Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)

groß und die Lippen weiß. »OH!«
    Eilig neigt er sich zu ihr hinab. »Können wir das daheim besprechen?«
    Ein misstrauisches Funkeln später bejaht sie widerwillig.
    Verdammt, offenbar sitzt er gehörig in der Klemme! Denn sie lässt ihm nebenbei ein unmissverständliches visuelles Versprechen zukommen:
    Warte, bis wir zu Hause sind!

    Die Veranstaltung wird zum vollen Erfolg.
    Julia und ihre Kolleginnen erhalten tosenden Applaus für jede einzelne Kreation, obwohl die manchmal so grotesk ausarten, dass Andrew sich ein breites Schmunzeln verbeißen muss. Ein Blick zu Josie und Austin bestätigt ihm, dass auch die beiden sich fragen, was genau dies dort oben eigentlich darstellen soll. Nebenbei überlegt er was wohl passieren würde, sollte irgendeine – garantiert aus einer Anstalt entflohene – Frau ernsthaft auf die Idee kommen, sich mit derartiger Kleidung in die Öffentlichkeit zu wagen. Doch natürlich lacht er nicht, sondern klatscht artig wie alle Übrigen, während er sich innerlich damit tröstet, wenigstens Josie bei sich zu haben.
    Das achte Weltwunder Paar hat sich nach erfolgreichem Rufnummernwechsel etwas beruhigt. Inzwischen verfügt Andrew Norton wieder über zwei einsatzfähige Bodyguards, wenngleich das Grinsen bei Dr. Sebastian der Bär nicht mehr auftaucht. Fantastisch, Claudia! Sie kennt ihn keine Stunde und schon hat sie dem Jungen das Lachen geraubt! Aber vielleicht erweist sich die Angelegenheit ja als Strohfeuer – so wie die schätzungsweise zweihundert anderen, in denen seine verhurte Schwester innerhalb der letzten Jahre brannte.
    Als sie endlich aufstehen dürfen, konzentriert er sich auf die gegenüberliegende Seite und atmet heimlich auf. Er hat nämlich keineswegs vor, sich mit Lara auseinanderzusetzen. Kommunikation war ohnehin nie eine von ihren Stärken. Das ist Programm: Er hat sie schließlich nicht aufgesucht, um die neusten Börsenkurse zu diskutieren ...
    Josie hält sich erstaunlich gut, als die beiden mit neuen Champagnergläsern bewaffnet durch die Reihen der dekadenten Idioten marschieren und sich im Small Talk üben. Demetri und Sebastian postieren sich an den vorhandenen zwei Ausgängen, von wo aus sie einen hervorragenden Überblick auf die Gesellschaft genießen. Wie viele Leute mögen im Saal versammelt sein? Vierhundert? Fünfhundert? Er hat nicht die geringste Ahnung, doch seine anfänglichen Bedenken gehören längst der Vergangenheit an. Lara ist offenbar verschwunden, ansonsten kennt er wahrhaftig jedes Gesicht und eine Gefahr ist weit und breit nicht auszumachen.
    Nach einigen Minuten gesellt sich Julia mit Austin im Schlepptau zu ihnen – aufgeregt und strahlend über ihren Erfolg plappert sie unentwegt, während Andrew und Josie ihr sanft lächelnd lauschen. Vermutlich haben sich gerade die Personen zusammengefunden, die mit Julias Merkwürdigkeiten ideal umgehen können.
    Josie befindet sich in äußerst aufgeräumter Stimmung, sie lacht und scherzt mit Julia und Austin, ihr Arm liegt immer um Andrews Taille – kein Sicherheitsabstand wird gewahrt, seitdem sie aufgestanden sind, wirkt sie ausnehmend anschmiegsam. Irgendwann beginnt sie – absolut unbewusst – seine Seite zu streicheln. Und für einen winzigen Moment schließt Andrew die Lider. Zwischen den Menschen, dem Lärm, und all dem, was er eigentlich entschieden meidet, wird ihm erst jetzt tatsächlich bewusst, dass sie bei ihm ist. Und nicht nur das: Sie ist ihm nah , mag seine Gegenwart und genießt sie möglicherweise. Ihre Augen glänzen voller Wärme und dieser verdammten Sehnsucht, die ihn um den Verstand bringt, allein deshalb kann er nicht widerstehen. Egal sind die Leute, die gezückten Kameras, die unzähligen Klatschmäuler. Wenn sie ihn zuvor nicht interessierten, inzwischen rangieren seine Bedenken an der Null–Marke. Nur einmal diese Lippen küssen, um zu wissen, dass sie nicht nur eines dieser verfluchten Trugbilder ist.
    Sie ist keines.
    Als er sich von ihr löst, nimmt sie lächelnd einen Schluck Champagner.  Andrew ignoriert die neugierigen Blicke, die ihnen schon den ganzen Abend folgen, sein Mädchen offenbar nicht. Zwischenzeitlich hält er Ausschau nach Claudia und findet sie – natürlich – an einem der Ausgänge. Drohend mustert er sie, bereit, einzugreifen, sollte sie sich als zu ablenkend erweisen. Aber sie steht einfach nur neben ihrem achten Weltwunder und macht auf ihn den Eindruck einer wütenden Löwin, die ihre Jungen gegen ein Rudel hungriger Hyänen