Feuerbande
stehen und reden, muss ich zu ihr, und ich darf keine Zeit mehr verlieren...“
„Wie habt ihr sie getötet?“, unterbrach er mich. Ich wusste nicht, ob er mir überhaupt zugehört hatte.
„Sie... hat lange versucht, es vor mir geheim zu halten. Sie wollte nicht, dass ich es weiß, um mir damit nicht weh zu tun. Doch ich bin stärker, als sie glaubt... diese Männer kamen her, um alles in ihrem Hass zu zerstören. Sie warfen Hocker und Schemel um, zerschlugen den Tisch und drohten mir mit ihren kalten, tödlichen Waffen. Sie wollten nicht wissen und wollten nicht hören. Sie wollten sich nur groß und stark und heldenhaft fühlen... Sie sind verbrannt. Sie alle.“
„Verbrannt...“
Ich nickte. „Sie wollten uns töten, und das Feuer ist der Weg der Herrin. Schon zu viel hat sie durch euch erlitten. Doch ihren Tod sollt nicht ihr zu verantworten haben.“
Er stand noch immer neben mir, das Messer unruhig in der Hand. „Warum verbrennt ihr mich dann nicht? Ich weiß und spüre doch, dass ihr es könntet.“
Ich musste beinahe ein wenig lächeln über seine Unwissenheit. „Glaubst du, es könnte dir gelingen, all das, was man dir über sie erzählt hat, nur einen Moment beiseite zu schieben? Die Herrin ist nicht so, wie du denkst. Sie ist überhaupt nicht von eurer Art. Sie ist... anders. Und sehr alt.“
„Du aber nicht. Was hast du mit ihr zu schaffen?“
„Ich lebe mit ihr, seit mein Erinnern einsetzt. Ich weiß nicht, wie ich hierher gekommen bin, ob sie mich im Wald ausgesetzt fand oder aus einem anderen Reich geholt hat. Sie hat mich vieles gelehrt, doch die Zeit läuft mir fort, und ich kann nicht noch länger bleiben und reden. Ich muss zu ihr – bitte, geh jetzt.“
Er sah mich an und schwieg lange Zeit, so dass ich schon wieder unruhig wurde. Doch dann legte er sein Messer langsam und deutlich auf die Tischplatte nieder. „Nimm mich mit“, bat er, ein wenig zögernd. „Nimm mich mit, damit ich dir glauben kann.“
Joris wusste selbst nicht, was über ihn gekommen war. Er schalt sich einen Narren, hier zu stehen und der Hexe Kaythla unbewaffnet gegenübertreten zu wollen, und all das nur, weil ihm eine fremde Frau Dinge erzählte, die all dem widersprachen, was jeder Dorfbewohner wusste. Doch etwas war da zwischen ihnen, das er sich selbst nicht erklären konnte – Feuermagie? Die Worte der Frau hatten ihn berührt, auch wenn er es sich selbst nicht eingestand.
Und was hatte er schon zu verlieren? Er war gekommen, gegen Kaythla zu kämpfen, und sollte er dabei sein Leben lassen. Doch wenn Kaythla ihn töten wollte, hätte sie dies schon längst tun können. Vielleicht gab es doch mehr hinter allem, als er sich bisher hatte vorstellen können, und er war jetzt fest entschlossen, das ein für alle Mal herauszufinden.
Das Mädchen – die Frau – presste die Lippen zusammen und nickte. Sie sah erleichtert aus, kam es ihm vor, als sie ihm ihre Hand entgegenstreckte. Er griff danach, wie sie es wünschte, und spürte Wärme, die von ihr ausgehend in seinen Arm hinein pulsierte, doch es war ihm nicht unangenehm. „Es wird für dich einfacher sein, wenn wir tatsächlich zu ihr gehen , für anderes bist du noch nicht bereit. Komm, folge mir – doch vorher gib mir das Versprechen, dass du ihr kein Leid antun wirst. Schwöre es, bei der Glut, die Teil deines Lebens ist, und dem Feuer, die sie gebiert! Gelobe es bei seiner Macht!“
Die Wärme kroch durch seinen Arm in seinen Leib, und er hörte sich selbst sagen: „Ich gelobe es.“
„Dann komm.“ Sie zog ihn mit sich zu einer Tür in der Wand, von der er hätte schwören können, dass sie zuvor noch nicht da gewesen war. Als sie direkt vor ihr standen, blickte die Frau ihn noch einmal an. „Was auch passiert, lass es geschehen. Sperre dich gegen nichts, sonst könnte es schmerzhaft für dich sein.“
Und bevor er noch einmal nachfragen konnte, verschwamm die Tür vor ihnen im selben Augenblick, als sie sie öffneten, und er konnte nicht sagen, ob sie nun hindurch getreten waren oder der Raum um sie herum gewechselt hatte oder sie überhaupt noch dort waren, wo sie sich noch vor einem Schritt befunden hatten. Für eine Sekunde lang war es ihm, als wäre nur Schwärze um ihn her, als fiele er in ein unendliches Loch, und das Fehlen von oben und unten ließ ihn schwindeln, so dass er gegen Übelkeit ankämpfen musste. Dann war es jedoch vorbei, und sie standen in einem Raum, von dem Joris nur eines wusste: dass er sich nicht mehr
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