Feuerdämon: Lex Falkners erstes Abenteuer (German Edition)
tätschelte sie beruhigend.
„ Ist doch nur ein blaues Auge. Das haben die Kinder ständig.“
Dankbar lächelte ich ihn an. Zu gerne hätte ich mit den beiden über alles geredet, doch meine Stiefschwester machte jede Unterhaltung zu Nichte. In einer Kittelschürze wirkte sie weniger wie eine Anwältin, als ich sie in Erinnerung hatte. Sie war über zehn Jahre älter als ich und wir hatten nie ein besonderes Verhältnis gehabt.
„ Wo bleibst du denn Mutter? Wir müssen die Sauce fertig machen.“ Sie nickte mir nur flüchtig zu, als wäre ich ein Kleiderständer. Sie hatte mich noch nie beachtet, doch diesmal war ich dankbar dafür.
Tina und Steffi verschwanden wieder in der Küche und Will und mir blieb nichts übrig, als die Stube zu betreten. Es war alles, wie ich es in Erinnerung hatte. Der gleiche Geruch nach Desinfektion und Trockenblumen, der mir das Essen schon immer vergällt hatte. Die Stube war voller Menschen und wirkte kleiner, als sie eigentlich war. Oma Nies saß bereits am Tisch und schalt einen kleinen Buben, der einer meiner Cousins sein musste. Der Kleine lief weinend zu seiner Mutter, die ich tatsächlich erkannte, auch wenn mir ihr Name einfach nicht einfallen wollte. Schon seit Jahren begegnete man sich einmal im Jahr bei diesem Geburtstag, den ich immer schnell wieder zu vergessen versuchte.
Oma Nies entdeckte mich sofort und schaffte es alle Aufmerksamkeit auf mich zu lenken.
„ Na wenn das nicht der kleine Alexander ist. Deine Tante hat mir versichert, dass du dieses Jahr pünktlich sein wirst.“
Ich rang mir ein Lächeln ab, ging zu ihr und übergab ihr den Strauß und meine herzlichen Grüße. Desinteressiert gab sie die Blumen an eine ihrer Töchter weiter und musterte mich stattdessen kritisch.
„ Du bist ja richtig berühmt geworden, lässt sich der Junge von einem Hund beißen und die Zeitungen bauschen das auf als wäre er ein Held.“
Sie lachte trocken auf.
„ Dabei brauchte er nur eine Entschuldigung für sein unmögliches Aussehen.“
Ich schaffte es nicht mehr das Lächeln auf den Lippen zu behalten, sondern versuchte mich zurück zu ziehen, doch sie hielt mich mit ihrer vertrockneten Klaue am Arm fest, wie ein Raubvogel eine Maus.
„ Wenn du mein Enkel wärst hätte ich dir solche Faxen schon als Kind ausgetrieben.“
Onkel Will sah sich gezwungen mir zur Hilfe zu eilen.
„ Lass das, Mutter. Tina und ich haben Lex adoptiert, er ist dein Enkel.“
Sie schnaubte unwillig.
Alle hatten das kleine Geplänkel gehört und in den leisen Gesprächen die nun wieder begannen hörte ich immer wieder meinen Namen. Die wenigen, die den Artikel noch nicht gelesen hatten wurden nun von den Ortsansässigen über meine jüngste Eskapade aufgeklärt. Ich tat mein bestes in einer Ecke zu versinken, aber es gelang mir nicht. Eine Cousine trat auf mich zu und musterte mein Gesicht so unverhohlen, dass es an grobe Unverschämtheit grenzte.
„ Wie geht es dir Karola?“
Ich hoffte inständig, dass ich mich an den richtigen Namen erinnerte, aber ihr wortloses Starren war mir unerträglich. Sie kicherte schrill.
„ Ich heiße Karmen. Aber danke, mir geht es gut.“
Wieder kicherte sie auf diese unangenehme Art.
„ Auch wenn Oma es anders sieht, die Zeitung hat dich als ziemlich tapfer hingestellt. Willst du mir nicht ein bisschen mehr erzählen?“
Auch Karmen gehörte zu den Menschen, die nur eine Verwandtschaft durch Blut anerkannten und das zeigte sie mir auch jedes Jahr aufs Neue. Ihre Sensationslust zu stillen war das letzte was ich wollte. Hoffentlich war das Essen endlich fertig, dann brauchte ich mich wenigstens nicht mehr zu unterhalten. Ich sah mich suchend nach einer Möglichkeit um, höflich zu entkommen.
„ Du hast alles gelesen, mehr gibt es nicht zu sagen.“
Ich ging an ihr vorbei, zielstrebig auf die geöffnete Balkontüre zu, durch die gerade mein Halbbruder gegangen war.
Nicht einmal das blieb unentdeckt und wurde lautstark kommentiert.
„ So, so da geht Alexander eine Rauchen mit seinem Bruder.“
Sie sprach das Wort so betont aus, dass mir das Blut in den Kopf stieg. Ich schloss schnell die Tür und genoss einfach die kühle Luft und die Ruhe. Michael hatte sich tatsächlich eine Zigarette angesteckt und bot mir auch eine an. Ich schüttelte nur den Kopf.
„ Wundert mich immer, dass du dir das gefallen lässt.“
Michael war, wie seine Schwester, kräftig gebaut, gut eineinhalb Köpfe größer als ich und sah geradezu unverschämt gut aus.
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