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Feuerflügel: Roman (German Edition)

Feuerflügel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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der Reihe tanzte.
    „Schneller!“, konnte er sie rufen hören.
    „Du weichst vom Kurs ab!“
    „Du, fauler Sack!“ Plötzlich streckte Phönix ihm ihr Gesicht entgegen, und Goth zuckte erschrocken zurück. „Beweg deine Flügel! Du hältst das Ganze auf!“
    Goth beschleunigte seine kraftvollen Schläge. Er hasste Phönix, aber er wollte nicht das schwache Glied in der Kette sein. Phönix war anscheinend zufrieden und flog voran, um eine andere Abteilung zu überwachen.
    Goth wandte seine Aufmerksamkeit wieder der absteigenden Kolonne von Fledermäusen zu, die er vorher gesehen hatte. Ihre Flugbahn verlief nun fast parallel zu seiner eigenen. Sie waren nicht mehr als hundert Flügelschläge entfernt. Ihre Bewegungen wirkten mühsam, als sie nach unten taumelten, ihr Fell war von Sand bedeckt, ihre Augen und Nasenlöcher von starken Staubrändern umgeben. Was war das nur, was sie zu tun hatten? Was für eine Arbeit konnte denn am Himmel verrichtet werden?
    War es Einbildung oder wurden die Sterne größer und leuchtender? Die Körper der anderen Fledermäuse vor ihm glänzten jetzt heller als vorher. Immer höher flogen sie.
    Feiner Staub blies Goth ins Gesicht und er blinzelte irritiert. Mit den Augen konnte er nur die Sterne sehen und dahinter die ewige Leere des Himmels. Aber wenn er Klang aussandte, prallten die Echos zu ihm zurück. Beunruhigt richtete er immer wieder sein Klang-Auge himmelwärts und irgendwie kam unerklärlicherweise der Himmel zu einem Ende.
    Der Himmel bestand aus Fels, die Sterne waren nichts anderes als Ablagerungen von leuchtendem Erz. War die Unterwelt also eine gewaltige Höhle und dies ihre Decke? Oben sah er, wie die Fledermaus, die die Kette anführte, in der großen kreisförmigen Leere verschwand. Dann verschwand die zweite, dann die dritte – eine nach der anderen wurden sie von der Dunkelheit verschlungen. Goth schoss Klangstrahlen hinein, und diesmal kamen keine Echos zurück.
    Ein Tunnel, erkannte er. Aber wohin führte der? Goth konnte nun seine Öffnung sehen, hunderte von Flügelschlägen weit, ihre Ränder grob behauen, als wären sie mühselig von Millionen von Krallen herausgemeißelt worden. Fledermauskrallen. Nun verstand er. Die Fledermäuse hatten dieses Werk geschaffen, hatten es aus dem Himmel selbst herausgeschlagen. Schließlich wurde er hineingezogen. Ohne das falsche Sternenlicht war es sofort viel dunkler. Er schaltete auf sein Klangsehen um. Die Wände des Schachts führten senkrecht nach oben. Sie waren von Simsen durchzogen, von denen Vampyrum-Wächter herabhingen und die Arbeiter beaufsichtigten, als sie ihren Aufstieg fortsetzten.
    Die Geschwindigkeit der Kette verlangsamte sich dramatisch. Eine lange Steinbrücke ragte halb in den Schacht hinein. Wenn sich ihr eine Fledermaus in der Kette näherte, ließ sie sich für einen kurzen Augenblick auf ihr nieder, und ein Vampyrum-Wächter, der an ihrem Rand postiert war, schob dem Arbeiter etwas ins Maul. Einen Stein, erkannte Goth, als er näher kam. Die Arbeitsfledermäuse nahmen den Stein zwischen die Kiefer, sodass nur seine Spitze herausschaute.
    Goth flog an dem Sims vorbei, ohne zu landen.
    „Nimm ihn!“, brüllte ihn der Wächter an, aber Goth wollte sich keinen Stein ins Maul schieben lassen. Der Wächter verfolgte ihn nicht, wie Goth es erwartet hatte, sondern schüttelte einfach mit einem grimmigen Lachen den Kopf.
    Endlich kam der Tunnel zu einem Ende, und als Goth näher kam, konnte er die tausende von Arbeitsfledermäusen sehen.
    Immer noch aneinander gekettet waren sie über die Decke verstreut. Goth drehte sich auf den Rücken, landete unbeholfen und hing dann kopfüber. Alle anderen hatten sich flach an den Fels gedreht, benutzten die Daumen und hinteren Krallen, um sich festzuhalten. Mit den Steinen im Maul hämmerten sie bereits geschäftig gegen den Fels. Ein ununterbrochener Regen von Splittern und Sand rieselte von der Decke herab, durch den Schacht und hinab zur Erde unten.
    Sie waren Bergleute, trieben diesen Schacht tiefer und tiefer. Oder war es höher und höher? Wie konnten sie diese Zwangsarbeit aushalten, die Erniedrigung, ihre Köpfe als Werkzeug benutzen zu müssen?
    „Wo ist dein Stein?“, verlangte Phönix zu wissen, die sich neben ihm niedergelassen hatte.
    „Ich habe keinen“, antwortete Goth ihr hochmütig. „Was ist der Zweck dieser Arbeit?“
    „Keinen Stein? Dann musst du deine Zähne benutzen!“
    Sie warf sich gegen Goths Körper, zwang seinen Kopf an die

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