Feuerbande
du mir eine Auskunft geben? Ich werde sofort wieder gehen, wenn du es mir sagst. Ich... suche einen Mann.“
Dieser Blick. Dieser starre Blick. Wie lange mochte sie hier schon wohnen, völlig allein und auf sich gestellt? Kein Wunder, wenn sie verrückt wurde. Oder wohnte sie hier nicht allein – gab es vielleicht noch jemanden? Er musste verdammt vorsichtig sein.
Langsam zog er seine Hand zurück und griff unter dem Tisch in seinen Beutel, suchte und fand den glänzenden Knopf, legte ihn zwischen sie auf die Platte. Die Frau regte sich noch immer nicht.
„Devall. Er war mir näher als ein Bruder. Er verschwand, als er ging, diesen Wald von der Herrschaft Kaythlas zu befreien, und er kehrte nie zurück. Hast du ihn – diesen Knopf schon einmal gesehen? Er trug diese Knöpfe, als er ging. Sie sind ungewöhnlich genug, um jedem aufzufallen.“
„Was weißt du von Kaythla?“
Er hielt überrascht inne, nicht so sehr darüber, dass sie sprechen konnte, sondern über den leisen, zischenden Tonfall ihrer Stimme, die ihn bedrängte wie ein Speer.
„Jeder weiß alles über sie. Wer hätte nicht von ihr gehört, wie sie mit Feuer und Magie unzählige Menschenleben auslöscht, um ihr Reich zu begründen und ihre Macht zu leben? Nachts dringt sie vor in unsere Dörfer und bringt ihnen Tod und Verderben. Sie hasst uns, und sie jagt zum Spaß und sammelt die Herzen derer, die sie bekommt. Damit nährt sie ihre Magie, bis sie einst stark genug sein wird, die gesamten Lande von Horizont zu Horizont zu erobern und die Menschen auszulöschen, ein für allemal und für alle Zeit. Niemals darf so etwas geschehen. Devall ging, um es zu verhindern. Und niemand hat ihm das ausreden können, niemand, nachdem seine Schwester starb. Sie war meine Frau, und ich hätte gleich von Anfang an gehen sollen an seiner Stelle...“
„Du weißt nichts“, unterbrach sie, und in ihrer Stimme schwang eine so tiefe Traurigkeit, dass er erneut erstaunt innehielt. „Du weißt nichts, und sie alle nicht, weil sie es nicht wissen wollen. Ja, vielleicht war Kaythla einst böse. Vielleicht war sie zornig auf die Menschen. Doch nicht ohne Grund, nein, nie ohne Grund. Und all dies ist schon so lange her...“
Mit einem lauten Klappern fiel der Stuhl zu Boden, als Joris aufsprang und nach seinem Messer griff. Vorsicht, Vorsicht, Vorsicht!, schrie alles in ihm. Konnte es am Ende sein, dass er in eine Falle geraten war? „Bist du Kaythla?“, schleuderte er der seltsamen Frau vor sich entgegen, das Messer in der Hand, das harte Holz der Tischplatte zwischen ihnen. Auch die Frau hatte sich jetzt erhoben, und er sah, dass sie fast so groß war wie er selbst.
„Nein“, antwortete sie mit tonloser Stimme. „Aber ich habe den Mann gekannt, den du suchst. Der kam, wie sie alle, um Tod und Kälte zu uns zu tragen. Wie auch du. Wie du...“ Sie sah ihn an – es kam ihm beinahe flehend vor. „Geh bitte, bevor es zu spät ist. Geh und kehre niemals zurück!“
Joris schritt langsam, ganz langsam um den Tisch herum, doch sie machte keine Anstalten, vor ihm zu fliehen. „Was geht hier eigentlich vor?“, zischte er. „Was?“
„Warum könnt ihr uns nicht einfach in Ruhe lassen!“, warf sie ihm entgegen, und ihre Stimme war wieder ein Speer. Doch was ihn vielmehr traf bis ins Mark, war das Feuer, das plötzlich hinter ihren Augen wie aus einem Fenster zu lodern schien, und die Hitze, die es bis zu ihm hinüber abstrahlte.
Die Zeiten ändern sich, und manchmal gibt es Stationen, an denen man weiß, dass sie Bedeutung haben für vieles, was geschehen muss. Die Welt wird eine andere sein, wenn ich erst gegangen bin. Sie wird es auch für Jacyntha sein. Ich bin zu schwach geworden, kann ihr nicht länger helfen. Ich brauche meine Kraft für meine letzte, große Reise.
Ich höre Jacyntha, höre sie schon die ganze Zeit, doch ich kann ihr nicht helfen, kann es nicht mehr. Jemand ist bei ihr, ein Fremder, doch sie muss allein mit ihm fertig werden, sie kann es, solange ich noch nicht ganz gegangen bin. Ich hoffe, sie wird es schnell beenden, denn lange kann ich nicht mehr verweilen. Die Zeit verrinnt mit jedem Gedanken.
Doch verabschieden muss ich mich von ihr, bevor ich gehe, das zumindest bin ich ihr schuldig. Sie hat ihr Leben mit mir verbracht, und sie soll bei mir bleiben bis zum Schluss. Ich werde versuchen, es sie spüren zu lassen... Ihr Geist ist so offen für mich, ein einziger, schwacher Impuls, und sie wird wissen, dass sie es beenden
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