genauso perfekt, wie die professionelle Mimik. Eine fantastische Fassade, um das Schwein darunter zu verbergen, wie sie neidlos zugibt.
»Mr. Norton!« Er tritt zu ihnen und schüttelt Andrew die Hand. »Bitte entschuldigen Sie die Verspätung. Ich wurde aufgehalten.« Dann nimmt er Josie wahr und sein Lächeln wird breiter. »Willkommen, Miss ...?«
Bevor sie antworten muss, hat ihr immer perfekter Boss das bereits übernommen. Er ist kaum zu verstehen. »Miss Kent.«
Vorsichtig mustert sie Andrew und findet blitzende, drohend aufgerissene Augen. Als Nächstes blickt das Mädchen zu Dearinger. Dessen ausufernde Grimasse hat sich schlagartig wieder zu dem dezenten, leicht verzogenen Lächeln geschmälert und sein Ausdruck wirkt wachsam. »Es freut mich, Sie kennenzulernen, Miss Kent.« Sein Händedruck fällt äußerst knapp aus, wofür Josie unendlich dankbar ist. Trotz Andrews Gegenwart kann sie nämlich für nichts garantieren. Im Allgemeinen fasst sie keines dieser erbärmlichen Arschlöcher an.
Akute Verseuchungsgefahr!
Verwirrt registriert sie, dass Andrew die Lippen zu einem Strich zusammengepresst hat.
Was ist sein Problem?
Dearingers Büro ist ein ungefähr fünfzig Quadratmeter großer, hallenähnlicher Raum, an dessen hintersten Ende ein überdimensionaler Schreibtisch steht.
Ansonsten wird er von einer Sitzgarnitur in weit gehobenerer Preisklasse als der in dem ‚Vorzimmer’ beherrscht.
Kaum haben sie darauf Platz genommen, sind die beiden Männer in einem langweiligen Gespräch über finanzielle Transaktionen und Anlagen versunken. Josie klinkt sich aus und grübelt währenddessen darüber nach, ob sie Andrew jemals gesagt hat, was sie für ihn empfindet.
Eine Frage, die wirklich mal auf den Tisch gehört, findet sie.
Noch immer hält er ihre Hand, irgendwie scheint er sie überhaupt nicht mehr loslassen zu wollen. Dabei ist sein Griff fest und unerschütterlich – als wolle er verhindern, dass sie sich in einem Anfall von Panik aus dem Fenster stürzt.
Okay ...
Er hat bereits einiges an Panikattacken mit ihr durchgemacht, vielleicht wird sich das mit der Zeit geben, wenn sie endlich ihre blöde Atmung unter Kontrolle bekommt.
Warum aber hat er ansonsten Angst, sie zu verlieren? Oh, Josie wird bestimmt nicht gehen. Solange er es in ihrer Nähe aushält, wird sie auch dort sein.
Sicher, das hat sie ihm gegenüber nicht zugegeben. Im Gegensatz zu Andrew, womit er sie
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