Feuerbluete 01 - Feuerbluete
wütete die Wache.
»... und niemand unter achtzehn«, schoss Alena zurück. Jetzt brauchten sie nur noch ein paar Leute für ein kleines Ablenkungsmanöver. Sie rief in die Zelle: »Hat noch jemand Lust auf eine Luftveränderung?«
Ja, jemand hatte. Kurz darauf waren in dem Verlies nur noch ein paar Fußkranke übrig, die sie beim besten Willen nicht mitnehmen konnten. Alena sperrte die beiden Wachen zu ihnen und lief vor Rena und Kerrik die Treppen hoch in Richtung Dach. Wie sie gehofft hatte, war in der Hauptgarnison Chaos ausgebrochen. Aufgeregte Rufe, rennende Füße überall. Bewaffnete eilten vorbei, manchmal mit einem der Flüchtlinge im Griff. Im ganzen Gebäude schlurften Gefangene auf der Suche nach einem Ausgang umher.
Durch vorsichtiges Manövrieren kamen sie unbehelligt zum Dach. Alena atmete tief ein. Endlich wieder reine Luft und die Sterne über ihr! Weniger schön war, dass es nieselte, ihre Kleidung wurde immer feuchter. Trotzdem war Alena bester Laune, als sie hinunterspähte auf die Straße. Es dämmerte schon - eine gute Zeit für die Flucht. »Ganz schön dunkel! He, Rena, siehst du unsere Freunde?«
In diesem Moment hörten sie das Husten wieder. Rena spähte nach unten. »Ich fürchte, das ist eine erkältete Stadtwache.«
»Also kein Seil?«, fragte Kerrik betreten.
Peinlich berührt blickte Alena in eine andere Richtung. »Ähm, erst mal nicht. Dann warten wir eben hier auf Cchraskar!« Sie warf sich platt auf den Bauch und bedeutete den anderen, das Gleiche zu tun. Doch sie waren schon gesehen worden. Von zwei jugendlichen Storchenmenschen, die auf einem Dach nebenan hockten. Sie lachten, plapperten und zeigten auf die drei Menschen, die sich so seltsam benahmen.
»Kann es sein, dass die sich über uns lustig machen?« Kerrik schaute hinüber.
Rena lauschte und zog eine Grimasse. »Sie wetten gerade darauf, wie lange wir bis zum Boden brauchen würden, wenn wir jetzt runterspringen.«
»Kannst du ihnen sagen, dass sie bitte bald mit dem Lärm aufhören?« Alena war nervös. »Die machen noch die Wachen auf uns aufmerksam!«
»Ich glaube, ich werde sie stattdessen lieber herüberbitten«, sagte Rena, stand auf und hob die Hand. Erstaunt sah Alena, dass die Storchenmenschen sofort verstummten und Rena anglotzten. Dann begannen sie aufgeregt miteinander zu flüstern.
»Was ist jetzt los?«
»Sie haben mich erkannt«, sagte Rena, als wäre das das Normalste der Welt.
Eilig kamen die beiden Halbmenschen zu ihnen geflattert und ließen sich neben ihnen nieder. Alena hatte noch nie einen von ihnen aus der Nähe gesehen und musterte interessiert ihre Arme, aus denen schwarz-weiße Schwungfedern herauswuchsen, die mit Flaum bedeckten Köpfe und hornigen Krallenfüße.
»Du biist diie Frau der tausend Zungen!«, sagte der eine in Daresi. »Eine Ehre iist das, eine Ehre! Können wir diir helfen, können wiir das?«
»Ja! Wir müssen schnellstens hier weg«, drängte Rena. »Könnt ihr uns zum Boden bringen?«
Wie praktisch! Daran hatte Alena gar nicht gedacht. Normalerweise wollten die Halbmenschen ja auch mit den Bewohnern der Dörfer und Städte nichts zu tun haben. Geschweige denn sie durch die Luft befördern.
Zweifelnd blickten die jungen Storchenmenschen Rena an und diskutierten untereinander. »Das wird großviel schwiierig«, sagte der eine verlegen. »Wir siind noch nicht so stark. Den Großen schaffen wiir nicht.« Er deutete auf Kerrik, dann auf Alena. »Und die da ist von der Feuer-Gilde!«
»Ja, und?«, sagte Rena. »Keine Angst, sie ist nicht gefährlich.«
Sollte das eine Beleidigung sein? Natürlich war sie gefährlich! Auch die Storchenmenschen waren anscheinend dieser Meinung. Bevor Alena begriff, was geschah, rauschten große Schwingen über ihr - doch die Storchenmenschen packten sie nicht unter den Achseln, sondern an den Füßen. Alena kam sich vor wie ein Stück Wäsche, das zum Trocknen rausgehängt worden ist. Das Blut schoss ihr in den Kopf. Außerdem waren diese Halbmenschen tatsächlich nicht allzu stark. Es war ein unheimlicher Anblick, wie schnell der Boden der Garnisonsinsel näher kam. Angestrengt flappten die Storchenmenschen im Tiefflug in Richtung Stadt. Alena bekam eine gruselige Nahansicht der Wasseroberfläche. Sie war erleichtert, als die beiden Halbmenschen sie endlich am Stadtrand absetzten.
»Danke vielmals!«
»Iieeee, du hättest ruhig ein biisschen weniger zappeln können«, sagte einer der Storchenmenschen. Er atmete schwer und sein
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