Feuerbluete 01 - Feuerbluete
sich atmen. »Alles in Ordnung mit euch?«, fragte sie schuldbewusst.
»Ja.« Renas Stimme klang gepresst. »Jetzt wissen wir also, was mit dem Palast nicht stimmt. Er lebt. Als du ihn verletzt hast, hat er sich gewehrt.«
»Beim Feuergeist, bin ich froh, dass ich nicht richtig zugestoßen habe!«
»Wir sollten schleunigst hier raus«, wiederholte Kerrik. »Was ist, wenn sich das Ding in den Kopf setzt, dass es uns töten will?«
»Es hat sich doch schon wieder beruhigt«, wandte Alena ein. Liebend gerne hätte sie sich aus dem Staub gemacht - aber sie durften nicht eher gehen, als bis sie diese verdammte Feuerblüte gefunden hatten! Zu viel hing davon ab. »Wenn es uns töten wollte, hätte es das schon tun können.«
Sie murmelte eine Formel und zündete die Fackel wieder an. In ihrem zuckenden Schein sah sie, was ihr vorhin entgangen war - die Reliefs veränderten, bewegten sich. Sehr langsam nur, fast unmerklich.
Rena holte tief Luft. »Schauen wir mal, wie es oben aussieht.«
Es war gar nicht so einfach, in die oberen Stockwerke zu gelangen; der Aufgang im Saal war durch Schutt blockiert, der aussah, als würde er dort schon jahrzehntelang liegen. Sie mussten in die Eingangshalle zurückkehren und den Treppenbaum benutzen. Geschickt hangelte Kerrik sich das metallene Geländer entlang und trat auf die intakten Stufen. Dann beugte er sich zu ihnen hinunter um ihnen hochzuhelfen. Alena ergriff seine kräftige Hand, zog sich an ihm hoch und balancierte auf einer Stelle, die solide schien. »Alles klar?«, fragte er und stützte sie einen Moment lang, seine Hand lag auf ihrem Rücken. Alena nickte nur. Seine Berührung ging ihr durch und durch. Ihre Blicke trafen sich für einen Augenblick und sie schafften es beide nicht, wegzuschauen.
Mit einem kühnen Sprung setzte ihnen Cchraskar nach, dann kam auch Rena zu ihnen hoch. »Was machen wir, wenn die Treppe einbricht?«, fragte sie matt und spähte nach unten.
»Rrrunterfallen«, sagte Cchraskar.
Alena wunderte sich, dass Kerrik die Klettertour so wenig ausmachte, obwohl auch er zur Erd-Gilde gehörte. »Hast du dir die Höhenangst im Dschungel abgewöhnt?«
Kerrik nickte und grinste schief. »Ich musste als Junge ständig auf Bäume klettern, um nicht von Salisars zerfleischt zu werden.« Sein Blick wanderte zu ihrer Waffe. »He, der Stein in deinem Schwert leuchtet ja noch heller!«
Alena sah, dass er Recht hatte. »Entweder sind wir oben richtig oder die Gefahr ist dort größer ...«
»Wahrscheinlich beides«, sagte Rena und tappte die Treppen hinauf in die Dunkelheit vor ihnen.
Das Mädchen und die Schlangen
Auf den ersten Blick war das oberste Stockwerk harmlos. Schnell entdeckten sie dort drei kreisförmige Räume voller kostbarer Möbel. In einem Raum waren die Fensterscheiben zerbrochen, sodass die Einrichtung nach hundert Wintern Regen und Wind übel aussah. Aber die anderen Zimmer wirkten so, als seien sie gerade mal ein paar Monate unbewohnt. Nur der dicke Staub auf allen Gegenständen verriet, dass es nicht so sein konnte.
»Sieht aus, als hätten hier die Regentin und ihre Familie gewohnt«, sagte Alena und berührte bewundernd die luftigen Stoffe auf einem der Betten. In so was zu schlafen musste sein wie auf einer Wolke zu liegen. Jedenfalls ganz anders als auf ihrer dünnen Schlafmatte oder auf dem Boden zu übernachten, so wie sie es gewohnt war.
»Ja, glaube ich auch«, sagte Rena. »Diese runden Zimmer sind so groß wie ein ganzes Erdhaus bei mir zu Hause im Weißen Wald!«
»Klar, manche Leute brauchen eben Platz zum Nichtstun«, knurrte Cchraskar. Alena grinste. Alle Halbmenschen hassten die Regentin heiß und innig.
Alena war nicht sicher, ob die Möbel ihr gefielen. Hier waren die meisten aus Schmiedeeisen, aber nicht in dem schlichten Stil, den Alena bevorzugte, sondern voller Ranken und Ornamente. Die damalige Regentin muss ganz schön romantisch gewesen sein, dachte Alena verächtlich. Passte alles gut zum ursprünglichen Namen. Palast der Blüten! Kitschiger ging’s ja kaum noch. Nur die große Truhe neben dem Bett gefiel ihr, so eine hätte sie auch gerne gehabt. Sie klappte den Deckel hoch und spähte hinein, ließ ihn aber schnell wieder fallen, als ihr ein Dutzend rubinrot glühende Äuglein entgegenspähten. Noch mehr Schlangen! Waren die denn überall?
In vielen Ecken standen eiserne Blütenspiralen, an denen sich Gewächse hochrankten. Manche längst vertrocknet, andere so außer Kontrolle geraten, dass sie sich
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