Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)

nicht vergessen. Wäre ihr eine Alternative geblieben, hätte sie sein Angebot ausgeschlagen.
    Interessant, wie sich deine Ziele ändern, was Norton? Vorgestern wolltest du sie noch für ein paar heiße Nummern in dein Bett zu holen.
    Trocken lacht Andrew auf. Ja, das sind rasante Entwicklungen, nicht wahr? Aber vorgestern hat er auch noch nicht ganze FÜNF Stunden in einer Nacht geschlafen, mit ihr in den Armen. Vorgestern war er vielleicht verliebt.
    Aber heute.
    Heute ...
    Diese Angst, sie zu verlieren ... das kann nur Liebe sein. Seine Emotionen für dieses Mädchen sind viel zu stark und zu atemberaubend. Er muss sich wohl der Tatsache stellen, nicht einfach nur in sie verliebt zu sein.
    Oh nein. Er liebt sie und er wird sie zu seiner Frau machen.
    Der DS mustert ihn zweifelnd. Auch auf die Gefahr hin, dass diese Ehe niemals vollzogen wird? Willst du wirklich ein Leben lang enthaltsam vor dich hin vegetieren? Das ist IDIOTISCH, DU IDIOT! Ich bleibe dabei, sie IST irre!
    Andrew schüttelt den Kopf und verzieht das Gesicht. Das ist ein Problem, mit dessen Lösung er sich heute Abend befassen wird. Und er hat nicht den geringsten Zweifel, dass ihr geholfen werden kann.
    Er wird hinter den Grund für ihre Aversion gelangen und sie heilen.
    Selbstverständlich wird er das.

Ein Hühnchen in der großen weiten Welt
    Josie

    A ls Josie wieder ins Vorzimmer tritt, versucht sie angestrengt, die ältere Assistentin nicht zu beachten.
    Erfolglos.
    Kaum kollidiert deren forschender Blick mit ihrem, senkt sie hastig den Kopf. Die alte Frau sagt nichts, runzelt nur die Stirn und widmet sich ihrem Bildschirm. Doch die unausgesprochene Frage verpestet irgendwie die gesamte Luft.
    Gail ist eine der neugierigsten Personen, denen sie je begegnet ist. Das steht fest.
    Aber als Josie vor einer Dreiviertelstunde eindeutig verspätet das Büro betrat, kamen seltsamerweise keinerlei Nachfragen – von Vorwürfen ganz zu schweigen, stattdessen sagte sie: »Er führt gerade ein Gespräch. Wollen Sie Mr. Hargreve den Kaffee servieren? Dann sieht er gleich, dass Sie eingetroffen sind. Er hat auf Sie gewartet.«
    Beklommen fragt sich das Mädchen, wie viel die Dame ahnt und wie viel sie weiß . Gail hat ihre Mimik nämlich verdammt gut unter Kontrolle. Was bei ihrem Boss auch angebracht ist, Josie kann ihr die Vorsicht nicht verübeln. Obwohl sie so gar keine Lust verspürt, sich Andrews Stimmungsschwankungen zu unterwerfen, was nur leider nicht immer zu verhindern ist.
    Ursprünglich wollte sie ihm bei ihrem Eintreffen mitteilen, dass sie ihr eigenes Appartement will.
    Auf der Fahrt in die Trust hatte sie die Worte sorgsam ausgewählt, um nicht den winzigsten Fehler zu begehen und sich von ihm wieder aus dem Konzept bringen zu lassen. Fester, überzeugter Blick, aufrechte Haltung, nicht den kleinsten Schritt zurück, egal wie wütend er sie anstarrt – so in etwa lautete der Plan.
    Und womit wurde sie empfangen? Mit dieser total grundlosen Angst in seinen Augen. Verflucht, selbst wenn sie gewollt hätte, wäre es ihr nie gelungen, Johnson davon zu überzeugen, sie an einen anderen Ort zu schaffen, als exakt hierher.
    Seine Miene war der erste Nagel für den Sarg, in dem Josie ihr Vorhaben schließlich still und leise beerdigte.
    Außerdem hat sie seine Schreie nicht vergessen, die ihr in der vergangenen Nacht einen unvorstellbaren Schrecken eingejagt haben. Natürlich genau, als sie ihn hier sah, mussten ihr die auch wieder einfallen.
    Andrew ist anders, das weiß sie seit ihrer ersten Begegnung, und sie schätzt, dass sie sich deshalb überhaupt in ihn verliebt hat. Inzwischen ahnt sie darüber hinaus, dass er ziemliche Probleme hat.
    Josie hat übrigens noch etwas gelernt, das ihr bisher fremd war: Sie kann selbstlos sein, solange es ihn betrifft, denn sie vertraut ihm wirklich.
    Jedenfalls, wenn er so hilflos und verzweifelt ist wie in der letzten Nacht.
    Kurzerhand beschließt Josie, Gail zu ignorieren.
    Was bleibt ihr auch sonst übrig? Die Wahrheit hätte die alte Sekretärin umgehauen. Und ihr ist nicht klar, wie loyal diese Frau tatsächlich ist. Es wäre ja immerhin möglich, dass sie die neuesten Entwicklungen innerhalb von wortreichen fünf Minuten zum Firmengespräch aufbauscht, nicht wahr? Daher verzichtet das Mädchen darauf, sich vor ihr aufzubauen und mit ziemlich gewichtiger Stimme zu verkünden:
    Hey, Gail, tut mir ja echt leid, ich bin seine ... FREUNDIN! Mag vielleicht nicht den gängigen Konventionen entsprechen, aber