Feuerball
Spectre der Niederlage. Ich sah Ihr Glück sich wenden. Aber vielleicht hatte ich unrecht.« Er wies auf die Kassette. »Sehen wir’s uns an.«
Am Tisch war es still geworden. Spieler und Zuschauer spürten die Spannung zwischen den beiden Männern. Plötzlich war Feindseligkeit, was vorher nur Scherz gewesen. War es wegen des Mädchens?
Largo lachte auf. Wieder waren Fröhlichkeit und Prahlerei auf seinem Gesicht. »Aha! Mein Freund versucht’s mit dem bösen Blick! Aber dort, wo ich herkomme, gibt es ein Mittel dagegen.« Er hob die eine Hand, streckte ihren ersten und letzten Finger so aus, daß sie eine Gabel bildeten, und stieß damit in Richtung auf Bonds Gesicht. Für die Zuschauer war es nur Beater, aber Bond spürte die Wut und die Böswilligkeit hinter der alten Mafiageste.
Gutmütig lachte er: »Jetzt haben Sie mich bestimmt verhext. Ob aber die Karten? Kommen Sie, mein Spectre gegen das Ihre!«
Wieder huschte der zweifelnde Ausdruck über Largos Gesicht. Warum nochmals die Verwendung dieses Wortes? Kräftig schlug er auf die Kassette. »Na schön, mein Freund. Entscheidungskampf in drei Sätzen. Jetzt kommt der dritte.«
Geschickt zog er die vier Karten. Am Tisch war es totenstill. Bond besah seine beiden Karten in der hohlen Hand. Er hatte im ganzen eine Fünf - eine TreffZehn und eine Herz-Fünf. Fünf ist eine Grenzzahl: man kann kaufen oder nicht. Bond legte die Karten verdeckt auf den Tisch und sagte mit dem zuversichtlichen Blick des Mannes, der eine Sechs oder eine Sieben hat: »Danke, keine Karte.«
Largos Augen verengten sich, während er in Bonds Gesicht zu lesen suchte.
Er drehte seine Karten um und warf sie verächtlich auf den Tisch. Gleichfalls fünf. Was tun? Nochmals blickte er auf den ruhig lächelnden Bond - und zog. Pik-Neun! Durch das Kaufen der weiteren Karte hatte er jetzt vier gegen Bonds fünf.
Unbewegt deckte Bond sein Blatt auf und sagte: »Ich fürchte, Sie hätten den bösen Blick im Paket umbringen müssen, nicht bei mir.«
Um den Tisch schwirrten die Bemerkungen. »Wenn der Italiener bei seinen fünf geblieben wäre ...« - »Bei fünf kaufe ich immer!« - »Ich nie!« - »Es war Pech.«
- »Nein, es war schlecht gespielt!«
Jetzt mußte Largo sich anstrengen, den Ärger zu verbergen. Aber es gelang ihm. Das Lächeln verlor die Gezwungenheit, die Fäuste lösten sich. Er atmete tief und streckte Bond die Hand hin. Bond war auf der Hut, aber es wurde nur ein fester Händedruck, nicht mehr. Largo sagte: »Jetzt muß ich warten, bis die Kassette wieder zu mir kommt. Sie haben mir meinen ganzen Gewinn abgenommen. Jetzt heißt es, den ganzen Abend hart arbeiten, anstatt meine Nichte zu einem Drink zu fuhren und mit ihr zu tanzen!« Er wandte sich an Domino. »Meine Liebe, ich glaube, du kennst Mr. Bond nur vom Telefon. Er hat meine Pläne über den Haufen geworfen, und du mußt dich nun nach einem anderen Kavalier umsehen.«
Bond wandte sich ihr zu. »Guten Abend. Haben wir uns nicht heute morgen im Tabakladen getroffen?«
Das Mädchen blickte auf und sagte gleichgültig: »Ja? Möglich. Ich hab’ ein so schlechtes Personengedächtnis.«
»Darf ich Sie zu einem Drink einladen? Dank Mr. Largos Freigebigkeit kann ich mir jetzt sogar einen Nassau-Drink leisten! Denn hier bin ich ohnehin fertig, man soll sein Glück nicht versuchen!«
Sie erhob sich und sagte ungnädig: »Wenn Sie nichts Besseres zu tun haben ...« Sie wandte sich an Largo: »Emilio, wenn ich dir diesen Mr. Bond vom Hals schaffe, wird sich dein Glück vielleicht wieder wenden. Wir sind im Speisesaal zu Kaviar und Champagner, damit soviel wie möglich von deinem Geld in die Familie zurückkommt.«
Largo lachte. Seine gute Laune war zurückgekehrt: »Mr. Bond, jetzt kommen Sie vom Regen in die Traufe! In Dominettas Händen geht’s Ihnen nicht so gut wie bei mir. Auf später, mein Lieber. Jetzt muß ich zurück in die Salzminen, zu denen Sie mich verdammt haben.«
Bond sagte: »Also, danke für das Spiel. Ich bestelle Kaviar und Champagner für drei, mein Spectre verdient auch seinen Lohn.«
Hatte der Schatten, der wiederum durch Largos Augen huschte, noch einen anderen Grund als nur den italienischen Aberglauben? Bond stand auf und folgte dem Mädchen zwischen den vollbesetzten Tischen zum Speisesaal. Dabei
bemerkte er zum erstenmal, daß sie kaum merklich hinkte.
Als der Cliquot rosé und für fünfzig Dollar Beluga-Kaviar auf dem Tisch standen, fragte er sie: »Haben Sie sich heute beim
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