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Feuerflügel: Roman (German Edition)

Feuerflügel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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entkommen.
    „Ich bin nicht so habgierig wie Nocturna“, erklärte Zotz. „Ich will ihre Welt nicht zerstören oder ihr wegnehmen. Ich möchte nur aus unseren zwei Welten eine machen. Ich will die Barrieren niederreißen und die Lebenden und die Toten in einer Welt vereinen. Ist das nicht gerecht?“
    „Ich weiß es nicht“, sagte Schatten ehrlich. Was würde Nocturna sagen? Aber sie sagte ja nie etwas, jedenfalls nicht zu ihm.
    Mit allen drei riesigen Köpfen rückte Zotz drohend näher, stieß Schattens Kopf an und holte tief Luft. Von Abscheu erfüllt, zuckte Schatten zurück.
    „Leben“, sang Zotz. „Das ist alles, was ich brauche, um aufzusteigen. Nicht nur eines allerdings. Einhundert während der Dauer einer totalen Sonnenfinsternis. Du musst daran denken, kleine Fledermaus, du bist derjenige gewesen, der meine Befreiung im Dschungel verhindert hat. Der Tunnel, den ich hier grabe, wird all diese Leben zu mir herabsaugen. Aber ich hoffe, dass ich so lange nicht zu warten brauche. Wenn Goth und Phönix in die Oberwelt zurückkehren, werden sie sich vermehren, Anhänger gewinnen und sie anleiten. Und wenn mir erst einmal hundert Herzen geopfert werden, habe ich die Macht, durch diesen Steinhimmel zu brechen und die Sonne zu töten. Und dann werde ich die Toten mitbringen. Milliarden über Milliarden treuer Vampyrum. Nocturna wird nicht länger in der Lage sein, meine Bemühungen zu vereiteln.“
    „Aber ohne die Sonne“, krächzte Schatten, „wird alles sterben. Bäume, Pflanzen, Menschen, Tiere. Wir alle.“
    „Richtig“, sagte Zotz ruhig. „Alle werden gleich sein im Reich der Toten.“
    „Dann wird alles ganz so sein, wie dein Reich jetzt ist. Was wäre dann der Unterschied?“
    „Der Unterschied ist der: Ich würde herrschen.“ „Und Nocturna?“
    „Du glaubst, deine Göttin ist mir so überlegen. Zeichnet sie sich dadurch aus, dass sie für ihre Geschöpfe sorgt? Ich habe meine Getreuen vor dem Tod errettet, ihre Flügel geheilt, sie geleitet, zu ihnen gesprochen, ihnen sogar mein Gesicht gezeigt! Was hat deine Göttin für dich getan?“
    Schatten antwortete nicht. Er hatte Angst vor den Zweifeln und der Verzweiflung, die ihn durchzogen. Wie sollte er je erfahren, was Nocturna für ihn getan hatte? Er hatte Glück gehabt: Er war oft aus tödlicher Gefahr entkommen; aber er hatte auch schreckliche Erfahrungen gemacht. War Nocturna für die guten Dinge verantwortlich, aber nicht für die schlechten? Oder einfach für gar nichts?
    „Und wie würdest du herrschen?“ Schatten konnte sich nicht bremsen zu fragen, wenn auch mit schwerer Zunge.
    Zotz grinste und schwieg einen Augenblick. „Es gibt viele Ungerechtigkeiten zu korrigieren. Die Menschen, die sich davon abgewandt haben, mich zu verehren, die dazu übergegangen sind, Fledermäuse zu verfolgen wie dich. Sie werden bestraft werden. Alle Geschöpfe, die je unsere Feinde gewesen sind, die Vierfüßler, besonders die Eulen, sie werden versteinert werden.“
    „Aber wir haben Frieden mit den Eulen“, erwiderte Schatten ärgerlich.
    „Zurzeit“, antwortete Zotz. „Friede ist unvorhersehbar. Am besten ist es, den Frieden zu sichern, indem man jede Möglichkeit des Krieges ausschaltet.“ Das Reptilienfleisch der drei Köpfe des Zotz schrumpelte amüsiert zusammen. „Du hältst mich für rücksichtslos. Du hältst mich für blutrünstig. Ich tue nur, was getan werden muss. Vielleicht bist du gar nicht so anders.“
    Schatten lachte heiser.
    „Warum lachst du?“, fragte Zotz scharf. „Hast du nicht Vertreter deiner eigenen Gattung getötet?“
    „Nein!“, erwiderte Schatten.
    „Das ist falsch! Wie viele Vampyrum haben in meinem Tempel im Dschungel gelebt!“
    „Ich weiß nicht ...“, sagte Schatten verwirrt.
    „Millionen!“, brüllte Zotz.
    „Ich habe sie nicht getötet“, sagte Schatten erregt.
    „Du hast die explosive Scheibe der Menschen auf den Tempel geworfen.“
    „Nein, einer deiner Anhänger hat das getan! Ich habe sie aufgehalten.“
    „Ja. Gerade lange genug, dass deine Freunde entkommen konnten.“
    Schatten erinnerte sich an die Mühe, die schwere Scheibe nur mithilfe von Klang in der Luft zu halten, während sich die Kannibalenfledermaus dagegen warf, wie die Anstrengung ihm fast den Verstand geraubt hatte.
    „Ich konnte sie nicht länger halten!“, protestierte Schatten.
    „Vielleicht hast du gedacht, diese Millionen Leben wären nicht wichtig? Dass sie alle Ungeheuer und keinen Gedanken wert wären? Oder

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