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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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aufeinanderschlugen. Als ich schließlich wieder in die Kirche trat, hatte ich den Eindruck, dass sich die Lage allmählich beruhigte. Die Männer auf dem Podium hatten sich wieder auf ihren Stühlen niedergelassen, und niemand stürzte mehr nach vorne zum Altar. Das Harmonium spielte ein paar erwartungsvolle Akkorde, und Andres reckte der Gemeinde die Arme entgegen, aber niemand reagierte, worauf er zu seinem Platz zurückkehrte. In diesem Moment erhob sich Buffalo Bill. Mrs. Bysen hielt ihn am Arm fest, aber er schüttelte sie ab.
    Der Mann am Harmonium spielte ein paar hoffnungsvolle Töne, als Bysen den Gang entlang gestapft kam. Die Chorleiterin, die auf einem Stuhl saß und sich Luft zufächelte, trank rasch einen Schluck Wasser und ging wieder nach vorne. Die Gemeinde begann zu klatschen, offenbar bereit, den ganzen Nach mittag hier zu verbringen, falls ein weiterer Sünder zu Gott sprechen wollte. Bysen kniete nicht vor dem Podium nieder. Er brüllte Andres an, was jeder sah, aber wegen der lauten Musik nicht hören konnte. Billy stand stocksteif da und war kreidebleich geworden.
    Ich drängte mich durch die Menge im Mittelgang zur linken Seite durch, wo niemand sich aufhielt, und trabte nach vorne. Die Band befand sich auch auf dieser Seite. Die Chorleiterin und die Musiker schienen zu spüren, dass etwas schieflief: Der Organist machte Schluss mit dem Disco-Beat, mit dem er die Gemeinde zur Erlösung gerufen hatte, und stimmte etwas Dräuenderes an, während die Frauen gemeinsam summten und nach einem Lied suchten. Welches Kirchenlied war geeignet für Wirtschaftsbosse, die beim Gottesdienst Prediger anbrüllten?
    Ich wühlte mich durch das Dickicht der Kabel zum Chor durch. Die Kinder, die zuvor für Jesus marschiert waren, hockten gelangweilt herum und baumelten mit den Füßen; zwei Jungs kniffen sich heimlich. Der Organist runzelte die Stirn, als er mich sichtete, der Gitarrist legte sein Instrument beiseite und kam zu mir. »Sie dürfen sich hier nicht aufhalten, Miss«, sagte er.
    »Sorry, bin schon weg.« Ich grinste und marschierte an der Truppe für Jesus und der schwergewichtigen Frau vorbei schnurstracks zu Billy.
    Er starrte nach unten auf seinen Großvater, aber als ich ihn am Ärmel zupfte, wandte er sich mir zu. »Wieso haben Sie ihn hergebracht?«, fragte er. »Ich dachte, ich könnte Ihnen vertrauen!«
    »Ich habe ihn nicht hergebracht. Es war nicht allzu schwer, drauf zu kommen, dass du hier bist - du gehst hierher zum Gottesdienst, du bewunderst Andres, du singst im Chor. Außerdem hat Grobian jemandem erzählt, dass er dich mit einem mexikanischen Mädchen auf der 92nd Street gesehen hat.«
    »Oh, warum kümmern sich die Leute nicht um ihren eigenen Kram? Überall in der Welt gehen Jungen mit Mädchen in den Straßen spazieren, tagtäglich! Muss das auf der Website von By-Smart stehen, nur weil ich es tue?«
    Bislang hatten wir gezischelt, aber jetzt wurde Billys Stimme lauter. Josie beobachtete uns, wie alle anderen vom Chor, aber sie wirkte nicht neugierig, sondern nervös. »Und was macht er jetzt?«, fragte Billy.
    Ich drehte mich um. Buffalo Bill versuchte, zu seinem Enkel vorzustoßen, aber die fünf Männer auf dem Podest versperrten ihm den Weg. Bysen schlug wahrhaftig mit seinem Stock nach einem der Männer, doch der wich ihm aus, und alle zusammen drängten nun Bysen vom Podium herunter. Sogar der alte Knabe mit dem wackelnden Kopf war mit von der Partie.
    Mrs. Bysen kämpfte sich mühsam aus der Kirchenbank heraus, die Hände nach ihrem Enkel ausgestreckt. Jacqui blieb sitzen, mit dem bösartigen Katzenlächeln auf den Lippen, das sie offenbar immer aufsetzte, wenn es in der Bysen-Familie Krisen gab. Mr. William und Onkel Gary dagegen waren sich ihrer Pflicht bewusst und gesellten sich zu dem Bodyguard an der Wand. Einen Moment lang sah es aus, als würde es zu einer Schlägerei zwischen den männlichen Bysens und der Geistlichkeit von Mount Ararat kommen. Mrs. Bysen geriet dabei gefährlich in Bedrängnis; sie wollte zu ihrem Enkel vordringen, wurde aber zwischen ihren Söhnen und den fünf Männern eingekeilt. Billy beobachtete das Geschehen, aschfahl im Gesicht. Mit Blick auf seine Großmutter machte er eine hilflose Geste, dann sprang er von der Tribüne und verschwand hinter einer Trennwand. Ich setzte mich in Trab und folgte ihm.
    Hinter der Trennwand befand sich ein kleiner Umkleideraum. Irgendwo fiel eine Tür zu, und ich rannte weiter. Als ich die Tür öffnete, fand

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