Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
beseitigen, wird er das übernehmen. Und zwar gründlich! Es ist ein wenig tröstlich, dass er zumindest die Hoffnung haben darf, sie damit nicht sofort wieder in Lebensgefahr zu bringen. Küssen – solange es in bekleidetem Zustand stattfindet – ist erlaubt, wenn auch behutsam.
»Das ist keine Gier, Josie, sondern nur Ausdruck für die Tatsache, dass ich dich will«, informiert er sie bedächtig und verzehrt den nächsten Shrimp. »Ich kann nichts dafür«, spricht er mit vollem Mund weiter. Noch nie in seinem ganzen Leben hat er sich eines derartigen Verstoßes gegen die guten Sitten schuldig gemacht. Interessanterweise vermittelt ihm das eine gewisse Sicherheit. Er benimmt sich wie ein Flegel, also darf er ihr auch die ungeschönte Wahrheit mitteilen. »Ich begehre dich nun mal.« Andrew schluckt und sieht sie an. »Aber ich werde es nie gegen deinen Willen tun.«
Nachdenklich nickt sie. »Wirst du nicht?«
»Nein.«
»In zwei Monaten?«
»Nein.«
»In einem Jahr?«
»Nein.«
»Das nehme ich dir nicht ab.« Nur ein Statement – nüchtern und sachlich.
»Tu es!«
Abermals muss ihre Unterlippe dran glauben, dann hält sie sich an ihren Wein – offensichtlich weiß sie dessen Effekt langsam zu würdigen. »Es tut mir leid«, sagt sie, nachdem sie aufgeblickt hat.
»Was?«
»Dass es nicht funktioniert hat.« Schon ist sie wieder bleich.
»Das muss es nicht.«
Sie nickt. »Doch, das muss es! Ich habe dich verletzt und das tut mir leid.«
»Keine Entschuldigung! Wenn jemand um Verzeihung bitten sollte, dann bin ich es ...«
Ungläubig unterbricht sie ihn. »Wie kommst du denn darauf?«
Andrew seufzt. »Ich bin verantwortlich für das, was gestern Abend geschah. Es war der Scheiß im Büro, richtig?«
Eindringlich mustert sie ihn und dann bejaht sie stumm.
Diesmal klingt sein Seufzen halb resigniert. »Es tut mir so unendlich leid.«
»Wenn du das noch ein einziges Mal sagst, dann fange ich an zu brüllen!« Plötzlich ist ihre Stimme sehr tief, während sie die Lider unnatürlich weit aufreißt. Recht erbärmlicher Versuch einer Andrewimitation, aber dafür zum Schreien komisch. Schlecht in einer Situation, in der Andrews Barrieren so ziemlich gesenkt sind. In jeder Richtung. Denn im nächsten Moment liegt er lachend am Boden. Oh Mann, was für ein Scheiß!
Eine Weile beobachtet sie schweigend seinen Anfall, doch irgendwann hat sie genug. »Andrew?«
Der schaut glucksend zu ihr auf. »Ja?«
»Hör auf, mich auszulachen!«
»Ich versuche es ja«, beteuert er und gibt sich aktuell dem nächsten Lachkrampf hin. Oh verdammt! Jedes Mal wenn er glaubt, es geschafft zu haben, geht es von vorn los. Der Effekt ist mit dem Desaster vom gestrigen Abend vergleichbar. Nur, dass es sich diesmal um Lachtränen handelt. Es sind tatsächlich noch welche da, perfekt!
Er ist so in seinem Anfall gefangen, dass ihm entgeht, wie sie ihren Platz in sicherer Entfernung verlässt. Für sie und für ihn. Als ihr Kopf über ihm auftaucht, wird Andrew schlagartig ernst. Verdammt! Jetzt hat sie die glänzenden Lippen in Reichweite gebracht.
»Ich finde es Scheiße, wenn du mich auslachst!“
Anstatt zu antworten – eine Rechtfertigung wäre vielleicht nicht unangebracht – kann er sie nur anstarren.
Beherrschung, Norton! Beherrsche dich. Du darfst nicht einmal daran denken! Du musst das unter Kontrolle halten. Sieh nicht auf die Lippen. Denke an ... keine Ahnung, denk an Smiths fucking Wikipedia Memo! Oder denk an Gail! Ja, denk an Gail! Die grausam erhobenen Augenbrauen, ihr entsetzter Blick heute Morgen! Denn wie üblich ist sie dir auf die Schliche gekommen!
Nichts hilft. Der Baby–Doll–Mund ist da und er kann sie nicht einfach ignorieren. Wikipedia Memos und Gails sind so weit weg, das Mädchen dafür so nah ...
»Josie ...«, hört Andrew sich murmeln und ärgert sich sofort. Das ist so nicht geplant! Auch so ein Phänomen, das er bis vor Montag nicht kannte.
»Was?«
»Wäre es in Ordnung, dich zu küssen? Wenn nein, ist es okay. Ich will dich ganz bestimmt nicht drängen oder so etwas. Aber sollte ...«
Ihr Finger legt sich auf seine Lippen und Andrew muss erneut schlucken. Diesmal sehr schwer. Plötzlich ist dieser verdammt glänzende Mund nur Zentimeter von seinem entfernt. »Küss mich«, wispert sie. »Bitte ...«
Oh, was für ein verfluchter Scheiß!
Schon stellt er sich vor, die verbliebene Distanz auch noch überbrücken. Eine winzige Bewegung und sie wird am Boden liegen, mit
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