Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
ungewöhnlich, wenn die Dämmerung längst Geschichte ist und sich die Nacht über die Stadt gelegt hat. Doch dann macht er eine schlanke, dunkelhaarige Gestalt unter ihnen aus. Sie trägt ein kobaltblaues Kostüm, Haltung und Blick wirken statuenhaft. Die Augen, von denen Andrew weiß, dass sie von einem verstörenden Grün sind, fixieren einen imaginären Punkt am Ende der Gasse.
Immer noch in den unendlichen fünf Sekunden seiner Schockstarre gefangen, spürt er die Übelkeit in sich aufsteigen und gleichzeitig das unwiderstehliche Verlangen, jeden Muskel erschlaffen zu lassen. Glücklicherweise ist er kein kleiner Junge mehr und kontrolliert seinen Körper inzwischen besser. Daher gelingt es ihm alles zurückzudrängen, was derzeit danach trachtet, ihn zu überwältigen, und er tastet schließlich nach dem Verschluss des Sicherheitsgurtes.
Noch während er aus dem Auto stürzt – Johnson befindet sich längst auf dem Weg – registriert er fassungslos, dass sie nicht reagiert. Sie geht auch nicht weiter oder versucht es zumindest. Miss Kent tut überhaupt nichts!
Warum tut sie nichts?
Kurz nach seinem Chauffeur erreicht Andrew die Meute. Das Eintreffen der beiden älteren Männer bleibt zunächst völlig unbemerkt. Die Schockstarre konnte er in der Zwischenzeit hinter sich lassen, Wut und Hass sind geblieben. Und das in außergewöhnlicher, derart vernichtender Intensität, wie er sie noch nie erlebt hat. Die Kerle scheinen zu beschäftigt mit der ‘süßen, sprachlosen Puppe, die jemand aufgezogen und vergessen hat, zurück in den Schrank zu stellen’, um ihrer Umgebung Beachtung zu schenken. Soeben unternimmt der Erste Anstalten, sie zu packen.
Als Andrew dessen Hand einen herben Schlag versetzt, fährt der vielleicht zwanzigjährige Mann entgeistert zu ihm herum. In den dunklen Augen macht sich unverkennbar jene trübe Schläfrigkeit bemerkbar, die man unweigerlich mit dem Konsum von zu viel Alkohol in Verbindung bringt.
»Du wolltest sie doch nicht etwa mit deinen Dreckspfoten anrühren, oder?« Gleichzeitig zieht Andrew das Mädchen hinter sich. Jetzt sieht sie ihn endlich an und ein Ausdruck der Erleichterung huscht über ihr Gesicht.
Johnson – kein Leichtgewicht und seines Zeichens in Kampftechniken alles andere als unbedarft – hat bereits zwei der vorwitzigsten Gestalten am Kragen beiseite genommen. Sie scheinen zu betrunken, um sich zur Wehr setzen zu können, nicht, dass dies bei seinem Chauffeur einen Unterschied gemacht hätte. Auch Andrew ist kein Leichtgewicht – zu viel Zeit in der Nacht, die er mit dem Training verbringt. Unter den begeisterten Anfeuerungsrufen seines DS versteht sich.
Er bedenkt den Grabscher mit einem sanften Lächeln, insgesamt scheint dieses Exemplar nüchterner zu sein als dessen Spießgesellen. Grimmig und erstaunlich mutig knurrt er. »Nimm deinen Scheißarsch und verschwinde!«
Andrews Grinsen wird breiter, während er aus den Augenwinkeln zu dem Mädchen blickt. »Auto!«
Erst ist sie verwirrt, aber dann begreift sie, macht abrupt kehrt und stürzt zum Wagen. Sofort setzt ihr einer der Kerle nach, doch Andrew bekommt ihn rechtzeitig am Ärmel zu fassen, bevor er sich außer Reichweite flüchten kann. »Vergiss es!«
»Hey, ihr Arschlöcher! Besorgt euch eure eigene Nutte, die gehört uns!« Das ist wieder der Erste, und für dessen widerliche Bemerkung landet Andrews Faust in der hässlichen Visage. Zufrieden vernimmt er das Knirschen, als Knochen unter der Wucht zerbersten. Zwei andere Typen haben beschlossen, lieber das Weite zu suchen. Nur einer der beiden Verbliebenen macht Anstalten, seinen am Boden liegenden Bruder zu rächen, dessen Gesicht übrigens ziemlich blutverschmiert ist. Ein weiterer steht mit weit aufgerissenem Mund daneben, offensichtlich noch damit beschäftigt, die Situation in Gänze zu analysieren.
»Du Scheißtyp hast Dan die Nase gebrochen! « Mit seltsam geballten Fäusten geht der mutige Rächer auf Andrew los.
»Was du nicht sagst«, murmelt der. Hinter ihm ertönen dumpfe Schläge und kurz darauf gedämpfte Schreie. Johnson verhindert soeben erfolgreich die Flucht der Deserteure.
Mit gerunzelter Stirn beobachtet der Typ, wie seine ‚Brüder‘ die Tracht Prügel ihres Lebens beziehen. Erst nach einer Weile besinnt er sich Andrews Gegenwart und betrachtet ihn fassungslos. »Wir haben sie zuerst gesehen!« Es kommt vorwurfsvoll, die Rache für seinen Freund ist mit einem Mal nebensächlich geworden.
»Falsch!«, wispert
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