Feuerball
und nahm das Mundstück zwischen die Zähne. Dann drehte er diei Luftzufuhr an und schritt mit klatschenden Flossen über den schlammigen Sand hinunter ins Wasser. Dort bückte er sich, spuckte in seine Maske, um das Anlaufen zu verhindern, wusch sie und setzte sie auf. Dann ging er langsam weiter. Am Ende des Piers war er schon bis zu den Ohren im Wasser. Er tauchte unter und begann, die Hände ruhig an den Seiten, mit leichtem Kraulschlag geradeaus zu schwimmen.
Der Schlammboden fiel jetzt steil ab, und Bond ging auf etwa dreizehn Meter Tiefe bis knapp über den Grund. Er blickte auf die Leuchtziffern seiner
Uhr: 12 Uhr io. Das fahle Mondlicht schimmerte bis herunter. Die Abfälle
- Autoreifen, Dosen, Flaschen - warfen dunkle Schatten. Ein kleiner Krake, der die Druckwelle spürte, änderte seine Farbe und kroch wieder in die Öffnung seines Ölfasses zurück. Seeanemonen, die gallertartigen Polypen, die nachts aus dem Sand wachsen, schrumpften zusammen, sobald Bonds schwarzer Schatten sie traf. Bond beobachtete die rätselhaften Lebewesen mit den Augen des Unterwasserforschers. Das war die einzige Art, im Meer die Ruhe zu bewahren. Während er seinen Kurs einhielt, den Mond stets über der rechten Schulter, dachte er an das Dominomädchen. Sie war also die Schwester des Bomberpiloten! Wahrscheinlich wußte das nicht einmal Largo, falls er überhaupt in die Sache verwickelt war. Diese Verwandtschaft mußte Zufall sein, das Mädchen wäre sonst nicht so ahnungslos gewesen. Und doch war das ein weiterer der wenigen Hinweise, die auf Largos Beteiligung an dem Unternehmen deuteten. Und dann seine Reaktion auf das Wort Spectre! Aberglaube? Das alles war so ungewiß! Sollte er es berichten? Und wieviel sollte er sagen, wieviel verschweigen?
Plötzlich spürte Bond Gefahr! Sein Körper spannte sich, die Hand griff nach dem Messer, und sein Kopf wandte sich instinktiv nach rechts.
Ein großer Barrakuda, wiegt er zwanzig Pfund oder mehr, ist der fürchterlichste Fisch des Meeres. Glatt, langgestreckt und bösartig, ist er nichts als feindliche Waffe; angefangen von dem langen Rachen mit den grausamen Kiefern, die er nahezu rechtwinklig öffnen kann, über den stählern schimmernden Körper bis zur kraftvollen Schwanzflosse, die diesen Fisch zu einem der schnellsten des Meeres macht. Der hier bewegte sich parallel zu Bond, in zehn Metern Abstand, gerade innerhalb der Sichtgrenze, und zeigte seine Gefahrenmerkmale: die breiten, seitlichen Streifen waren deutlich zu sehen - das böse Jagdmerkmal. Das schwarzgoldene Tigerauge starrte herüber, und das lange Maul war zentimeterbreit geöffnet, so daß die scharfe Zahnreihe bloßlag - eine Zahnreihe, die nicht nur zuschnappt, sondern Stück um Stück aus dem Körper reißt und verschlingt.
In Bond kroch die Angst hoch. Seine Haut straffte sich über den Rippen. Vorsichtig sah er nach der Uhr. Noch etwa drei Minuten zu schwimmen! Mit einer plötzlichen Wendung schwamm er auf den großen Fisch zu, wobei sein Messer in den raschen Angriffsstößen blinkte. Der Riesenbarrakuda tat zwei träge Schwanzschläge, und als Bond seinen alten Kurs wieder aufnahm, schwenkte er gleichfalls ein und nahm gleichgültig, höhnisch seine Reise wieder auf, abschätzend, welches Stück er zuerst aus Bonds Körper reißen würde.
Bond suchte sich zu erinnern, was er über große Raubfische wußte. Die erste Regel war immer, keine Angst zu haben; denn Angst teilt sich dem Fisch mit. Also keine Verwirrung zeigen und nicht unüberlegt handeln. Also den Rhythmus beibehalten!
Nun änderte sich die fahle Mondlandschaft, wurde zur weichen Wiese aus trage wogendem Seegras, in der spärlich verstreut die großen, schwarzen Gebilde toter Schwämme wie riesige Löwenzahnkronen aufwuchsen. Bonds schwarzer Schatten strich über die atmende Wiese wie eine schwerfällige Fledermaus, und rechts davon bewegte sich ruhig und genau die dünne, schwarze Lanze des Barrakuda.
Inmitten des wogenden Grases wirkte der schwarze Stachel des Ankers wie ein weiterer Feind. Die hängende Kette schien aus dem Meeresboden zu steigen, bis sie sich oben im Nebelhaften verlor. Bond schwamm an ihr hinauf und vergaß über der Erleichterung, sein Ziel gefunden zu haben, an den Barrakuda zu denken.
Er schwamm jetzt sehr vorsichtig und beobachtete, wie das Mondlicht heller wurde. Nur einmal blickte er hinunter: von dem Barrakuda war nichts zu sehen. Vielleicht hatten Anker und Kette ihn verscheucht. Der lange Schiffsrumpf nahm
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